Szene im Gemeinderat:Markt Schwabens Bürgermeister unterbricht die Sitzung

Szene im Gemeinderat: Markt Schwabens Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) durchlebte schon einfachere Zeiten.

Markt Schwabens Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) durchlebte schon einfachere Zeiten.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

In der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres eskaliert eine Debatte über einen Dachschaden im Kindergarten. Es kommt zu einer Szene mit Raritätswert.

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Über Markt Schwaben lässt sich sagen, dass manche dort einen ziemlichen Dachschaden haben. Temporär zumindest, niemand dürfte das derzeit bestreiten, wo vor zwei Tagen 87 Kinder umziehen mussten. Wegen "feuchten Stellen an Decken und Wänden", so hatte es die Gemeinde nach einer Routinekontrolle bekannt gegeben. Wie viel dort repariert werden muss, wird nun geprüft. Klar ist nur: In dem wohlklingenden "Kinderhaus Sonnenschein" geht es nass rein, weil das Gebäude nicht ganz dicht ist.

Feucht-fröhlich geht es aber nicht zu in Markt Schwaben, obwohl am Dienstagabend aus feierlichem Anlass Sekt-Fläschchen im Gemeinderat verteilt wurden, - erstmals seit fünf Jahren fand die Sitzung ja wieder im Rathaus statt. Sonderlich festlich war die Stimmung im frisch renovierten Sitzungssaal trotzdem nicht, im Gegenteil: Beim Kita-Dach gab es gleich Krach, weil die CSU zwei forsche Eilanträge einbrachte, unter anderem mit der Forderung, die Sonnenschein-Kinder im Feuerwehrhaus unterzubringen. Die anschließende Debatte eskalierte darin, dass Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) zum ersten Mal in seiner Amtszeit eine Gemeinderatssitzung unterbrach, eine absolute Rarität in solchen Gremien, egal wo.

Vielleicht entlud sich hier, was sich ein Jahr lang anstaute

Vielleicht entlud sich in der letzten großen Sitzung 2017, was sich über das zurückliegende Jahr anstaute, wo es im politischen Markt Schwaben teilweise drunter und drüber ging, besonders wenn es um Schule und Kinder ging. Es ist etwa erst ein paar Monate her, da hätte eine Rettungsaktion für das örtliche Hallenbad fast den Schulneubau verhindert, gerade so wendete der Gemeinderat einen Bürgerentscheid ab, der das Großprojekt wohl im Keim erstickt hätte.

Kaum war das überstanden, gab es Zoff an der alten Grundschule, dicke Luft, weil Eltern und Lehrer sich über das Klima in den Container-Klassen ärgerten. Schüler und Pädagogen klagten über Kopfweh und Atembeschwerden. Und nun auch noch ein undichtes Kindergarten-Dach. So mancher Markt Schwabener dürfte froh sein, wenn dieses Jahr überstanden ist.

Im Gemeinderat führte die neueste Botschaft zur großen Kontroverse des Abends. Auslöser war die CSU, welche die Reaktion des Trägers auf den Dachschaden in Frage stellte. CSU-Gemeinderätin Anja Zwittlinger-Fritz kritisierte, dass in der Markt Schwabener Kita Villa Drachenstein nun 150 Kinder beherbergt sind, wo das Haus nur für gut hundert ausgelegt ist. Stattdessen solle man die Kinder im Markt Schwabener Feuerwehrhaus am Erlberg unterbringen. Der Gemeinderat lehnte es ab, diesen Antrag zu behandeln.

Um die Villa Drachenstein geht es, hier sind nun mehr als die Hälfte der Sonnenschein-Kinder untergebracht. Zwittlinger-Fritz forderte deswegen in einem zweiten Eilantrag, dass die eigentlichen Schützlinge der Villa Drachenstein wiederum mehr Platz bekommen sollen (der allgemeine "Bewegungsraum" und der Gruppenraum des Horts sind jetzt dauerhaft belegt). Als Ausgleich solle der Hartplatz, den sich die Kita-Kinder mit den Hort-Kindern der Grundschule teilen, für die Übergangszeit nun allein den Drachenstein-Kindern vorbehalten sein.

Nachdem der Gemeinderat diesen Antrag zur Behandlung freigab, forderte Zwittlinger-Fritz Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) auf, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu nehmen. Daraufhin rief Hohmann zu einem gemäßigterem Ton auf, unterbrach die Sitzung für 20 Minuten und zitierte die Fraktionschefs in sein Büro. Die Abstimmung über den CSU-Antrag wurde auf Mittwochabend vertagt, wo die Gemeinderatssitzung nach Redaktionsschluss fortgesetzt wurde.

Weniger thematisiert wurde, wie es den Kindern tatsächlich geht. Den 75 Drei- bis Sechsjährigen der drei Kindergartengruppen und den zwölf Ein- bis Dreijährigen aus der Krippengruppe. Und jenen, die den Sonnenschein-Kindern - wenn man so will - jetzt bei sich Asyl gewähren.

Antworten gab Ulrike Bittner, die Geschäftsführerin des Kreisverbands der Arbeiterwohlfahrt, dem Träger der Sonnenschein-Kita. Aus ihrer Sicht ist die Lage deutlich weniger dramatisch als es im Gemeinderat aussah. "Alle vier Gruppen sind komplett mit Möbeln und Spielzeugen umgezogen", sagte sie am Mittwoch am Telegon, mit den Geburtstagskronen und den Garderoben. "Die Umgebung ist fast die gleiche, das ist für Kinder das wichtigste", so Bittner. Die zwölf Kleinkinder aus der Krippe wurden in der Nachbargemeinde Forstinning aufgenommen, Bürgermeister Rupert Ostermair kam zur Begrüßung. Die Kindergartenkinder sind hingegen weiter in Markt Schwaben untergebracht, 25 im örtlichen Jugendzentrum, die übrigen zwei Gruppen in der Villa Drachenstein.

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