Vaterstetten:Duftende Blüten und deutliche Worte

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Mit einem Rundgang durch die Treibhäuser begann die Sitzung des IHK-Gremiums, an der auch Landrat Robert Niedergesäß (rechts) teilnahm. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beim Treffen in der Blumenzentrale Parsdorf fordern Vertreter des IHK-Gremiums den baldigen Weiterbau der B 15 neu

Von Anselm Schindler, Vaterstetten

Vorsichtig streckt Landrat Robert Niedergesäß seine Hand nach einer fleischfressenden Pflanze aus. Seine Finger berühren den ovalen Hohlraum der Pflanze, in den sich normalerweise nahrhafte Insekten verirren sollen. Doch die Pflanze will einfach nicht reagieren. Ein Blick auf das Etikett liefert die Erklärung: "Made in China" steht dort aufgedruckt - die Pflanze ist aus Plastik. Die meisten anderen Pflanzen, die in den Hallen der Bayerischen Blumenzentrale am Ortsrand von Parsdorf stehen, sind echt. Dort, zwischen Palmen, kleinen Olivenbäumchen und Unmengen Blüten, trafen sich jetzt die Mitglieder des IHK-Gremiums Ebersberg. Doch die Vertreter der Industrie- und Handelskammer im Landkreis waren nicht wegen der bunten Blumen gekommen, sondern wegen ihrer Mitgliederversammlung, der jedes Mal die Besichtigung der Firma eines Gremiumsmitgliedes vorausgeht.

Diesmal bekamen die Mitglieder - allesamt regionale Unternehmer - bei der Firmenbesichtigung saftiges Grün und duftende Blüten zu sehen. Die Stimmung in der nachfolgenden Sitzung war trotzdem gedämpft - was wohl daran liegt, dass die IHK ihre Sitzungen auch dafür nutzt, aufzuzählen, wo die Regionalwirtschaft der Schuh drückt.

Am meisten ist das, geht es nach Verbandschef und Spediteur Georg Reischl, in Sachen B15 neu der Fall: "Die bisherige Nord-Süd-Verbindung zwischen Landshut und Rosenheim ist eine Katastrophe", schimpft Reischl. Die B15 neu könne hier Abhilfe schaffen, für die bayerische Wirtschaft sei das ein Muss - auch, um die regionalen Firmen besser anzubinden. Einige Teilstücke des Straßenprojektes sind bereits umgesetzt: Südlich von Regensburg zweigt die B15 von der A 93 ab. Sie soll künftig über Landshut nach Rosenheim führen, um nahe dem Inntaldreieck auf die A8 zu stoßen. Doch der Ausbau der Einzelstrecken ist seit einiger Zeit zum Erliegen gekommen. Anfang des Jahres sah es dann so aus, als würden sich die schlimmsten Befürchtungen Reischls bestätigen: Wirtschaftsminister Joachim Herrmann (CSU) verkündete, dass man keine Trasse für den neuen Bundesverkehrswegeplan anmelden werde. Ende Januar dann die Kehrtwende: Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) entschied, gleich zwei mögliche Trassen in Berlin anzumelden. Vorangegangen waren massive Proteste gegen den Planungsstopp - unter anderem auch von der Ebersberger IHK.

Nun legt die wirtschaftliche Interessensvertretung in Ebersberg nach: Abgestimmt wurde am Dienstag über einen Beschluss, der fordert, die B15 neu in den "Vordringlichen Bedarf Plus" des Bundesverkehrswegeplans aufzunehmen. Unter dieser Kategorie werden Bauvorhaben zusammengefasst, die oberste Priorität haben. Reischl machte seinen Kollegen aus der freien Wirtschaft abermals deutlich, wie wichtig es sei, in Sachen B15 neu Geschlossenheit zu zeigen, um Druck auf die Politik aufzubauen. "Wenn hier jemand meint, es tangiert uns nicht, dann ist das falsch", wandte er sich an die Mitglieder. Denn die hohe Belastung des Verkehrsknotenpunktes München sei an vielen Tagen auch im Landkreis spürbar. "Wenn es sich staut, weichen die Pkw auf unseren Landkreis aus", so Reischl. Die neue Bundesstraße würde genau diese Situation entschärfen, ist sich der Ebersberger IHK-Chef sicher.

Die Verkehrswege sind aber bei weitem nicht der einzige Bereich, in dem die IHK unzufrieden mit den politischen Entscheidungsträgern ist. Der flächendeckende Mindestlohn ist ein weiteres rotes Tuch. "Wir tanzen auf dem Eis", warnte Eberhard Sasse, Präsident der IHK in Oberbayern. Zwar sei die wirtschaftliche Situation momentan gerade in Bayern gut. Doch die Politik sei drauf und dran, diesen Erfolg mit einem Berg an Regularien und zu hohen Ausgaben zu verspielen. Auch die Rente mit 63 kritisierte Sasse heftig: Diese verschärfe den Fachkräftemangel, da sie es älteren Fachkräften nahelege, früher als bisher aus dem Berufsalltag zu scheiden.

Unter dem Fachkräftemangel leidet auch die Bayerische Blumenzentrale. Sie verkauft Pflanzen vor allem an Großkunden. Und für die Pflege der Blumen, Bäumchen und Palmen ist einiges an Know-how nötig. Doch es fehle auch in diesem Bereich an ausgebildeten Fachkräften, wie Sonja Ziegeltrum-Treubner, Geschäftsführerin der Bayerischen Blumenzentrale, bestätigt.

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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