Vaterstetten:Charme des karibischen Sozialismus

Hobbyfotograf Thomas Hofmann zeigt Bilder einer Kubareise in der Baldhamer Grundschule. Seine Aufnahmen sind überraschend persönlich

Von Serafine Dinkel, Vaterstetten

In Chanel gehüllte Supermodels defilieren mitten durch die Altstadt von Havanna, die einst als Auswüchse des Kapitalismus verteufelten Rolling Stones geben ein Großkonzert. Papst Franziskus, seines Zeichens Vertreter der katholischen Kirche, und Barack Obama, Präsident des imperialistischen Erzfeindstaates USA, drücken sich die imaginäre Klinke in die Hand: "Alle wollen nach Kuba, spätestens seit Frühjahr diesen Jahres", sagt Thomas Hofmann, Marketingexperte und Hobbyfotograf. Er hat den Inselstaat schon im März 2014 bereist und davon faszinierende Bilder mitgebracht.

Drei Wochen war Hofmann mit einem Team des Profifotografen Tobias Hauser abseits von All-inclusive-Hotels unterwegs und hat Landschaft, Architektur und Menschen aufgenommen. Die Ergebnisse präsentiert er bis Freitag in der Grundschule Baldham, mit der er über seine Kinder seit Jahren verbunden ist. Am Donnerstag wurde die Ausstellung feierlich mit einem kubanischen Abend eröffnet. 200 Besucher waren gekommen und ein Reisebüro, um die Kuba-Lust so schnell wie möglich befriedigen zu können.

Kuba Foto-Ausstellung Cuba

Die Vernissage am Freitagabend wurde zum Kuba-Abend, sogar ein Reisebüro war vertreten.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Kuba zwischen gestern und morgen" heißt die Ausstellung, etwas ungelenk, hätte es ein einfaches "Kuba heute" wohl auch getan. Die Klischees sind natürlich da, bunte Oldtimer-Cabrios, ein einfaches Fischerboot am Strand, Flamenco-Mädchen in roten Kleidern, deren braune Haut von der Sonne gestreichelt wird. Dem Künstler ist es aber wichtig, über die Klischees hinaus zu gehen. Auch deshalb ist die Eröffnung gut angekommen, denn viele Besucher zeigten sich überrascht von der Kraft und dem Realismus der Bilder.

Hauptsächlich in Privatunterkünften hat Hofmann gewohnt, viele Einheimische kennengelernt. Seine Bilder zeugen davon. Eingeladen war er unter anderem bei Fischern. Der Blick ins Wohnzimmer zeigt raues, grob lackiertes Holz an den Wänden und als Stühle vor einem Fernseher , dazu einen Ventilator. "Lounge Chairs", heißt das Bild ein wenig herablassend. Meistens sind die Titel treffender gewählt, kurze Texte unter den Bildern erleichtern die Einordnung.

Kuba Foto-Ausstellung Cuba

Gefeiert: Fotograf Thomas Hofmann.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Das sind Verhältnisse wie früher in der DDR". Die Oldtimer, so Hofmann, würden nicht zum Amüsement gefahren, sondern weil neue Autos schlicht nicht zu haben seien. "Plastiktüten trocknen auf Wäscheleinen, Essen gibt es nur gegen Bezugsmarken", Gebäude sind marode und einsturzgefährdet. "Aus der Not heraus" erfolge die neue Umorientierung gen Kapitalismus, seit Unterstützer wie Russland wegfallen, erklärt Hoffmann. Allein, dass er in einer "casa particular", einer Art Bed and Breakfast statt staatlichem Hotel übernachtete, wäre vor ein paar Jahren nicht möglich gewesen. Durchaus seien die Kubaner "geprägt" von ihrer politischen Erziehung, trotzdem seien sie offen und gastfreundlich. "Von Tabuthemen habe ich nichts gemerkt", so Hofmann. Zur Kommunikation war er allerdings auf den spanischsprachigen Reiseleiter angewiesen.

Wenn es auch an Materiellem fehlt, "die Kubaner haben ihren Stolz", erzählt der reisende. Das spürt man auf den Bildern: Selbstbewusst stützt sich ein junger Mann an den Türrahmen einer Trockenhütte für Tabak. "Der hat sich von ganz alleine so hingestellt". Hofmann ist ebenfalls selbstbewusst und stolz auf seine Fotografien: "Damit könnte man sich auch in München oder Berlin sehen lassen", sagt er. Eigentlich hatte er die Bilder zunächst nur für sich selbst gemacht, erst später war er auf die Idee einer Ausstellung gekommen. Der Elternbeirat der Grundschule hat ihn dabei unterstützt. Im Herbst sollen die Bilder in der VHS in Ebersberg gezeigt werden.

Atmosphärisch sind Thomas Hofmanns Aufnahmen: Da ist das aufmerksame, nackte Gesicht einer alten Dame mit Kopftuch, die Anspannung in den Gesichtern einer Gruppe von Flamencomädchen vor dem Auftritt, das morgendliche Flirren im pittoresken Städtchen Trinidad. Und sie sind eben nicht postkartenrein, sondern ehrlich, und halten den "morbiden Charme" Kubas, der das Land so fasziniert, greifbar fest. Rechts und links halb zerfallene Fassaden, im Hintergrund das einst dem Washingtoner Namenspatron nachempfundene Capitolio. Demonstrativ größer als das Original, ist es heute Relikt vergangener Grandeur und charakteristisch in ein Gerüst gekleidet. Der Wiederaufbau geht nur langsam voran. Das meint der Fotograf wohl mit "zwischen gestern und morgen". Kuba ist ein Stück lebende Vergangenheit und gleichzeitig nähert es sich unausweichlich der Realität der Zukunft.

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