Tafel befürchtet Lebensmittelengpass im Winter:Notunterkunft bezogen

Sieben Flüchtlingsfamilien wohnen seit wenigen Tagen in den Containern am Grafinger Gymnasium. Doch dort ist alles noch provisorisch für die 37 Asylsuchenden. So führt der Weg zu den Toiletten durchs Freie.

Von Thorsten Rienth

Asylbewerberunterkunft am Grafinger Gymnasium

Die Flüchtlingskinder, die mit ihren Familien jetzt in Grafing angekommen sind, spielen auf dem Treppenaufgang der Container, in denen sie übergangsweise untergebracht sind.

(Foto: Lukas Barth)

Die Kriege sind weit weg, doch am Wochenende waren ihre Auswirkungen auch im friedlichen Grafing wieder einmal unübersehbar: Sieben neue Familien, zusammen 37 Flüchtlinge, sind in den vergangenen Tagen in der Stadt angekommen. Die Familien wohnen in den Containereinheiten am Gymnasium. Doch die Container sind noch ein Provisorium, wie die Anwohner mit eigenen Augen sehen. Eine Mutter, die mit ihrem Kind in einem der oberen Container wohne, habe hinüber in die Küche und zu den Toiletten gewollt. "Die Eltern mussten erst einmal die Treppen hinunter und zum anderen Container spurten", erzählte eine Anwohnerin der Ebersberger SZ. "Ohne Regenschirm, im Herbstwind, in der Kälte."

"Das ist tatsächlich ein Problem", bestätigte am Montag die Pressesprecherin des Landratsamts, Evelyn Schweiger. Das Amt koordiniert und organisiert die Verteilung der Asylbewerber auf die verschiedenen Unterkünfte im Landkreis. "Eine Überdachung für diesen Bereich ist schon in Auftrag gegeben und sie sollte eigentlich auch schon da sein. Aber da gibt es leider Liefer-schwierigkeiten." Man sei mit Nachdruck hinterher, damit das Dach so schnell wie möglich aufgebaut werde, versicherte die Sprecherin.

Bislang waren in Grafing 67 Flüchtlinge untergebracht. Mit der neuen Gruppe erhöhte sich die Anzahl der dort lebenden Asylbewerber um mehr als die Hälfte. Seit dem Wochenende ist die Stadt das neue Zuhause für 104 Flüchtlinge. "Keine Gemeinde im Landkreis nimmt derzeit mehr Menschen auf", sagt Schweiger.

Trotzdem sind die neu hinzugekommenen Flüchtlinge etwas Neues für Grafing. Bislang wurden der Stadt vor allem Einzelpersonen zugewiesen. Nun kam das Landratsamt einem dringenden Grafinger Appell nach, auch Familien zu schicken. Weil Kinder erfahrungsgemäß leichter in Freundeskreise aufgenommen würden, könnte dies die Integration der ganzen Familie erleichtern, lautet das Kalkül. Nicht nur auf das Landratsamt kommt mit jedem neuen Flüchtling zusätzliche Arbeit zu. Sondern auch für die Grafinger Ehrenamtlichen, die sich, meist unter der Ägide der beiden Kirchen, um die Asylbewerber kümmern. "Ich hoffe, dass wir auch das noch bewältigen können", sagte am Montag Hans Rombeck, Grafinger Pfarrgemeinderatsmitglied, und einer der Organisatoren der Grafinger Tafel.

Brot vom Tag zuvor, Joghurt mit nur noch kurzer Haltbarkeit, nicht verkauftes Obst und Gemüse. Nahrungsmittel eben, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum sind oder knapp überschritten haben, aber trotzdem noch bedenkenlos verzehrbar sind. Rombeck und Kollegen sammeln sie bei umliegenden Supermärkten ein und verkaufen sie zum symbolischen Preis von einem Euro je Einkauf an Bedürftige. Seit im Frühjahr immer mehr Flüchtlinge nach Grafing kommen, öffnet die Tafel an einem zusätzlichen Tag pro Woche für die Asylbewerber. "Von nächster Woche an wollen wir das so handhaben, dass wir direkt auf die neuen Familien zugehen und mit den Waren zu ihnen kommen", kündigt Rombeck an. Einer der Gründe sei auch, dass bei den Supermärkten zurzeit verhältnismäßig viel übrig bleibe. "Aktuell haben wir sowohl für die Grafinger Bedürftigen, als auch für die Flüchtlinge genug", beschrieb Rombeck die Situation. Allzu viel Optimismus will er trotzdem nicht versprühen. "Wie es im Winter aussieht, wenn es weniger Obst und Gemüse gibt, weiß ich nicht."

Ein Ende des Flüchtlingsstroms ist jedenfalls nicht in Sicht. Die zentralen Auffanglager sind so überfüllt, dass die neuen Grafinger dort nur wenige Tage verbrachten, erklärte Landratsamtssprecherin Schweiger. "Das ging alles so schnell, dass noch nicht einmal festgestellt worden ist, aus welchem Land die meisten der neuen Flüchtlinge stammen." Eigentlich eine Formalie. Und von einer Entspannung der Lage geht das Landratsamt Ebersberg nicht aus. Gerade erst habe es eine allgemeine Prognose der Regierung von Oberbayern erhalten. Demnach werde die Zahl er Asylbewerber im Landkreis bis zum 31. Dezember auf 276 steigen. Bis Ende 2014 rechne man in der Prognose sogar mit 630 Menschen.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version des Artikels hieß es, der Spielplatz auf dem Foto gehöre zum Gymnasium. Das ist falsch und wurde korrigiert.

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