Themenwoche Demenz:Tischdeko bitte nicht mitessen

Themenwoche Demenz: Michaela Küntzler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg erläuterte bei einem Vortrag im Zornedinger Seniorenheim die Schwierigkeiten von Demenzkranken mit dem Essen.

Michaela Küntzler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg erläuterte bei einem Vortrag im Zornedinger Seniorenheim die Schwierigkeiten von Demenzkranken mit dem Essen.

(Foto: Christian Endt)
  • Ein Vortrag zur Themenwoche Demenz beschäftigt sich damit, wie tägliche Mahlzeiten für Demenzerkrankte gestaltet werden können.
  • Ein Sinnesparcours verdeutlicht den Anwesenden, wie sich die Wahrnehmung mit der Krankheit verändert.

Von Valentina Antonucci, Zorneding

Füße scharren über den Boden, Stühle werden gerückt und alle rutschen noch einmal ein Stück weiter zusammen. Es sind mehr Leute erschienen als erwartet, deswegen wird es eng im "kleinen Wohnzimmer" im ersten Stock des Seniorendomizils Haus Bartholomäus. Der Stimmung tut dies jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil, angeregt unterhalten sich die Anwesenden über die Stuhlreihen hinweg, bis der Vortrag beginnt.

"Essen und Trinken mit allen Sinnen" lautet das Thema. Michaela Küntzler, Diplom-Ökotrophologin, also Ernährungswissenschaftlerin, vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist im Rahmen der Woche zum Thema Demenz, die vom Kreisbildungswerk Ebersberg in Kooperation mit vielen anderen Unterstützern initiiert wurde, in Zorneding zu Besuch.

Anhand von Alltagssituationen erläuterte Küntzler anschaulich die Problematik des Themas. Als Angehörige eines an Demenz verstorbenen Vaters kennt sie selbst nur zu gut, welche Tücken die Ernährung haben kann. Ihre Tipps sind nicht nur hilfreich, sondern auch in der Praxis erprobt.

Sie rät beispielsweise, den Esstisch frei von jeglicher Dekoration zu halten, da diese entweder nur vom Essen ablenken würde, oder selbst mitgegessen werden würde. Gleichzeitig legte sie dem Publikum aber ans Herz, nicht allen Ratschlägen blindlings zu vertrauen, sondern sie ruhig kritisch zu betrachten, schließlich würden sie als Angehörige die Eigenheiten des Demenzkranken am besten kennen. Ihr Vater hätte beispielsweise besonders auf Servietten Wert gelegt, deswegen habe er diese auch bekommen und zwar bis zum Schluss. "Es war so etwas wie unser eigenes, kleines Ritual", sagte Küntzler.

Ihre Präsentation hatte sie ausgedruckt, somit konnten die Gäste dem Vortrag in ihrer eigenen Geschwindigkeit folgen oder aber auch zu Hause noch einmal etwas nachschlagen. So oft es ging, bezog die Referentin das Publikum mit ein, sie fragte nach eigenen Erlebnissen oder Essgewohnheiten. Und das kam an: Fröhlich berichten die Zuhörer von persönlichen Erfahrungen oder diskutieren untereinander und mit der Referentin über diverse Problematiken.

Zum Schluss hatten Küntzler und ihr Team noch einen Sinnesparcours aufgebaut, wo jeder selbst, zumindest ein wenig, erfahren konnte, wie sich die Wahrnehmung im Alter verschlechtert. An der ersten Station lautete die Aufgabe, ein Stück Schokolade zu essen, während man sich die Nase zuhält. Das Ergebnis ist mehr als enttäuschend, der Funktion des Riechorgans entzogen ist der Geschmack der Köstlichkeit nur noch ein Abklatsch ihrer selbst.

An einer anderen Station sollte man Lebensmittel mit Gummihandschuhen befühlen, um ein Gespür dafür zu bekommen, wie sehr sich eben dieses im Laufe der Zeit verändert. Brillen mit unterschiedlich starken schwarzen Flecken auf den Gläsern simulierten hingegen die Einschränkung des Blickfelds und Watte im Ohr die Abgeschiedenheit von der Welt.

An der letzten Station galt es an sechs verschiedenen Dosen mit unbekanntem Inhalt zu riechen und zu beobachten, welche Gefühle dadurch bei einem selbst ausgelöst werden. Neben angenehmen Gerüchen von Kaffee oder diversen Gewürzen waren jedoch auch Essig und ein stark riechender Käse in den Dosen versteckt.

Die Reaktionen der Leute waren dabei ebenso vielfältig wie die Gerüche. Von einem wohligen Aufseufzen zu "das erinnert mich an Italien!" bis "igitt, was ist denn das?" war alles vertreten. Am Ende nahm jedoch jeder noch ein Mal eine gute Prise Kaffee und verließ so sichtlich zufrieden die Veranstaltung.

An diesem Montag endet die Themenwoche Demenz um 19.30 Uhr mit dem Theaterstück "Ich erinnere mich genau" über die Beziehung einer demenzkranken Mutter und ihrer Tochter um 19.30 Uhr im Seniorenwohnpark in Vaterstetten. Karten gibt es unter www.kbw-ebersberg.de.

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