Theater:Märchenhaftes Finale

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Die "Weißenfelder Kinderbühne" hört nach langen, schönen 33 Jahren auf. Gespielt wird nun "Peterchens Mondfahrt", das Märchen der allerersten Inszenierung

Von Violetta Meier, Vaterstetten

"Die Proben sind lustig. Vor allem wenn wir uns versprechen." Lachend fallen sich die Mädchen in die Arme. Die beiden Grundschülerinnen stehen dieses Jahr das erste Mal auf der Bühne und fühlen sich sichtlich pudelwohl in ihren bezaubernden Kleidchen. "Wir sind Sternenkinder", erklärt die siebenjährige Sarah Heindl. "Und ich bin auch noch Annelieses Stern!", ruft ihre beste Freundin Sophia Hetzel (8). Bei der diesjährigen Aufführung der Weißenfelder Kinderbühne werden sie im Märchen "Peterchens Mondfahrt" zu sehen sein. Doch nicht nur für die beiden Neulinge sind die Aufführungen etwas Besonderes, denn sie werden die letzten der Kinderbühne sein.

"Mit der Zeit wurde aus unserer freundschaftlichen Gruppe so etwas wie eine Familie", erzählt Renate Hetzel und schwelgt in Erinnerungen. Sie war von Anfang an dabei, als vor 33 Jahren die Kinderbühne durch eine Elterninitiative an der Parsdorfer Grundschule entstand. "Ohne die Gründerin Heidi Scheppach wäre das alles nicht möglich gewesen. Sie hat so viele Kontakte geknüpft. Aufgehört hat sie im Jahr 2000." Anfangs habe die Truppe aus elf Erwachsenen und deren Kindern bestanden, doch die Eltern hätten meist aufgehört, wenn ihre Sprösslinge keine Lust mehr auf Theater hatten. Das sei jedoch kein Problem gewesen, erinnert sich Hetzel, denn mit der Zeit habe sich wie von selbst ein fester Kern herausgebildet. Derzeit sind ganze drei Generationen aktiv: die Gründungsmitglieder, deren Kinder, welche jetzt organisatorisch und hinter den Kulissen mithelfen, und wiederum deren Kinder, die jungen Schauspieler. "Ohne unsere Ehemänner würde das auch nicht funktionieren. Sie standen immer hinter uns, das hat sehr geholfen", sagt Monika Gillmeister. Auch sie und ihr Mann Wilfred gehören zu den Gründungsmitgliedern. "Unsere Arbeit hier ist ein Ehrenamt ohne Ehrenamt", sagt sie lächelnd, und Ivonne Berger, die seit 17 Jahren Regie führt, pflichtet lachend bei. "Das stimmt. Und unser tolles interdisziplinäres Team ist für jeden hier wie eine Familie. Es ist wunderschön anzusehen, wie die Kinder sich gegenseitig helfen und tiefe Freundschaften beginnen."

Drei Generationen wirken an der "Weißenfelder Kinderbühne" mit - auf und hinter der Bühne. (Foto: Christian Endt)

Doch warum ist es nun aus und vorbei mit diesem Theater von Kindern für Kinder? Es sei nicht aufgrund administrativer Gründe, heißt es. "Dann aufhören, wenn es am schönsten ist" - so laute die Devise. Zweifellos ist die Stimmung hinter den Kulissen bei den Vorbereitungen auf das letzte Stück alles andere als von Trübsal regiert. Die Kinder toben in der Pause der Probe lachend in den aufwendigen Kostümen umher, und auch unter den Erwachsenen herrscht eine heitere und emsige Stimmung. "Natürlich fällt es uns allen sehr schwer. Wir haben das lange besprochen, denn es hängt freilich viel Herzblut an unserem Theater", sagt Hetzel und fügt lachend hinzu: "Im 30. Jahr war auch schon im Gespräch, ob wir aufhören. Aber 30 kann ja jeder." 33 höre sich doch viel schöner an. "Außerdem braucht es mindestens acht Erwachsene, die komplett dahinter stehen, und man wird ja auch nicht jünger", sagt Gillmeister. Dass die jüngere Generation das Theater weiterführt, sei durchaus auch im Gespräch gewesen, aber: "Das Ur-Team hat so viel Hintergrundwissen. Das alles hätten wir alleine nicht stemmen können. Es ist besser aufzuhören, als nur halb gut weiterzumachen", sagt Mutter Sabrina Heindl-Berger.

Damals, zum Auftakt 1984, wurde "Peterchens Mondfahrt" aufgeführt - und nun, zum Finale dieser Institution, gibt es das gleiche Märchen noch einmal zu sehen. Sogar die Besetzung ist teilweise noch die selbe: Jens Rosenthal etwa, der damals den Maikäfer spielte, wird nun als Eisbär zu sehen sein. Die hochwertigen Gewänder und die unglaublich vielfältigen, zauberhaften Kulissen - alles ist selbst gemacht. "Im Januar begann schon die Vorarbeit. Das Stück muss ausgewählt werden, und wir lesen uns immer schon früh in die Texte ein, um die Rollen richtig zu besetzen. Dann werden Kostüme herausgesucht, angepasst oder neu genäht", beschreibt Ivonne Berger den Beginn einer jeden neuen Inszenierung.

Obwohl das Ende naht, ist die Stimmung hinter den Kulissen bestens, "wie bei einer großen Familie", sagen die Beteiligten. (Foto: Christian Endt)

Im September gehts dann auch für die Jüngeren los, und zwar mit einem Workshop. "Das ist immer super lustig und total cool! Wir haben sogar einen Disco-Abend gemacht", berichten Mia Koldehof und Sophia Lindmair. Die beiden 14-Jährigen sind das sechste Mal dabei und den Trubel schon gewohnt. "Ich weiß noch genau, dass ich ,Dornröschen' gesehen habe und dann unbedingt selbst mitmachen wollte", erzählt Mia, die Wolkenfrau, und Sophia pflichtet ihr bei. "Es macht immer sehr viel Spaß, auch wenn es manchmal stressig sein kann. Ich darf heuer zwei Rollen spielen: Die Nachtfee und die Mutter." Auch Lara Berger, die nun das vierte Jahr mitspielt, darf zwei Parts besetzen, die Sonne und die Minna.

"Die Kinder sind höchst motiviert, aber es ist schwierig, die Vorbereitungen in den Alltag zu integrieren", sagt ihre Mutter Sabrina Heindl-Berger. Sie selbst ist für die Requisite zuständig und wirkt bei den Tänzen und der Maske mit. "Ich habe selber lange gespielt, und es ist schön zu sehen, dass es Lara und Sarah genauso viel Spaß macht." Auch wenn am Ende also die Trauer groß sein wird, so arbeiten Groß und Klein jetzt noch voller Schaffensfreude auf ein märchenhaftes Finale hin.

Die "Weißenfelder Kinderbühne" spielt "Peterchens Mondfahrt" an zwei Wochenenden, und zwar am 9./10. und 16./17. Dezember, jeweils um 15 Uhr im Festsaal des Seniorenwohnparks Vaterstetten. Karten für sechs Euro gibt es bei Steffis Schreibwaren in Zorneding, beim Buchladen Vaterstetten, bei der Papeterie Löntz und bei AP-Buch in Baldham sowie beim Buchladen in Poing. Die Kasse öffnet um 14 Uhr.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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