Überraschender Sinneswandel:Nachbarschaftsstreit um Behördenfunk

Aßling will nicht Lückenbüßer sein, weil sich in Tuntenhausen im Landkreis Rosenheim kein geeigneter Standort für einen Sendemast finden lässt

Georg Reinthaler

- Überraschender Sinneswandel innerhalb eines Jahres. Trotz anderslautender Bekundungen soll Aßling nun doch als Standort für den digitalen Behördenfunk (BOS) für den Nachbarlandkreis Rosenheim genutzt werden. Die Gemeinde will allerdings nicht Lückenbüßer dafür sein, weil das Örtchen Tuntenhausen nicht in der Lage ist, selber einen Standort für den Funk zur Verfügung zu stellen, mit dem Rettungskräfte künftig sicher kommunizieren wollen. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung kategorisch abgelehnt. Die Projektgruppe des Innenministeriums verteidigt hingegen das Vorgehen eines von ihr beauftragten Unternehmens.

Die Angelegenheit schien noch im August des vergangenen Jahres geklärt: Per E-Mail hatte die telent GmbH Aßling mitgeteilt, dass die Gemeinde "funkplanerisch nicht geeignet" sei. Aus diesem Grund könne Nachbar Tuntenhausen im Landkreis Rosenheim nicht von Aßlinger Gebiet aus mit dem BOS-Funk Tetra versorgt werden. Eine Mitnutzung des Telekom-Masts in der Aßlinger Filze habe man daher aus der Standortsuche herausgenommen.

"Vor drei Wochen hat uns die betreffende Firma dann wieder per E-Mail mitgeteilt, dass unsere Gemeinde nun doch für eine Sendeanlage geeignet ist", erklärte Bürgermeister Werner Lampl (CSU) im Gemeinderat. Konkret gehe es um die Mitnutzung des Funkmasts am Wertstoffhof. Hintergrund sei, dass man auf Tuntenhausener Gebiet schlichtweg keinen Standort gefunden habe. Von Beginn an war Aßling in einen so genannten Suchkreis für die Funkversorgung im Landkreis Rosenheim mit eingebunden. Erste Andeutungen über einen Standort auf der Ebersberger Seite der Landkreisgrenze kamen im vergangenen Jahr auf. "Aber unsere Kommune erschien gleich nach der ersten Untersuchung als nicht geeignet, was man uns eben auch offiziell so mitgeteilt hat." Noch im Sommer sei ihm diese Sachlage bei einer Informationsveranstaltung im Rosenheimer Landratsamt gleichlautend übermittelt worden, wie Lampl betonte.

Die Mitglieder des Gemeinderates bekundeten offen ihren Unmut über das Vorgehen der beteiligten Stellen. Erst zu Beginn des Jahres habe man der Beteiligung Aßlings am Probebetrieb für den Digitalfunk zugestimmt. "Damals wurde indirekt noch mit Nachteilen gedroht, wenn man sich geweigert hätte. Nach aktuellem Kenntnisstand würde ich heute nicht mehr zustimmen", betonte Anton Spielberger (SPD). Der Digitalfunk an sich sei längst beschlossene Sache, so Werner Lampl, der nun aber von einer unfairen Behandlung seiner Gemeinde sprach. "Ich kann und werde diesem Verhalten nicht zustimmen." Unter höchsten Anstrengungen habe man erreicht, dass der letzte Mobilfunksender auf dem Aßlinger Feuerwehrhaus 2016 in den Außenbereich verlegt werde. Nun solle man als Notlösung für den Nachbarlandkreis herhalten.

In Tuntenhausen existiert ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderates, welcher die aktive Suche der Kommune nach Mobilfunk- und Digitalfunkstandorten ablehnt. "Und selbstverständlich können wir Aßling auch keinen Funkmast aufzwingen", erklärt Tuntenhausens Geschäftsleiter Erik Thomas. Die vom Innenministerium beauftragten Firmen müssten ihre Aufträge daher alleine ausführen.

Die "Projektgruppe DigiNet" wurde 2006 vom Bayerischen Innenministerium gegründet, um die Einführung des Digitalfunks zu realisieren. Ihr gehören unter anderem auch Vertreter von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst an. Pressesprecher Markus Dengler bestätigt auf Nachfrage die schwierige Standortsuche für einen Funkmast im Bereich Tuntenhausen. "Wir haben dort insgesamt 16 mögliche Standorte untersucht. Es konnte jedoch mit keinem der Grundstückseigentümer ein Mietvertrag geschlossen werden." Dieses Problem habe man im Landkreis Rosenheim in vielen Gemeinden gehabt und daher im Juli 2012 mit einem neuen Konzept nach alternativen Standorten suchen müssen, um eine vollständige Funkversorgung aller Orte sicherstellen zu können. "Ein solcher Sendemast muss eben dort stehen, wo er taktisch Sinn macht und alle Ortsteile abdeckt. Und das sind nun einmal Flächen in Wohnsiedlungen beziehungsweise deren direkter Umgebung." So sei Aßling nach erneuter Überprüfung doch als möglicher Standort in den Fokus der telent GmbH gerückt.

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