Amtsgericht:Aus dem Weg

Platz da, jetzt komme ich: Eine rabiate Autofahrerin fährt einen jungen Mann an und wird vom Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Von Wieland Bögel

Platz da, jetzt komme ich. Nach dieser Devise handelte eine 46-Jährige im vergangenen Februar. Sie durchfuhr eine gesperrte Straße, wo gerade Ponyreiten für Kleinkinder stattfand. Als sie ein Helfer der Veranstaltung aufhalten wollte, wurde er leicht verletzt, als ihn das Auto der Frau am Knie touchierte. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung wurde sie nun vom Amtsgericht zu einer zehnmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und Führerscheinentzug verurteilt

Am Reitsbergerhof in Vaterstetten finden regelmäßig Veranstaltungen für Kinder statt. So gibt es jeden Freitag ein Ponyreiten, ein Angebot für Kinder im Kindergartenalter. Zahlreiche von ihnen sowie deren Eltern und Großeltern waren auch Ende Februar wieder auf dem Hof, um eine Runde auf den kleinen Pferdchen zu drehen. Damit dies möglichst ungestört vonstatten gehen kann, wurde eine der Zufahrten zum Hof mit Strohballen abgesperrt. Ein Hindernis, das die 46-jährige Angeklagte nicht davon abhielt, die gesperrte Einfahrt trotzdem zu benutzen - und das nicht unbedingt langsam. Wie mehrere Zeugen übereinstimmend aussagten, sei der Wagen der Angeklagten relativ schnell auf den Hof gefahren gekommen.

Für einen 20-Jährigen, der bei der Veranstaltung mithalf, eine durchaus gefährliche Situation, wie er vor Gericht aussagte. Darum habe er zunächst ein Kind von der Fahrbahn gezogen, "sonst wäre es platt gewesen", und sich dann dem Wagen in den Weg gestellt. "Ich bin nicht so leicht zu übersehen, sie hat dann gebremst." Aber nicht für lange. Obwohl er versucht habe, die Fahrerin zum Umdrehen zu bewegen, sei sie weitergefahren, so der Zeuge. Dabei habe ihr Wagen sein Knie gestreift, was einige Tage Schmerzen, aber zum Glück keine bleibenden Folgen hinterlassen habe.

Doch damit nicht genug. Knapp eine Stunde später, auf dem Nachhauseweg, fuhr die Angeklagte auf dem Hofgelände so knapp an zwei Mädchen vorbei, die gerade aus dem Pferdestall kamen, dass eine der beiden ihre Freundin sicherheitshalber am Arm packte und zur Seite zog. "Sie wäre sonst direkt vor dem Auto gewesen", erzählte die Zwölfjährige vor Gericht. "Ich hing plötzlich komisch am Zaun", berichtete ihre gleichaltrige Freundin. Das herannahende Auto habe sie nicht bemerkt, auch weil sie gerade mit ihrem Handy beschäftigt war. Beide Mädchen sagten aus, dass das Auto der Angeklagten ziemlich schnell unterwegs war.

Grund dürfte wohl eine Auseinandersetzung zwischen der Angeklagten und einer weiteren Zeugin sein. Diese hatte beobachtet, wie die 46-Jährige über den Hof und gegen das Knie des 20-Jährigen fuhr. Als sie das Auto etwa eine Stunde später wieder bemerkte, habe sie mit der Fahrerin reden wollen. Sie habe nur wissen wollen, ob diese eine plausible Erklärung für ihr Verhalten habe, so die Zeugin. Doch stattdessen habe die Angeklagte sinngemäß gesagt, es sei ihr gutes Recht, die gesperrte Straße zu benutzen und sei davongefahren.

Dieser Auffassung blieb die Angeklagte auch im Gerichtssaal treu. Zwar leugnete sie die meisten der von Staatsanwaltschaft und Zeugen vorgebrachten Vorwürfe, nicht jedoch, dass sie trotz Absperrung in die Hofzufahrt eingefahren war. Schließlich habe sie doch ihre Tochter zum Tanzkurs bringen müssen, der ebenfalls in einem Gebäude des Reitsbergerhofes stattfindet - etwa 30 Meter von der gesperrten Zufahrt entfernt.

"Es ist mir unverständlich, dass man nicht die paar Schritte zu Fuß gehen kann", kommentierte der Staatsanwalt das Verhalten der Angeklagten. Gerade weil sie selbst Kinder habe, mache es ihn "fassungslos", wie unverantwortlich die 46-Jährige gehandelt habe, genau wie die mehr als einstündige Dauer ihres "Ego-Trips". Die Verteidigung forderte dagegen Freispruch, die Aussagen der Zeugen seien nicht belegbar, außerdem gebe es Widersprüche zwischen den Angaben vor einem Jahr bei der Polizei und nun vor Gericht.

Zweifel, die Richterin Susanne Strubl nicht teilte. Die Aussagen seien trotz kleinerer Abweichungen glaubwürdig und nicht von Belastungseifer geprägt. Damit stehe fest, dass die Angeklagte "mehrfach und wiederholt ein hochriskantes Verhalten an den Tag gelegt" hatte. "Sie fühlten sich in ihrem persönlichen Fortbewegungsrecht eingeschränkt und haben mit Gewalt reagiert", so Strubl zur Angeklagten. Diese habe "unglaubliches Glück gehabt, das hätte auch ganz anders ausgehen können". Zusätzlich zur Bewährungsstrafe und zu einem Jahr ohne Führerschein muss die Verurteilte 1500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen - die Kreisverkehrswacht Ebersberg.

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