Umwelt:Schau mal, wer da piept

Der Landesbund für Vogelschutz startet ein neues Projekt, bei dem Vogelfutterstationen bei Pflegeeinrichtungen aufgestellt werden sollen. Dass dies eine gute Idee ist, kann man im Glonner Marienheim sehen

Von Violetta Meier, Ebersberg

- Die Pausbäckchen leuchten orange, sie wirken fast neonfarben - ebenso wie die rötlichen Schnäbel. Den Namen haben sie wohl durch die Schwanzfedern: schwarz und weiß gestreift, wie ein Zebra. Die aufgeweckt wirkenden Gestalten haben jedoch ansonsten nicht viel von ihren Namensgebern. Es handelt es sich bei ihnen um drei leise piepsend umherhüpfende Zebrafinken. Ihr Vogelkäfig steht in Glonn, im Caritas Alten- und Pflegeheim Marienheim. "Die Bewohner bleiben gerne vor den Käfigen stehen und schauen sich die Vögel an", sagt Heimleiter Hubert Radan. Er selbst ist seit vier Jahren für das Marienheim zuständig und erlebte in dieser Zeit viele Projekte und Initiativen, um die Bewohner mithilfe tierischer Begleiter zu unterstützen.

Dass Vögel das Wohlbefinden gerade älterer Menschen unterstützen können, der Überzeugung ist man auch beim Landesbund für Vogelschutz (LBV). Mit dem Projekt "Alle Vögel sind schon da" sollen vermehrt auf den Grundstücken von vollstationären Pflegeeinrichtungen im Außenbereich Vogelfutterstationen aufgebaut werden. Das Ziel ist es, den Bewohnern die Beobachtung von Vögeln zu ermöglichen - sowohl von ihren Zimmern aus, als auch von draußen. "Der LBV macht schon sehr lange Umweltbildung, aber bisher vor allem an Schulen. Wir haben auch einen eigenen Kindergarten", sagt die Projektkoordinatorin Kathrin Lichtenauer.

Vogelfutterstellen Marienheim Glonn

Vögel zu beobachten, gilt als entspannend.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nun wolle man sich an die neue Zielgruppe der Senioren wenden, welche davon stark profitieren könne. Es sollen dadurch unter anderem auch nicht mobile Menschen angesprochen werden, die durch das Vogelbeobachtungs-Projekt von ihrem Zimmer aus mehr Anteil an der Umwelt haben können. Somit könne die psychosoziale, kognitive und körperliche Gesundheit verbessert werden. "Die ersten Gespräche erfolgten schon, es ist aber noch nichts aufgebaut", sagt Lichtenauer. Die ersten beiden Futterstationen sollen in Kürze stehen. Es gibt jedoch eine grundlegende Neuerung: eine wissenschaftliche Begleitung des Projekts. Diese wird die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt in Form einer Fragebogen-Studie übernehmen.

Die Resonanz auf Seite der interessierten Pflegeeinrichtungen sei groß, "schon nach zwei Tagen haben wir die erste Rückmeldung erhalten". Die Kosten für die Futterstellen würden vollständig von den Pflegekassen übernommen - schließlich hat das Projekt Präventionscharakter. Demnach ist die Teilnahme für die vollstationären Pflegeeinrichtungen kostenlos. Nur müsse - selbstverständlich - die Bereitschaft da sein, sich um die Vogelfutterstationen zu kümmern. Mitgeliefert werden zehn Kilo Futter, wenn dieses nach zwei Monaten ausgeht, sollte es von den Einrichtungen selber nachgekauft werden.

Vogelfutterstellen Marienheim Glonn

Im Glonner Marienheim gibt es Futterstellen im Garten und Vogelhäuschen auf den Balkonen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Glonner Marienheim ist man da schon einige Schritte weiter. Neben den Zebrafinken, Nymphen- und Wellensittichen die den Bewohnern im Haus Gesellschaft leisten, wurden vor dem Haus vier große, hölzerne Futterstellen für Vögel aufgestellt. Genau wie ein Insektenhotel. Dieses wurde vor einigen Jahren im Rahmen eines Projektes der Freien Schule Glonntal gebaut. Pflegedienstleiterin Susanne Mahn erinnert sich: "Die Kinder haben mit Werkzeugen draußen gearbeitet und die Senioren haben zugeschaut, da war was los". Derzeit ist außerdem noch ein anderes Vorhaben in Arbeit. Es sollen im nächsten Frühjahr Hühner ausgeliehen werden. Genauer gesagt drei Hühner, die in einem Gatter im Garten des Heims von Frühling bis Herbst residieren und von den Bewohnern beobachtet werden können. Mit Anbruch des nächsten Winters sollen diese dann aber wieder an den Bauernhof zurückgegeben werden. So lange sie im Marienheim sind, werden die Hühner wohl vom Personal gepflegt, genau wie jetzt schon die Vögel oder auch die Fische im Aquarium. "Das ist sehr zeitaufwendig und viel Arbeit", sagt Radan. Zwar sei das Personal eigentlich schon mit der Pflege der Menschen ziemlich ausgelastet, doch die Freude der Bewohner an den Tieren sei groß.

So groß, dass einige auch selber Kontakt zu ihren gefiederten Nachbarn aufnehmen: Derzeit haben 30 der 160 Bewohner des Seniorenheims auf ihren Balkonen eigene Vogelfutterstellen - kleine Häuschen in unterschiedlichsten Variationen und Farben, die proppenvoll mit Körnern sind. Um die Vogelhäuschen auf den Balkonen kümmern sich die Heimbewohner selber, eine lohnende Aufgabe, wie eine begeisterte Heimbewohnerin erzählt: "Das ist schön zum Anschauen, wenn die Vögel am Balkon fressen und ein bisschen raufen. Bei mir kommt immer einer mit einem gelben Bauch und weißem Kopf oder auch manchmal eine Elster." Die Möglichkeit zur Vogelbeobachtung scheint aber nicht nur eine schöne Beschäftigung zu sein, sondern auch die Interaktion mit anderen fördern. Die Bewohner tauschen sich lebhaft über die Vogelarten aus, die bei ihnen am Balkon zu Besuch kommen - und versuchen herauszufinden, um welchen mysteriösen Vogel es sich bei jenem mit dem gelben Bauch handeln könnte.

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