Tuntenhausen:Appell an die Menschlichkeit

Schönauer Krippenspiel, Aufführung 2006

In Versen und im Dialekt der Region kommt das Schönauer Krippenspiel" daher. Hier eine Aufnahme von der jüngsten Spielzeit im Advent 2006.

(Foto: TV Schönau/oh)

Dorfgemeinschaft spielt alle zehn Jahre das "Schönauer Krippenspiel" von Wolfgang Koller aus Glonn

Von Carolin Fries, Tuntenhausen

Krippenspiel ist nicht gleich Krippenspiel. Das wissen insbesondere die Menschen in Schönau, einem Dorf zwischen Glonn und Aßling. Dort wird alle zehn Jahre das "Schönauer Krippenspiel" aufgeführt, wie es der gebürtige Glonner Wolfgang Koller 1946 geschrieben und mit seinen Schülern uraufgeführt hat. In diesem Jahr ist es wieder soweit: Etwa 30 Laienschauspieler und der Kirchenchor werden das zeitlose Stück in sieben Aufführungen auf die Bühne bringen, Premiere ist am Samstag, 3. Dezember. Die Federführung liegt beim Trachtenverein Eichenlaub und der Pfarrgemeinde.

Das abendfüllende Spiel erzählt in fünf Akten und in Versform die Weihnachtsgeschichte. Das Besondere: Dass das Stück die Geschichte zeitlich in das Nachkriegsbayern versetzt. Es ist im heimischen Dialekt verfasst und mit realen örtlichen Dorf- und Hausnamen versehen. Dadurch versuchte Koller einst, seine Botschaft den Schönauern näher zu bringen, Betroffenheit und Verständnis zu erzeugen: Der Autor wollte ein Zeichen der Hoffnung setzen, wo es kaum Zuversicht gab, nämlich in der Situation von 1945/46. Zum Trauma der Kriegszeit kam die Erkenntnis der großen Schuld der eigenen Nation. Die vielen Kriegsversehrten, die Ungewissheit über das Schicksal der Vermissten, die Trauer um jene, deren Tod gewiss war. Zu all dem kamen die Heimatvertriebenen, die alles verloren hatten und von den Einheimischen oftmals mit Misstrauen und Ablehnung empfangen wurden.

Wie sollte man da positiv in die Zukunft schauen? "Wolfgang Koller muss ein Mensch mit gesellschaftlicher und politischer Weitsicht gewesen sein", schreibt der Schönauer Spielleiter Sepp Eder, und außerdem sicher ein Menschenfreund". Der Autor habe schließlich auf gemeinsames Handeln, Mitgefühl, Humanität, Vertrauen, Gottvertrauen und Teilen gesetzt. Sein Krippenspiel brauche für die Dramaturgie keine bösen Rollen, zeige keine Verlierer und komme gänzlich ohne Schadenfreude aus. "Jeder Mensch guten Willens kann in diesem Stück den Weg in eine bessere Zukunft mitgehen", schreibt Eder weiter. Und jene, die diesen guten Willen nicht mitbringen? Ihnen lasse er die Möglichkeit zur Umkehr. Den historischen Kontext gibt es inzwischen freilich nicht mehr, doch die Botschaft kommt noch heute an: Der denkende Mensch handelt. Koller "zeigt, dass Mitgefühl eine Möglichkeit zur Unterscheidung ist", so der Spielleiter.

Wolfgang Koller, geboren 1904 in Glonn, war Lehrer, später Schulrat. Er hat früh Laienspiele und Gedichte veröffentlicht, stets in Mundart, der "Sprache des Herzens", wie er selbst sagte. Bemerkenswert sind die Umstände seines Toder: Er starb 1974 am Rednerpult, bei einer Feier zum 1200-jährigen Jubiläum der Marktgemeinde Glonn. Seine letzten Worte waren: "und es gab keine Munichen, noch lange nicht, und es gab noch nicht die ragenden runden Türme der Frauenkirche...".

Das "Schöner Krippenspiel" in der Mehrzweckhalle des Dorfes (Angerstraße) feiert am Samstag, 3. Dezember, um 20 Uhr, Premiere, gleich am Sonntag, 4. Dezember, gibt es die einzige Nachmittagsvorstellung um 14 Uhr. Den gesamten Spielplan und Karten gibt es im Internet unter www.tv-schoenau.de, beim Stoffgeschäft Knopfloch in Bad Aibling oder beim Schönauer Kramer.

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