SZ-Serie Sport im Ort: Folge 10:Sporttop statt Tüllrock

SZ-Serie Sport im Ort: Folge 10: Nichts für kleine Mädchen: Beim Barre-Konzept schwitzen die Teilnehmer kräftig.

Nichts für kleine Mädchen: Beim Barre-Konzept schwitzen die Teilnehmer kräftig.

(Foto: Christian Endt)

Das Ganzkörperworkout Barre-Konzept lässt an der Ballettstange Beine zittern und Hände schwitzen. Im Gegenzug verspricht es ein besseres Körpergefühl für Anfänger wie Fortgeschrittene.

Von Daniela Weichselgartner, Vaterstetten

Vor dem inneren Auge erscheinen Mädchen in rosa Tüllröckchen mit süßen Zöpfen, wenn man das Wort "Ballettstange" hört. Diese Vorurteile sollte man aber schleunigst loswerden. Auch diejenigen, die in der Kindheit zwar mal Stollen-, aber nie Spitzenschuhe trugen, können Gefallen am Barre-Konzept finden, das Elemente aus Yoga, Pilates und Gewichte-Training mit Übungen an der Ballettstange kombiniert.

Auch wenn viele Elemente der eleganten Sportart aufgegriffen werden, benötigt man für das Work-out keinerlei Ballett-Erfahrung, betont Sabine Albrecht, die den Fitnesstrend aus den USA in Deutschland etabliert hat. Barre-Konzept sei der am besten besuchte Kurs in ihrem Studio, das auch Ausbildungen für Trainer anbietet, sagt die 33-Jährige. Dort fällt beim Anblick der Teilnehmerinnen glücklicherweise kein einziges rosafarbenes Kleidungsstück auf. Sogar ein männlicher Teilnehmer hat sich unter die Frauen verschiedenen Alters gewagt.

Der einstündige Kurs beginnt mit einem dynamischen Aufwärmen zu Musik. Die unerfahrene Teilnehmerin ist so konzentriert darauf, die Schritte mit dem Takt zu vereinen und nicht durch unkoordinierte Armbewegungen aufzufallen, dass sie erst nach dem Verklingen des letzten Tones die heftige Atmung bemerkt.

Nach dem Aufwärmen steht Muskeltraining auf dem Programm. Trainerin Sabine Albrecht bezeichnet Barre-Konzept gerne als "Bauch-Beine-Po-Arme", weil die oberen Extremitäten beispielsweise durch Übungen mit Hanteln gezielt gestärkt werden. Barre-Konzept verspricht einen wohlgeformten Körper von Kopf bis Fuß, doch der will erarbeitet sein. Auf einer Gymnastikmatte geben die Teilnehmerinnen und der einsame Mann bei stärkenden Übungen ihr Bestes.

Dann ist der zentrale Teil des Work-outs an der Reihe: die Elemente an der Stange. Eine Hand um das glatte Holz geschmiegt, die andere in die Luft gereckt, versucht man grazil ein Bein waagrecht zur Seite zu strecken. Der Einbeinstand fördert den Gleichgewichtssinn und die Körperspannung. Die nächste Übung gestaltet sich nicht viel einfacher. Beide Hände, die zugegebenermaßen schon etwas schwitzig sind, halten die Stange, während man mit tief gebeugten Knien kleine Wippbewegungen vollführen soll. Nach einiger Zeit fangen die Beine von den Zehenspitzen bis zu den Oberschenkeln zu zittern an. Der eigene Ehrgeiz motiviert zum Durchhalten, auch wenn aus dem Spiegel ein gequältes Selbst entgegen blickt.

Ein jeder kann die Übungen dem eigenen Können anpassen. Wer den Gliedmaßen, die wie ein Presslufthammer beben, eine kurze Pause gönnen muss, darf das gerne tun. Wer es hingegen intensiver haben will, für den hat die Leiterin auch noch einige Tipps parat. So bleibt das Training auch nach längerer Zeit effektiv, aber zugleich für Anfängerinnen zu meistern. Wichtig ist lediglich, dass alle Bewegungen ruhig und kontrolliert ausgeführt werden, erklärt Sabine Albrecht. Nach der Anstrengung werden die beanspruchten Muskelgruppen zudem zur Lockerung gedehnt.

SZ-Serie Sport im Ort: Folge 10: Trainerin Sabine Albrecht.

Trainerin Sabine Albrecht.

(Foto: Christian Endt)

Wer Barre-Konzept zum ersten Mal ausprobiert, ist wahrscheinlich häufig mit Blicken zur Nachbarin beschäftigt. Wohin mit meinem Bein? Was machen die Arme dabei? Glücklicherweise wissen die Teilnehmerinnen was bei Aufforderungen wie: "Jetzt gehst du in die erste Position" zu tun ist, nämlich die Fersen aneinander stellen und die Fußspitzen nach außen drehen. Außerdem hilft Trainerin Sabine Albrecht mit persönlichen Korrekturen, um die Haltung zu verbessern. Dass ihre Anweisungen an die Gruppe stets mit "du" formuliert sind, motiviert zusätzlich, denn man fühlt sich direkt angesprochen. "Jetzt drückst du dein Gesäß Richtung Decke." Um nicht aufzugeben, hebt man trotz der brennenden Muskeln das Becken noch ein Stück weiter an und hält die Sekunden, die wie Stunden erscheinen, bis zum erlösenden "und ab" durch.

Auch wenn die Übungen anstrengend sind, oder eigentlich gerade deshalb, verlässt man nach einer Stunde mit einem guten Gefühl das Studio. Die nächsten Tage wird der Muskelkater nicht auf sich warten lassen, aber man ist sich bewusst, dem Körper etwas Gutes getan zu haben. Oder wie es eine Teilnehmerin, die ebenfalls eine Schnupperstunde absolviert hat, ausdrückt: "Ich war wirklich gefordert, aber das ist ja genau das, was ich wollte."

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