Themenwoche Demenz:"Bist du der Michael?"

Themenwoche Demenz: Michael Münch ist bei der Caritas gemeinsam mit mehreren Ehrenamtlichen für die Wohnberatung zuständig.

Michael Münch ist bei der Caritas gemeinsam mit mehreren Ehrenamtlichen für die Wohnberatung zuständig.

(Foto: Christian Endt)

Die Beratungsstelle der Caritas bietet an mehreren Orten im Landkreis Hilfe. Einer der Ansprechpartner, Michael Münch, kann aus eigener Erfahrung berichten

Von Johanna Feckl, Ebersberg

"Was Demenz ist, wussten nur ein paar Eingeweihte", erinnert sich Michael Münch an die Zeit vor 29 Jahren, als er begann, als Berater für die Caritas zu arbeiten. Inzwischen ist die Krankheit im Bewusstsein der Gesunden angekommen, die Beratungen würden immer häufiger gefragt. Münch verzeichnet das als positiven Trend , obwohl dieser nichts Gutes verheißt: Immer häufiger erkranken Menschen an Demenz. Beratungsstellen für deren Angehörige gibt es nicht nur in Ebersberg und Vaterstetten, sondern auch in Markt Schwaben und Grafing. Trotzdem vergeht oft sehr viel Zeit, bis Angehörige von Demenzkranken bei Münch und seinen Kolleginnen aufschlagen. Worüber die Ehepartner oder Kinder von Betroffenen nach sprechen, kann Münch aus eigener Erfahrung nachvollziehen. Sein Vater litt selbst an Demenz, bis er 2014 verstarb.

Als die Vergesslichkeit seines Vaters schlimmer wurde und 2012 eine Demenzdiagnose als sicher galt, da hat ihm sein Wissen aus seiner langjährigen Beratertätigkeit sehr geholfen. "Ich war nicht überrascht, als mich mein Vater fragte, ob ich der Michael sei. Mir war klar, dass die Situation kommen wird, in der er mich nicht mehr erkennt." Er kann sich aber an Angehörige erinnern, die in Tränen ausgebrochen sind, völlig schockiert und überfordert waren, als sie der eigene Vater, die Mutter oder der Ehepartner nicht mehr erkannte. Natürlich sei es immer etwas anderes, ob man ein allgemeines Wissen über Demenz hat, oder auf einmal selbst involviert ist. "Aber wenn man sich informiert und sich damit auseinandersetzt, dann kann man sich wappnen und vor allem Ängste abbauen. Und wenn es dann passiert, ist man nicht mehr so überrascht." Andernfalls würde man Ängste aufbauen, die einen später einmal blockieren.

In den Beratungsgesprächen von Münch und seinen Kolleginnen geht es aber auch darum, den Angehörigen einfach mal zuzuhören. "Damit sie Sorgen, Probleme und Fragen loswerden können", sagt Münch. Die Wichtigkeit von solch neutralen Ansprechpartnern sei nicht zu unterschätzen. Denn nicht nur die zeitliche und organisatorische Beanspruchung, sondern vor allem die emotionale setze die Angehörigen stark unter Druck. Münchs Erfahrung nach sind vor allem Ehepartner, von denen einer erkrankt, am stärksten belastet. "Eheleute, die lange zusammen sind, wachsen nach wie vor Tag für Tag zusammen. Bis eben zu dem Zeitpunkt, an dem einer dement wird und seine Welt nicht mehr mit der des Partners übereinstimmt." Bei Kindern sei meist eine räumliche Distanz vorhanden. Weil sie nicht im selben Haus oder sogar Ort lebten, hätten sie auch mehr Abstand zu der Erkrankung.

Aber nicht nur die Angehörigen, sondern auch die Betroffenen können sich selbst, ihre Familie und Freunde durch frühe Gespräche entlasten. "Die meisten Menschen merken zu Beginn, dass irgendetwas nicht mehr mit ihnen stimmt", sagt Münch. Zu Beratungsstellen oder zu einer ärztlichen Abklärung gingen in einem solch frühen Stadium trotzdem nur die wenigsten. "Viele denken, dass sie damit eine Schwäche preisgeben, dass man nicht mehr so viel kann wie früher. Sie schämen sich, auch sich selbst gegenüber."

In manchen Fällen geht die Scham sogar so weit, dass sich der Betroffene zwar untersuchen lässt, seine Diagnose jedoch geheim hält. Bei Michael Münchs Vater war es so. Bereits zwei Jahre, bevor Münch klar wurde, dass etwas nicht mehr stimmte, war der Vater beim Arzt und bekam die Diagnose. Münch erfuhr das erst nach dem Tod seines Vaters durch ärztliche Unterlagen. "Das ist aber die Ausnahme", ist er sich sicher. Meistens haben die Erkrankten oder Angehörigen vor allem Probleme damit, mit Nachbarn und Bekannten offen über die Diagnose zu sprechen. Dabei vergessen laut Münch jedoch alle, dass der Nachbar vielleicht ebenfalls betroffen ist. Viele Betroffene scheinen gewisse Aspekte nicht zu bedenken. So hört Münch oft von seinen Klienten, dass sich Freunde nach der Diagnose zurückzögen. "Aber die Frage ist dabei immer, ob man sich nicht selbst auch abkapselt."

Als beratende Ansprechpartner sind für den südlichen Landkreis Claudia Höwing unter (08092) 232 41 10, für den nördlichen Landkreis Christine Deyle unter (08121) 22 07 13 und für Steinhöring, Ebersberg, Kirchseeon, Zorneding und Vaterstetten Michael Münch unter (08092) 857 78 63 oder (08106) 377 23 84 erreichbar. Alle Termine der Themenwoche unter www.kbw-ebersberg.de.

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