Bürgerversammlung in Emmering:Öffentliche Zerrüttung

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In Emmering zeigt sich am Freitagabend erneut, wie groß der Konflikt zwischen den Gemeinderäten und Bürgermeister Max Maier ist

Von Wieland Bögel, Emmering

Falls in der Gemeinde noch jemand nicht mitbekommen hat, wie verfahren die politische Situation ist, die Bürgerversammlung am Freitagabend bot Gelegenheit, dies in aller Deutlichkeit zu erleben. Bürgermeister Max Maier (Bürger für Emmering) und die Gemeinderäte lieferten sich einen länglichen Schlagabtausch vor Publikum, und damit den Beweis der tiefgehenden Zerrüttung zwischen Rathauschef und den Ratsmitgliedern. Beide Seiten warfen sich gegenseitig unsachlichen Umgang mit der jeweils anderen und mangelnde Kooperation vor. Wie es in der Gemeinde politisch weitergehen soll, blieb aber auch nach diesem Abend so unklar, wie bereits seit fast fünf Jahren.

Der Streit, der am Freitag vor mehr als hundert Emmeringer Bürgern im Saal des Gasthauses Bruckhof ausgetragen wurde, hat seinen Ursprung im Jahr 2013. Damals beschloss die CSU, der Bürgermeister Max Maier da noch angehörte, diesen nicht erneut für das Amt des Bürgermeisters zu nominieren. Als Grund war von den Parteifreunden relativ deutlich zu vernehmen, dass sie Maier als der Aufgabe nicht gewachsen ansahen. Der wiederum gründete seine eigene Wahlliste, eben die Bürger für Emmering, und gewann damit 2014 nicht nur die Bürgermeisterwahl, sondern seine Vereinigung stellt seitdem auch die größte Fraktion im Gemeinderat. Lange hielt die Freude darüber jedoch nicht an, in den kommenden Jahren kam es zu einer zunehmende Entfremdung zwischen dem Bürgermeister und dem Gemeinderat - einschließlich seiner eigenen Fraktion. Höhepunkt war dann in diesem Januar die einstimmige Forderung des Gremiums an den Bürgermeister nach dessen Rücktritt - was Maier indes vehement ablehnte.

Dies wiederholte er auch am Freitag auf der Bürgerversammlung. Nachdem er gut eine Stunde lang den Rechenschaftsbericht über Steuereinnahmen, Müllgebühren und Ähnliches verlesen hatte, wandte sich Maier mit "einem persönlichen Anliegen" an die Zuhörer: Er "sehe nicht die Notwendigkeit" sein Amt niederzulegen, die "Vorwürfe des Gemeinderates sind zum großen Teil nicht gerechtfertigt". Zwar "bin ich nicht unfehlbar, es sind mir Fehler passiert", aber eben keine so gravierenden, dass er zurücktreten müsse. Und schon gar nicht sei es zutreffend, dass er sein Amt zu persönlichen Zwecken missbraucht habe, wie es Maier von einigen Gemeinderäten vorgeworfen wurde. Diese Anschuldigungen habe auch die Kommunalaufsicht im Landratsamt entkräftet, sagte der Bürgermeister. Darum sei es Zeit, so Maier in Richtung der zahlreich erschienenen Gemeinderäte, wieder "ein gemeinsames Miteinander" zu finden. Denn die Energie, die der Gemeinderat gegen ihn aufwende, könne sinnvoller genutzt werden.

Die Reaktionen der Zuhörer legten nahe, dass die Spaltung nicht nur zwischen Bürgermeister und Gemeinderäten, sondern auch durch den Ort verläuft - etwa die Hälfte der Anwesenden applaudierte. Zur anderen Hälfte gehörte auch Grünen-Kreisrat Benedikt Mayer, er forderte, nachdem der Bürgermeister "ziemlich harte Sachen" gesagt habe, sollten auch die Gemeinderäte reden dürfen. Was an sich auf einer Bürgerversammlung schon ungewöhnlich ist - noch ungewöhnlicher war allerdings, was gesagt wurde. "Die Stimmung ist am absoluten Nullpunkt", bezeichnete Martin Killi (CSU) das Verhältnis zum Bürgermeister. Dieser setze die Beschlüsse des Gemeinderates nicht um und belüge diesen bei Nachfragen. Ähnlich Max Wagenpfeil (FW): "Die Gemeinde steht vor einem Scherbenhaufen", zahlreiche Projekte, wie etwa neue Baugebiete, kämen nicht voran - "es gibt nur eine Lösung - und die heißt Rücktritt". Sogar aus Maiers eigener Fraktion wurde diese Forderung laut, Gemeinderat Max Maier, erklärte, er habe den Rathauschef so lange verteidigt, wie es ging. Aber inzwischen sei er der Meinung: "Einen so schlechten Bürgermeister habe ich noch nie erlebt".

Eine Aufforderung, sich zu versöhnen - "ich sage ausdrücklich nicht zusammenraufen" - kam von TSV-Chef Herbert Rott: "Wenn das so weitergeht, kommen wir keinen Millimeter weiter." Er sei sich im Klaren, dass das nicht einfach werde, aber die Gemeinde brauche ein Ende dieses Streits. Ob dieser Appell befolgt wird, darf indes bezweifelt werden: "Für mich ist der Zug abgefahren", meinte Wagenpfeil, das Verhältnis sei nicht mehr zu richten. Auch der Bürgermeister gab sich pessimistisch: Den Versuch einer Schlichtung habe man bereits vor Jahren vergeblich unternommen. Und die Aussprache auf der Versammlung "war vielleicht nötig, aber vielleicht nicht ganz so zielführend für mich und den Gemeinderat". Auf welches Ziel Emmering in den kommenden Jahren zusteuert, bleibt also auch nach der Versammlung im Unklaren.

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