Vaterstetten:Kleine Erfolge

Vaterstetten: Seit zehn Jahren schon kümmert sich Heidi Moser in einer Betreuungsgruppe ehrenamtlich um Demenzkranke.

Seit zehn Jahren schon kümmert sich Heidi Moser in einer Betreuungsgruppe ehrenamtlich um Demenzkranke.

(Foto: Christian Endt)

Themenwoche Demenz: Heidi Moser hilft ehrenamtlich

Von Johanna Feckl, Vaterstetten

"Reden ist Kupfer, Schweigen ist Blech". Logisch, dass an diesem Sprichwort etwas nicht stimmt. Wenn das allerdings auch jemand erkennt, der an Demenz erkrankt ist, ist das ein Lichtblick in einem Leben, in dem ein ehemals selbständiger Mensch seine intellektuellen wie praktischen Fähigkeiten nach und nach verliert. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, - "wenn jemand schon fast nichts mehr kann, dann ist so etwas ein großes Erfolgserlebnis", sagt Heidi Moser. Seit zehn Jahren kümmert sich die 75-Jährige ehrenamtlich um Demenzkranke und hilft in einer Betreuungsgruppe in Baldham mit, in der Betroffene jeden Dienstag von 9 bis 13 Uhr zusammenkommen, um gemeinsam Zeit zu verbringen und zu spielen, zum Beispiel durcheinander geratene Sprichwörter reparieren. Organisiert wird die Baldhamer Gruppe von der Caritas, ein Pendant gibt es in Markt Schwaben. Professionell betreut werden die Gruppen von den Sozialpädagoginnen Claudia Höwing und Christine Deyle.

Seit Gründung der Gruppe in Baldham ist Heidi Moser fester Bestandteil der ehrenamtlichen Betreuer. Nach wie vor macht sie diese Arbeit gerne. "Jedes Mal ist es ein schönes, gemeinschaftliches Erlebnis", urteilt die 75-Jährige. Heidi Moser engagiert sich schon fast ihr ganzes Leben lang ehrenamtlich. Früher, als die vier Kinder klein waren, arbeitete sie unentgeltlich auch mit Kindern. Inzwischen ist der Nachwuchs erwachsen. Seitdem kümmert sich Moser um die Betreuungsgruppe und organisiert Ausflüge für das Netzwerk "Generation 55plus.

Zwischen fünf und sieben Demenzkranke kommen jede Woche in die Betreuungsgruppe, die meisten sind über 80 Jahre alt oder kurz davor. Trotz der ähnlichen Altersstruktur: "Man kann keinen mit dem anderen vergleichen!" Da kann es schon einmal vorkommen, dass eine Teilnehmerin an dem einen Dienstagvormittag mit Namen angesprochen wird und nur eine Woche später dieselbe Person behauptet, noch nie in der Gruppe gewesen zu sein. Zum anderen sei aber auch der Umgang der Betroffenen mit der Krankheit und ihren Defiziten ganz verschieden. "Es gibt Leute, die schämen sich sehr", sagt Moser. Sie erinnert sich an eine Frau, die jeder persönlichen Frage fast panisch auswich. Eine andere Frau hingegen frage jedes Mal ganz offen, wie denn ihr Name sei, und entschuldigt sich dafür mit einem Lachen.

Jedes Treffen, in Baldham genauso wie in Markt Schwaben, beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück. Danach stehen die unterschiedlichsten Dinge auf dem Programm. Wenn das Wetter schön ist, dann gehen Moser und die übrigen Betreuer mit den Demenzkranken, die zu Fuß noch fit genug sind, oft spazieren. Oder sie singen, spielen und knobeln gemeinsam. Bei einem der beliebtesten Spiele werden bekannte Sprichwörter verändert - die richtige Antwort kommt meist wie aus der Pistole geschossen, sagt Heidi Moser.

Wenn die 75-Jährige von der Betreuungsgruppe erzählt, dann scheint es, als ob ihr Engagement nicht nur Ehrenamt, sondern Herzensangelegenheit ist. "Ich bin so dankbar, dass wir in unserer Familie dieses Problem im Moment nicht haben." Jede Woche sehe sie, wie schwer es ist, mit einer Demenzerkrankung zurechtzukommen. Die Angehörigen, die sich ansonsten den ganzen Tag um die Betroffenen kümmern, "die können nicht ständig mit ihnen spazieren gehen, spielen und sich unterhalten". Aber für sie, ihre Kollegen und Kolleginnen, sei es ein Leichtes, diese Aufgaben einmal in der Woche für vier Stunden zu übernehmen. Jeden Dienstag komme sie beschenkt wieder nach Hause, sagt Moser. Sie freut sich, dass die Betroffenen durch die Gruppe eine Abwechslung in ihrem Alltag erfahren und sie den Angehörigen damit etwas helfen kann, weil diese dann Zeit hätten für Erledigungen oder einfach nur, um Luft zu holen. "Und falls es wirklich einmal uns selbst betrifft, vielleicht finden wir dann auch jemanden, der uns hilft."

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