Urlaub in Australien:Er ist dann mal weg

Der im März erstmals in den Zornedinger Gemeinderat gewählte Moritz Dietz (Grüne) macht erst mal monatelang Urlaub in Australien. Darf er das mit dem neuen Ehrenamt im Gepäck überhaupt?

Von Carolin Fries

Reisende soll man nicht aufhalten, besagt ein Sprichwort. Doch was, wenn die Pflicht ruft? Sollte der Ziehende da nicht den Rucksack abschnallen und sich der Verantwortung stellen - und wenn nicht - sollte man ihn stoppen? Moritz Dietz, 19 Jahre alt, treibt sich gerade irgendwo in Australien herum. Bei den Kommunalwahlen im März hat der Zornedinger für die Grünen knapp den Einzug in den Gemeinderat geschafft. Doch dort bleibt sein Platz nun leer. Bei der konstituierenden Sitzung fehlte er und auch die kommenden drei Gemeinderatssitzungen wird Dietz noch im Ausland weilen. "Als Unverschämtheit" wertet das ein Zornedinger Bürger, der der Ebersberger SZ geschrieben hat. "Erwachsenenträume gehören zur Persönlichkeitsbildung dazu - haben aber in der realen Gemeinderatspolitik nichts zu suchen", heißt es in seinem Leserbrief.

Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU) sagt, man habe "die Sache geprüft" und keinerlei Verstoß feststellen können. "Wer krank wird, fehlt auch", sagt Mayr nur. Er erzählt von einem früheren Gemeinderat, der sich selbständig gemacht hat und wegen der starken beruflichen Anforderungen an mehreren Sitzungen nicht teilnahm. Ohne, dass sich jemand daran gestört habe. Geschäftsführer Daniel Kommnick kann ebenfalls nur auf die Gemeindeverordnung verweisen, wonach eine Teilnahmepflicht an den Sitzungen besteht. "Das Argument keine Zeit gilt also nicht", sagt er. Doch selbstverständlich stehe den Gemeinderäten Urlaub zu, "und da müssen wir auch mal weg von unserer Vorstellung, dass das immer zwei Wochen sein müssen". Kommnick spricht von so vielen Eventualitäten, die das Ehrenamt als Gemeinderat in seiner Ausführbarkeit beeinträchtigen können. "Das gehört zum Zyklus des Lebens." Eines aber sieht er natürlich auch: "Letztlich ist das zum Nachteil der Fraktion."

Grünen-Fraktionssprecher Helmut Obermaier muss derweil zugeben, dass Dietz' Stimme im Gremium fehlt. Dass sie vor allem den Grünen fehlt, die zweitstärkste Kraft im Gemeinderat sind. In der konstituierenden Sitzung fehlte Dietz zum Beispiel, als es eine Kampfabstimmung um den Posten des Dritten Bürgermeisters gab. Christian Krumpholz (CSU) trat gegen Barbara Weiß (Grüne) an. Weiß unterlag - allerdings auch, weil den Grünen die SPD in den Rücken fiel. Welche Entscheidungen werden in den kommenden Monaten getroffen? Noch drei Sitzungen werden die Grünen auf Dietz verzichten müssen. Erst im September wird dieser erstmals den roten Drehstuhl neben Obermaier im Sitzungssaal einnehmen. "Er wird damit aber nicht mehr Fehlzeiten haben, als alle anderen Gemeinderäte auch", sagt Obermaier. Denn von 72 Sitzungen in sechs Jahren drei zu verpassen - das sei ganz normal. "Es ist ganz selten, dass das Gremium komplett ist", sagt Obermaier. Eine Fehlquote zwischen zehn und 20 Prozent habe wohl jeder Gemeinderat. Darüber hinaus zeige sich Dietz von Australien aus stark an der Gemeindearbeit interessiert. "Er lässt sich sämtliche Tagesordnungen und Niederschriften schicken", sagt Obermaier. Und er muss sie auch lesen, sonst hätte er nicht einen Formfehler in einer Niederschrift bemerkt, den Obermaier überlesen hatte. "Wir sind per E-Mail in einem regen Austausch", versichert der Grünen-Fraktionschef. Er hätte Dietz nach der Wahl in keinem Fall die Reise verbieten wollen. "Moritz ist ein unheimlich interessierter und engagierter junger Mann", sagt Obermaier. Den hätte er nicht aufhalten wollen.

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