Vaterstetten:Hoffnung auf eine Perspektive

Vaterstetten: Im Vortrag von Peter Renner wurde deutlich, dass unter der Dürre in Äthiopien Menschen und Tiere leiden.

Im Vortrag von Peter Renner wurde deutlich, dass unter der Dürre in Äthiopien Menschen und Tiere leiden.

(Foto: Deutsche Welthungerhilfe)

Der Verein "Menschen für Menschen" engagiert sich seit 30 Jahren für hungernde Menschen in Äthiopien

Von Matthias Reinelt, Vaterstetten

"Es ist dramatisch, ein Fünftel der Bevölkerung hungert", erklärt Peter Renner. Am Mittwochabend sprach der Politikwissenschaftler vor etwa 20 Zuhörern im Vaterstettener Gasthof "Landlust" am Reitsberger Hof zum Thema "Dürre, Hunger, unruhige Zeiten: zur aktuellen Lage Äthiopiens". Der Vaterstettener Verein für die äthiopische Partnerstadt Alem Katema hatte das Vorstandsmitglied des Vereins "Menschen für Menschen" zum Vortrag eingeladen. Die von Karlheinz Böhm gegründete Stiftung engagiert sich seit mehr als 30 Jahren in dem ostafrikanischen Schwellenland.

Das Publikum war durchaus kritisch. Peter Dingler aus Vaterstetten stellte zur Debatte, warum Europa so wenig dafür tue, den Menschen in Äthiopien zu helfen. Renner erklärte dies mit politischen Problemen, die dem Land zu schaffen machen. "Mehrere Unruhen erschütterten das Land", sagte Renner. Um die Infrastruktur zu verbessern, würden Kleinbauern zum Wohle von Investoren aus ihren Gebieten vertrieben. Nach wie vor gibt es in Äthiopien weder Meinungs- noch Pressefreiheit.

Das Land sieht sich einer schwierigen Lage ausgesetzt, die es - wie es scheint - nicht alleine bewältigen kann: In Äthiopien leidet knapp 20 Prozent der Bevölkerung an Hunger. Zur Ursache der Hungerkatastrophe sagte Renner: "Der El Niño-Effekt hat dazu geführt, dass es in den üblichen Regenzeiten keinen Regen gibt." El Niño ist ein Wettermuster, das im Zentralpazifik in verschiedenen Varianten vorkommt. Er bringt Regionen entweder extreme Niederschläge - oder gar keine, so wie in Äthiopien. Dort herrscht deshalb extreme Dürre. Teilweise würden die Menschen vor Hunger schon ihr eigenes Saatgut essen, um zu überleben, so Renner. "Diese kann man dann natürlich nicht mehr anpflanzen."

In Äthiopien, schätzt Renner, seien etwa 18 Millionen Menschen von der Dürre betroffen und würden deshalb unter Nahrungsmittelmangel leiden. Die äthiopische Regierung spricht hingegen von lediglich 10,2 Millionen Betroffenen. Um dem gegenzuwirken, hat Äthiopien ein Programm ins Leben gerufen - es soll die Produktion sichern und der Bevölkerung dabei helfen, sich durch staatliche Förderungen ein Leben zu ermöglichen. Renner sieht das positiv: "Ohne würde es nicht gehen", so Renner. Ein Vaterstettener Zuhörer wunderte sich hingegen darüber, dass es den Äthiopiern nicht noch schlechter gehe. In den Medien werde das Land deutlich ärmer dargestellt als in Renners Vortrag.

Der Politikwissenschaftler machte daraufhin deutlich, dass die Maßnahmen der äthiopischen Regierung bei weitem nicht ausreichen würden - auch weil sich die Bevölkerung des Landes in den vergangen 35 Jahren verdreifacht habe: Anfang der Achtzigerjahre lebten noch knapp 35 Millionen Menschen in Äthiopien, seither ist die Zahl auf knapp 100 Millionen angewachsen, Tendenz steigend. Laut Prognosen soll Äthiopien bis 2030 Nigeria als bevölkerungsreichstes Land Afrikas abgelöst haben. Dass es bis dahin mehr Nahrungsmittel geben wird, ist jedoch nicht abzusehen.

Mit den Erklärungen schien das Thema dem Publikums zunehmend nahe zu gehen, viele von ihnen waren Mitglieder des Partnerschaftsvereines. "Wer helfen will, muss einen pragmatischen Ansatz wählen", sagte Renner. Langfristige Ziel sei es, "die Menschen nicht ein Leben lang an die Hand nehmen zu müssen." Das Nachhaltigste sei, ihnen eine Perspektive zu geben. Wegen der "bewundernswerten Spendenbereitschaft der Menschen" aus der heimischen Region habe er Hoffnung, dass sich die Situation in Äthiopien eines Tages zum Positiven ändert.

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