Vaterstetten:Der Glanz der Veteranen

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Das Pasadena Roof Orchestra bringt den Bigband-Sound der Zwanziger und Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts in den Reitsberger Saal - elegant und gentlemanlike

Von Claus Regnault, Vaterstetten

Bei Oldtimer-Treffen kann man sie manchmal bewundern, die Autoveteranen, auf Hochglanz gebracht von ihren Besitzern. Auf Hochglanz oder besser: Hochklang gebracht hat auch das Pasadena Roof Orchestra den alten Jazz der Zwanziger und Dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Und im Reitsberger Saal, durch Einbau einer hoffentlich wirksamen Blitzschutzeinrichtung gerade vervollständigt, lauschte ein vollzählig erschienenes Publikum entzückt der mitreißenden Gegenwärtigkeit dieser Musik.

Es ist wie mit den zunehmend älter werdenden Alten, die mit erstaunlicher Präsenz unsere Gesellschaft lebendig erhalten, so auch diese Musik aus der Zeit des Dixieland, wenn sie so vital interpretiert wird wie durch dieses Jazzensemble, welches auch schon seit seiner Gründung 45 Jahre auf dem Buckel hat. Die Musiker sind zwar teilweise leicht angegraut, aber die geradezu jugendliche Freude an ihrem Spiel springt auf das Publikum über und erbringt dadurch den Beweis, dass auch der alte Jazz, zwischenzeitlich durch die vehemente stilistische Entwicklung dieser Musik etwas ins Abseits verdrängt, nichts von seiner inspirierenden Kraft verloren hat.

Das elfköpfige Ensemble, also eine "small Bigband", stammt aus England und bringt daher, im Unterschied zu den etwas rauköpfigeren Jazzern Nordamerikas, eine elegantere, gentlemanhafte Qualität ins Spiel. Protagonist dieser Qualität ist ihr Chef Duncan Galloway, der nicht nur die Gruppe leitet, sondern auch ihr Leadsänger ist. Ihm eignet eine Tenorstimme, die makellos intonierend und so flexibel eingesetzt wird, dass sie sich mit jedem Song dem jeweiligen Charakter farblich anpasst. Daneben kann er auch lebendig moderieren und seine Rede mit nicht einmal unaktuellen Witzen würzen. Die von ihm geleitete Crew besteht aus ausnahmslos perfekt virtuosen Musikern, die, dem damaligen Stil angepasst, häufig in Gruppenpassagen, zum Beispiel drei Saxofone oder drei Blechbläser, eingesetzt werden. Sie alle sind auch improvisatorisch begabt. So unter anderem Robert Fowler, der in "Sophisticated Lady" den legendären Harry Carney zum Leben erweckte. Zwei Trompeter, der eher lyrische Dave Ford und der erdige Malcom Baxter, stehen sich gegenseitig in nichts nach. Größter Publikumsrenner aber war der als Solist brillierende Tom Langham, der auf seinem Banjo ein atemberaubend virtuoses Solo ablieferte.

Alle elf trugen zu dem kompakten Sound der Band bei, hinreißend demonstriert an den zwei Duke Ellington Titeln "Black and Tan Fantasy" und "East St-Louis Toodle do". Galloway berührte die Zuhörerschaft auch mit zwei wunderbaren Songs aus dem reichen Schatz der Tin Pan Alley, also der 28. Straße zwischen Fifth und Sixth Avenue, nämlich "A nightingale sang in Berkeley Square" und "As time goes by" aus dem Kultfilm "Casablanca", nicht ohne bei der Ansage Humphrey Bogart zu imitieren; eine Imitation der Bergmann ließ er lieber bleiben.

Kurt Schneeweis, künstlerischer Leiter der Konzertreihe, hatte zu diesem vierhundertsten Konzert seiner Reihe der "Rathauskonzerte" (herzliche Gratulation!) einen würdigen Vertreter der "High Society" des Jazz eingeladen, und natürlich spielte dieser Repräsentant, das Pasadena Roof Orchestra, auch diesen erstmals mit Louis Armstrong aufgenommenen und als erste Aufzeichnung des Jazz 1917 entstandenen Alltime Hit zum allgemeinen Vergnügen.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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