SZ-Serie: Der Ferienreporter, Folge 8:Auf Tour mit Dame und König

SZ-Serie: Der Ferienreporter, Folge 8: Verstärkung für den Schachnachwuchs? Walter Rädler, Stefan Promberger, Stefan Langer und Christian Langer (v.l.) schauen Anja und Sonja zu.

Verstärkung für den Schachnachwuchs? Walter Rädler, Stefan Promberger, Stefan Langer und Christian Langer (v.l.) schauen Anja und Sonja zu.

(Foto: Christian Endt)

Die deutsche Schachjugend macht Station im Landkreis und lockt damit einen Großmeister auf einen Parkplatz in Eglharting. Nur sieben Prozent der Mitglieder in deutschen Schach-Vereinen sind weiblich

Von Julian Carlos Betz, Kirchseeon

"Schade, dass wir nicht alles aufbauen konnten", bemerkt Walter Rädler und weist dabei auf ein kleines rotes Zelt, unter dessen Dach einige Schachbretter auf einer Bierbank vor dem Regen Schutz gefunden haben. "Heute morgen sah es noch gut aus, aber dann...", seine Stimme nimmt nur kurz einen bedauernden Tonfall an, wird aber sogleich wieder fröhlich. Bisher hat sich an diesem Samstagnachmittag noch niemand eingefunden, um Läufer gegen Springer oder Dame gegen König zu setzen, vermutlich weil das Wetter gar so schlecht ist. Stattdessen tollen zwei kleine Kinder herum und die wenigen Besucher, die trotzdem gekommen sind, unterhalten sich.

Auf einem Parkplatz vor dem Supermarkt Edeka im Gewerbegebiet hat der Schach-Truck von Walter Rädler und drei freiwilligen Helfern aus verschiedenen Landesverbänden Station gemacht. Walter Rädler ist Vize-Präsident des deutschen Schachbunds, bereits seit 34 Jahren im Vereinswesen tätig und im ganzen Landkreis bekannt. Ursprünglich leitete er den Schachverein Vaterstetten, war sogar Mitbegründer, da war er gerade mal 16 Jahre alt. Auch heute, bei der letzten Haltestelle der seit zehn Jahren zum ersten Mal wieder stattfindenden Schach-Tour der deutschen Schachjugend, die nach Trier und Stuttgart nun auch in Eglharting ankommt, ist er dabei. Kevin Schreiber ist einer der mitreisenden Helfer, er erzählt, dass er mit seinen Kollegen bereits seit Samstag vergangener Woche unterwegs sei. Aber nicht seit Beginn der Tour, fügt ein anderer hinzu, das Personal habe zwischendurch gewechselt. In Karlsruhe etwa hätten sich sehr viele Passanten einfach dazugesetzt, um eine Runde zu spielen, erzählt Philipp Soos, der zweite Helfer. Teilweise habe man sich aber auch mit Kindergarten- und Schulgruppen verabredet und dann Kurse gegeben. Das Material sei dabei von der deutschen Schachjugend zur Verfügung gestellt worden, fügt der dritte Helfer, Michael Ehlers, hinzu, das werde dann "das ganze Jahr über eingesetzt", auch für andere Zwecke.

In Eglharting bekommen die Schachspieler ganz besonderen Besuch: Ein Großmeister ist spontan zu Besuch gekommen. Stefan Bromberger macht mit den Helfern Bekanntschaft. Als sie von seinem Titel erfahren, der die höchste vom Weltverband vergebene Ehrung im Schachsport ist, staunen sie nicht schlecht. "Das ist saumäßig harte Arbeit" sagt einer anerkennend. Bromberger rechnet vor, dass es weltweit nur um die 1000 Träger gebe. Diese Auszeichnung bekommt nur verliehen, wer nach internationalen Standards sehr strenge Kriterien erfüllt.

Walter Rädler, der den Großmeister der Runde vorstellt, berichtet stolz von seinem Landkreis. Ebersberg sei ja quasi ein "Schachlandkreis", nicht erst seit Kurzem, sondern mittlerweile seit Jahrzehnten. Normalerweise gebe es zwischen den lokalen Vereinen immer gewisse "Rangeleien", doch hier sei das anders. Ein "schönes Miteinander" präge die Schachkultur hier und Bromberger bestätigt, dass um Vaterstetten herum eine "wahnsinnig aktive Schachszene" präsent sei.

Schließlich entschließen sich die Helfer, mal eine Runde zu spielen, um vielleicht doch jemanden zu animieren, der gerade zum Einkaufen geht oder von dort kommt. "Beim Schach wird eher wenig geredet", erklärt Kevin Schreiber, als die Gespräche mit Beginn der Spiele recht schnell verstummen. Früher habe man bei Turnieren dann nur das "Tick" der Stoppuhren hören können, die beim Ende eines Spielzugs betätigt werden mussten, doch jetzt gebe es das "mit den blöden Digitaluhren" nicht mehr, erzählt Rädler ein bisschen wehmütig. Auf die Frage, was er denn gerne im Schachumfeld ändern möchte, verweist er auf die sehr geringe Beteiligung von Mädchen und Frauen in den Vereinen. Nur sieben Prozent aller Mitglieder seien weiblich, daran könne man noch arbeiten. Er selbst ist auch für die Verbandsentwicklung zuständig und mit seinem Elan damit vermutlich genau der Richtige, um hieran etwas zu ändern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: