Vaterstetten:Auf ein Neues

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Das Gewerbegebiet in Parsdorf bringt deutlich weniger Steuereinnahmen als erwartet. Diese werden sich aber in den kommenden Jahren verbessern, heißt es im Rathaus, wo man schon die nächsten Firmenansiedlungen plant

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Es waren große Erwartungen, die man in Vaterstetten mit der Erweiterung des Gewerbegebietes in Parsdorf verbunden hatte: Auf 33 Hektar ehemaligem Ackerland sollte die finanzielle Zukunft der Großgemeinde wachsen, zwei Millionen Euro im Jahr wollte man aus der Gewerbesteuer einnehmen. Bislang bleibt die Realität aber hinter den großen Erwartungen zurück - und zwar deutlich. Etwas mehr als ein Viertel der prognostizierten Einnahmen werden wohl in diesem Jahr tatsächlich zu erzielen sein, schätzt die Kämmerei.

Es war die unerfreuliche Überraschung der diesjährigen Haushaltsberatungen: Um gerade einmal knapp 600 000 Euro sollen die Gewerbesteuereinnahmen heuer im Vergleich zum Vorjahr wachsen, obwohl die Grundstücke in Parsdorf mittlerweile vergeben sind. Die Reaktionen im Gremium auf diese Nachricht reichten von gelassen bis äußerst kritisch. So spottete etwa Manfred Schmidt (AfD/FBU), der stets gegen das Gewerbegebiet gestimmt hatte, die Gemeinde habe sich "für ein Butterbrot die Manhattanisierung Parsdorfs eingehandelt". Etwas vorsichtiger, aber in der Sache ähnlich formulierte Stefan Ruoff (Grüne): Er frage sich, ob die Zustimmung seiner Fraktion zum Gewerbegebiet nicht vielleicht ein Fehler gewesen sei. SPD-Fraktionschef Sepp Mittermeier nahm die Zahlen zum Anlass, eine andere Strategie zu fordern: Künftig solle vermehrt "kleinteiligeres, verträgliches Gewerbe" angesiedelt werden, was dann auch außerhalb großer Gewerbegebiete möglich sei. Bei der CSU will man sich dagegen noch nicht auf eine Beurteilung des Parsdorfer Gewerbegebietes festlegen. Ein Jahr nach der Inbetriebnahme sei es einfach noch zu früh "den Stab darüber zu brechen", meinte Fraktionschef Michael Niebler.

So ganz zufrieden mit der Entwicklung der Einnahmen aus Parsdorf ist man auch im Rathaus nicht: "Wir hätten mehr erwartet", sagt Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) ganz offen auf Nachfrage. Eine endgültige Bewertung, ob das Gewerbegebiet Top oder Flop ist, möchte der Bürgermeister aber noch nicht abgeben: "Wir sind in froher Hoffnung", so Reitsberger, schließlich sei das Gewerbegebiet längst nicht voll in Betrieb. Wie Wirtschaftsförderer Georg Kast erklärt, sind aktuell erst etwa die Hälfte der Flächen im Gewerbegebiet wirklich bezogen, der Rest ist noch in Planung oder im Bau. Etwa das Hotel, die Tankstelle oder die Supermärkte. Und auch von den Betrieben, deren Niederlassungen schon fertig sind, sei erst mit einiger Verzögerung mit Steuereinnahmen zu rechnen, sagt Kast. So müsste zunächst das Finanzamt die sogenannten Mess-Bescheide ausstellen, anhand derer dann die Gewerbesteuer berechnet wird, da gebe es derzeit wohl einen Bearbeitungsstau. Außerdem hätten die Firmen ja in Parsdorf auch investiert, auch diese Ausgaben drückten in den ersten Jahren die Steuerlast der Unternehmen. Kast geht daher davon aus, dass sich die Frage, wie profitabel, das neue Gewerbegebiet sein wird, erst in zwei bis drei Jahren sicher beantworten lassen wird. Er selbst rechnet aber damit, dass die prognostizierten Einnahmen von zwei Millionen Euro im Jahr erreicht werden können: "Ich glaube, dass das möglich ist - aber eben nicht im ersten Jahr."

Auf keinen Fall sollte man sich von den mauen Zahlen der ersten Zeit von der weiteren Planung abhalten lassen, findet Kast. "Das ist kein Argument dafür, jetzt alle Gewerbe-Entwicklung einzustellen." Eine Ansicht, die auch Bürgermeister Reitsberger vertritt: "Zusätzliche Gewerbesteuer-Einnahmen würden nicht schaden", und auch die Nachfrage sei derzeit hoch wie nie. Noch in diesem Jahr, erwartet der Bürgermeister, könnte der Gemeinderat eine Grundsatzentscheidung darüber treffen, wie es mit den Gewerbeansiedlungen weiter gehen soll.

Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger würde eher früher als später neue Gewerbegebiete ausweisen. (Foto: Christian Endt)

Reitsberger ist sich aber auch darüber im Klaren, dass das keine einfachen Beratungen werden. Besonders bei der Frage nach dem Standort dürfte die Mehrheitsfindung schwierig werden. Der Bürgermeister hat bei der Ortswahl zwei Vorgaben: "Da wo die Landschaft bereits beeinträchtigt ist, und wo die Autobahn in der Nähe ist." Beides träfe auf Parsdorf zu, und Reitsberger ist sich der Problematik dieses Standortes durchaus bewusst: "Es gibt einige, die sagen, Parsdorf hat schon so viel abbekommen, jetzt sind auch die anderen Ortsteile dran." Zwar ist die CSU in dieser Sache grundsätzlich der gleichen Meinung wie Reitsberger, das hat sein Stellvertreter Martin Wagner erst vor einigen Wochen erklärt. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat bräuchte Reitsberger aber die Unterstützung von mindestens einer weiteren Fraktion. Wenig Aussichten hat er da bei seiner eigenen, den Freien Wählern, genauso wenig wie bei den Grünen, beide haben sich in der Vergangenheit stets gegen weitere große Flächenversiegelungen ausgesprochen.

Bliebe eigentlich nur die SPD, die im Grunde schon für mehr Gewerbe ist - aber eben nicht in Parsdorf, wie Mittermeier im Gemeinderat nun betonte: "Wir sind der Meinung, dass es falsch wäre, bezüglich neuer Gewerbegebietsausweisungen den Blick ausschließlich Richtung Parsdorf und die nördlichen Ortschaften zu richten." Wenn man, wie gefordert, vermehrt kleinteiliges Gewerbe nach Vaterstetten hole, sei dies auch andernorts in der Gemeinde möglich. Tatsächlich ist ein solches Gewerbegebiet in Planung, es soll zusammen mit den neuen Wohngebieten Vaterstetten West und Nordwest entstehen. Was ja keine schlechte Sache sei, meint der Bürgermeister, aber eben viel zu wenig einbringe: "Das wird sicher nicht die Rettung fürs Gemeindesäckel sein."

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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