SZ-Serie "Von wegen stad", Folge 2:Alles, was rot ist, zählt

Nikolauswette Grafing

Bürgermeisterin Angelika Obermayr (rechts) hat die Wette zwar verloren, aber Grafing hat dennoch gewonnen, es gibt 2000 Euro für den guten Zweck.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Owohl nur 20 Nikoläuse dem Aufruf des Grafinger Werberings folgen, gibt es dank einfallsreicher Initiatoren keine Verlierer

Von Carolin Schneider, Grafing

Menschen stehen zwischen Ständen, Kinder tanzen Weihnachtslieder-singend durch die Gegend, der Duft von Glühwein, Crêpes und Gegrilltem liegt in der kalten Luft. Sogar der Nikolaus hat sich auf dem Grafinger Marktplatz eingefunden. Mit seinem langen Gewand, der roten Mitra und dem goldenen Bischofsstab sticht er ziemlich aus der Menge heraus. Bis jetzt - denn nur eine halbe Stunde später sollen sich 150 Nikoläuse auf dem Marktplatz versammelt haben. So fordert es die Wette, die der Werbering der Bürgermeisterin gestellt hat: Wenn sie es schafft, dass um 19.30 Uhr 150 Nikoläuse auf dem Marktplatz stehen, gewinnt Angelika Obermayr (Grüne) die Wette und der Werbering spendet an zwei Projekte ihrer Wahl. Wenn Obermayr keine 150 Nikoläuse zusammen bekommt, wird sie am 17. Dezember den Christkindlmarkt des Werberings als Engel besuchen.

Es ist 19.10 Uhr. Die Stadtkapelle stimmt "Lasst uns froh und munter sein" an. Auch das Lied ist Teil der Wette: Die Nikoläuse sollen es später gemeinsam singen. Erst dann wäre die Wette wirklich gewonnen. Die Musiker tragen rote Zipfelmützen. Nach den Wettregeln nicht genug, um auch als Nikolaus gezählt zu werden. Fünf Minuten später: Zwei Nikoläuse treffen ein. Aus Pappkarton haben die beiden sich Mitras gebastelt, als Bart haben sie Watte im Gesicht.

"Wir wollen natürlich, dass die Stadt gewinnt", erklärt Peter Schölzel, der Vorstand des Werberings, gleich zu Beginn. Schließlich komme die Spende, die der Werbering bei Erfolg versprochen hat, sozialen Projekten zugute: der Mittagsbetreuung der Grundschule Grafing und dem Lions/Rotary-Club, der sich gegen Altersarmut einsetzt. "Sechs sind schon hier", sagt Schölzel über die drei Nikoläuse, ohne dass man ihm unterstellen könnte, zu tief ins Glühweinglas geschaut zu haben. Nein, echte Nikoläuse - also die mit Mitra und Bischofsstab - zählen doppelt. 19.20 Uhr: Bürgermeisterin Obermayr schaut auf die Uhr. Gerade einmal sieben Nikoläuse sind inzwischen eingetroffen. Für die Kinder ist der Abend dennoch schon ein voller Erfolg. "Noch ein Nikolaus", ruft ein kleiner Bub auf dem Arm seiner Mutter. Er weiß nicht, wo er zuerst hinzeigen soll. "Noch einer. Und noch einer!"

Um halb acht ist es so weit. Die Nikolauszählung beginnt. Schneller als erwartet ist Peter Schölzel durch: Auf 20 Nikoläuse kommt er, die echten schon doppelt eingerechnet. Also wird alles gezählt, was etwas Rotes auf dem Kopf trägt, auch die Musiker mit den roten Zipfelmützen. "Trompeter zählen dreifach", sagt Schölzel, lacht und verkündet das Ergebnis: 50 Nikoläuse sollen auf dem Marktplatz stehen. Und obwohl die Bürgermeisterin die Wette verloren hat, gab es am Ende doch nur Gewinner. Der Werbering spendet 1000 Euro, die Stadt legt noch einmal 1000 Euro drauf und Obermayr wird zum Weihnachtsengel. Nikolaus, so heißt es schließlich, ist ein guter Mann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: