Themenwoche Demenz:Die Kranken nicht vergessen

Themenwoche Demenz: Die Ausstellung "Black Box Demenz" bei der ersten Themenwoche 2016 befasste sich mit dem Verhältnis von Erkranktem und Angehörigem.

Die Ausstellung "Black Box Demenz" bei der ersten Themenwoche 2016 befasste sich mit dem Verhältnis von Erkranktem und Angehörigem.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

In diesem Jahr liegt der Fokus auf der Inklusion betroffener Patienten

Von Johanna Feckl, Ebersberg

"Es macht einen Unterschied, ob jemand einen Schlaganfall hat und von heute auf morgen alles anders ist, oder ob das schleichend passiert", sagt Christine Deyle von der Caritas. Die Rede ist von Demenz, der Gedächtniskrankheit, die sich nach und nach die eigenen Erinnerungen und Wesenszüge zu eigen macht. Bereits zum dritten Mal veranstaltet das Katholische Kreisbildungswerk (KBW) eine Themenwoche zu dieser Krankheit. In Kooperation mit der Caritas, der Ebersberger Alzheimer-Gesellschaft, dem Landkreis und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finden vom 5. bis zum 12. März insgesamt 18 verschiedene Vorträge, Workshops und Ausflüge statt.

"Wir möchten das Thema präsent machen, nicht nur für Betroffene, sondern es hinein in die Gesellschaft tragen", erklärt Jennifer Becker, Leiterin des Kreisbildungswerkes. Es geht um eine umfassende Aufklärung. Das ist ein sinnvolles Ziel, denn - überspitzt formuliert - in nicht allzu ferner Zukunft wird jeder mindestens einen Demenzkranken unter seinen Angehörigen oder im Bekanntenkreis kennen.

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege spricht schon jetzt von 230 000 Personen, die an der Gedächtniskrankheit leiden. Die Menschen aber, sie leben immer länger - die Gruppe an sehr alten Personen wächst stetig an. Und mit ihnen die Zahl der demenziell Erkrankten, denn jeder Dritte der über 90-Jährigen ist betroffen. In zwei Jahren sollen es bayernweit noch einmal 50 000 Menschen mehr sein, sagen die Prognosen, also 270 000 Betroffene.

Bei solchen Entwicklungsprognosen sollte das Thema Demenz nicht ausgeklammert werden aus der Gesellschaft, auch nicht im Landkreis. "Die Hemmschwelle, sich nach außen zu wenden, ist nach wie vor sehr groß", berichtet Christine Deyle von ihrem Arbeitsalltag aus der Fachstelle für pflegende Angehörige. "Viele kommen leider erst sehr spät zu uns", sagt auch Sabine Hofmann vom Kreisbildungswerk. Scham lautet hier das Schlüsselwort: Der Betroffene schämt sich, dass er auf Hilfe angewiesen ist; die Angehörigen schämen sich, weil sich die Erkrankten in der Öffentlichkeit oft nicht mehr so verhalten, wie sie denken, dass es verlangt wird. "Demenz aber ist definitiv eine Krankheit, der Betroffene kann nichts dafür", erklärt Deyle.

Deshalb möchte das gesamte Team der Themenwoche jeden dazu ermuntern, sich frühzeitig zu informieren, Hilfsangebote anzunehmen, sich mit anderen auszutauschen und Betroffene zu inkludieren. Wie eine solche Inklusion genau aussehen kann, ist etwa Thema der Auftaktveranstaltung am 5. März um 19 Uhr im Landratsamt. Unter dem Titel "Brücken bauen zu Menschen mit Demenz" spricht die Autorin und Referentin für Erwachsenen- und Weiterbildung Rosmarie Maier darüber, wie man einen Zugang zu demenziell erkrankten Menschen finden und ihnen begegnen kann.

Auch einen Tag später, am 6. März, ist der gesellschaftliche Umgang mit der Krankheit Thema. In dem Vortrag "Der Weg zur demenzfreundlichen Gemeinde" berichtet Katharina Gaigl von einem Pilotprojekt in Taufkirchen (Vils). Das Projekt setzt sich zum Ziel, dass betroffene Menschen längerfristig am Gemeindeleben teilhaben können. "Das sollen Anregungen sein, wie es auch im Landkreis Ebersberg laufen könnte", sagt Jennifer Becker.

Ein Aspekt liegt dem Organisationsteam der diesjährigen Themenwoche besonders am Herzen: "Wir möchten die Erkrankten mitnehmen und einbeziehen." Es soll also nicht nur theoretisch um Inklusion gehen, sondern auch um deren praktische Umsetzung. Deshalb gibt es in diesem Jahr deutlich mehr Veranstaltungen, die sich gezielt an die Betroffenen selbst richten und dementsprechend an deren Bedürfnisse angepasst sind. Wie etwa ein Workshop, in dem Angehörige und Betroffene Beschäftigungsmöglichkeiten für demenziell Erkrankte lernen, oder eine Führung im Museum Wald und Umwelt sowie ein Ausflug zu einem Erlebnisbauernhof.

Ein weiteres zentrales Thema lautet Ernährung. "Ein Drittel der Menschen im Alter ist unterernährt, zwei Drittel isst mehr, vor allem bei Demenz", erklärt Franziska Schwarz vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Viele hätten aber auch Angst vor dem Verschlucken und ließen das Trinken und Essen deshalb oft ausfallen, ergänzt Christine Deyle. Dabei ist die Lösung des Problems recht simpel: Flüssigkeiten andicken, feste Nahrung pürieren. Bei anderen körperlichen Beschwerden könnte besonderes Trink- und Essgeschirr helfen, sagt Schwarz. "Es gibt spezielle Becher, durch die man beim Trinken den Kopf nicht mehr so sehr in den Nacken legen muss." Darum soll es während der Themenwoche bei Vorträgen am 6. und 9. März gehen.

Die "Woche zum Thema Demenz" findet vom 5. bis 12. März 2018 statt. Das vollständige Programm ist auf der Website des Katholischen Kreisbildungswerkes Ebersberg unter https://www.kbw-ebersberg.de/ abrufbar.

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