Unangenehme Überraschung:Riesen-Rechnung an die Gemeinde

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Freistaat will nach Unregelmäßigkeiten Fördergelder für die Kindertagesstätte des Diakonievereins an der Kirchheimer Allee in Poing zurück haben. Wer das Geld zahlen muss, ist allerdings noch unklar.

Von Barbara Mooser

Poing - Die Unregelmäßigkeiten, die bei der Kindertagesstätte an der Kirchheimer Allee aufgetreten sind, haben wohl extrem teure Folgen: Der Freistaat will Fördergelder in Höhe von 831 000 Euro zurück haben. Das hat Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend erklärt. Bei einer routinemäßigen Prüfung des Landratsamts hatte sich vor einigen Wochen gezeigt, dass der Diakonieverein, der die Kita betreibt, nicht das notwendige Fachpersonal vorgehalten hatte. Wer das viele Geld zahlen muss, ist indes noch unklar: "Es ist natürlich Sache der Gemeinde, hier zu fragen: Haben wir das verschuldet?", sagt Hingerl. Gemeinsam mit einem Anwalt werde der Fall geprüft. Es sei nicht auszuschließen, dass die Gemeinde die Forderung an den Diakonieverein weiterleite, so Hingerl.

"Das kommt sehr überraschend für uns, eine Rückzahlungssumme in dieser Höhe wäre für die Gemeinde eine große Belastung", unterstreicht Hingerl. Zumal es dabei möglicherweise nicht bleibt: Das Landratsamt hat bisher erst die Unterlagen der Kita in der Kirchheimer Allee geprüft, der Diakonieverein hat auch noch eine Kita in der Blumenstraße betrieben. Die gesetzlich vorgeschriebene Belegprüfung für die im Juli 2011 eröffnete Kita an der Kirchheimer Allee hatte im März erstmals stattgefunden, dabei hatte sich gezeigt, dass die Angaben über die Ausbildung des Personals nicht stimmten. Diese Unregelmäßigkeiten hätten offenbar schon länger angedauert , so Landratsamtssprecherin Evelyn Schwaiger. Der Freistaat fordere nun Gelder zurück, die als staatliche Betriebskostenförderung ausgezahlt worden seien. Der Landkreis habe für den Freistaat dieses Geld ausgezahlt. "Was soll die Gemeinde tun? Wie geht die Gemeinde mit den Rückforderungen um, die gesetzlich eingefordert werden? Gilt hier das Subsidiaritätsprinzip um jeden Preis?", diese Fragen stellte Hingerl bei einer kurzen Erklärung in den Raum, die er vor der Debatte über den Problemfall im Gemeinderat vortrug. "Ich fordere den Gesetzgeber auf, über den meines Ermessens gesetzlich fixierten Systemfehler nachdenken, ob die Rückforderung in der geplanten Form gerecht und angemessen ist", sagte er. Die Gemeinde dürfe nicht im Regen stehen gelassen werden. Hingerl ging aber auch auf die Rolle der ehrenamtlichen Träger ein: "Es ist wichtig zu erwähnen, dass viele Trägervereine im Ehrenamt diese gesellschaftlich so wichtige Aufgaben übernommen haben und damit die Gemeinden entlasten. Dies gilt es ausdrücklich zu würdigen und sicherzustellen, dass die Vereine intensiv unterstützt und geschützt werden. Ansonsten werden die Vereine sich vor dieser Aufgabe verabschieden." Rainer Koch (SPD) forderte große Transparenz bei der Aufklärung. Dabei, sagte er, müsse erklärt werden, "ob auch Fehler gemacht wurden, die nichts mit dem Ehrenamt zu tun haben".

Im Mittelpunkt stand freilich im Gemeinderat gar nicht der finanzielle Aspekt der Affäre, sondern der menschliche: Sowohl Hingerl als auch seine Gemeinderatskollegen unterstrichen, Priorität habe nun, dass der Betrieb der beiden Kitas, in denen zusammen 200 Kinder betreut werden, ohne Pause weiter geht. Kein Kind dürfe auf der Straße stehen, die Eltern müssten sicher sein können, dass die Betreuung sichergestellt werde. Dafür hat der Gemeinderat am Donnerstag die Weichen gestellt: Zum 30. Juni gibt der Diakonieverein die Leitung der beiden Kindertagesstätten ab, am 1. Juli übernimmt der Verein Kinderland Poing die Kita an der Kirchheimer Allee und der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt die Einrichtung an der Blumenstraße.

Der Verein Kinderland gibt dafür aber auch eine Leitungsfunktion ab: Die Trägerschaft der Einrichtung in der Sudetenstraße 3 wird die Kinderland Plus GmbH übernehmen. Der führt bereits die Einrichtung in der Sudetenstraße 1; künftig sollen beide Kitas als eine geführt werden. Die beiden Träger haben bereits signalisiert, das Personal übernehmen zu wollen.

Die Gemeinderäte zeigten sich erleichtert darüber, dass so schnell eine Lösung gefunden werden konnte. Klar ist aber auch, dass der Fall sicher nicht zum letzten Mal ein Thema im Gemeinderat war: "Was zu dieser dramatischen Situation geführt hat, wird ausführlich diskutiert werden müssen", sagte Peter Maier (SPD). Ludwig Berger (CSU) wies darauf hin, dass es sicher sehr schwierig sei, im Ehrenamt mit den Aufgaben einer Kindergartenorganisation fertig zu werden: "Ich bin mir sicher, dass es in anderen Orten die gleichen Probleme geben wird."

© SZ vom 07.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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