SZ-Adventskalender:Nach der Operation der nächste Schock

Die 17-jährige Selina leidet unter einem schwer behandelbaren Gehirntumor. Für ihre alleinerziehende Mutter ist es nicht leicht, das Geld für Behandlungen und Fahrtkosten aufzubringen

Von Christina Seipel, Moosach

Selina breitet den selbstgemachten Quilt vorsichtig aus. Die Patchworkdecke in leuchtendem Hellgrün und zartem Rosa ist liebevoll bestickt mit filigranen Motiven wie Erdbeeren oder Cupcakes. Es muss eine Heidenarbeit gewesen sein, die verschiedenen Stoffteile zusammenzunähen. Die 17-Jährige hatte sie als Abschlussarbeit für den Qualifizierenden Hauptschulabschluss an der Montessori-Schule gefertigt. Das war etwa ein halbes Jahr vor der Diagnose, die alles änderte. Im Januar wurde bei dem Mädchen ein Hirntumor entdeckt, der entfernt werden musste. Seit der Operation leidet Selina unter einem Tremor, einem leichten Zittern, das sich über ihre gesamte rechte Körperhälfte zieht und ihre Motorik beeinträchtigt. Handarbeiten, die sie so liebt, fallen ihr deshalb heute unglaublich schwer.

"Nach so einem Erlebnis ist man erst mal froh, dass sie wieder laufen kann," erzählt Mutter Christa Ecker rückblickend. Das Gleichgewichtsorgan in Selinas rechtem Ohr ist gestört. Ihrer rechten Körperhälfte fehlt es an Kraft. Eine Folge der Operation. In der Reha hat die Rechtshänderin deshalb nicht nur das Laufen, sondern auch das Schreiben mit der linken Hand, mühsam neu erlernen müssen. Auf dem rechten Ohr ist sie schwerhörig. Trotz Hörgerät liegt ihre Hörfähigkeit bei nurmehr 30 Prozent.

Selina gibt sich trotz allem tapfer und gefasst. "Sie trägt ihr Schicksal wie eine deutsche Eiche", sagt die alleinerziehende Mutter. Ihr rechtes Auge, das seit der Operation schielt, hat die 17-Jährige mit einer Augenklappe verdeckt. Der Grund: Mit beiden Augen würde sie alles doppelt sehen und auch nicht lesen können.

Immer wieder greift Selina während des Gesprächs in die Schälchen mit Keksen und Nüssen auf dem Tisch. Dass sie Appetit hat, war nicht immer so. Christa Ecker zeigt ein Foto, das ihre Tochter während der Schulpräsentation über ihre Abschlussarbeit zeigt. Zu sehen ist ein hübsches Mädchen mit langen dunklen Haaren, das in seiner zierlichen Erscheinung jünger wirkt als es eigentlich ist. 30 Kilogramm hat sie damals gewogen, bei einer Körpergröße von 1,45 Metern. "Sie war extrem abgemagert, weil das Gehirnwasser wohl seit Jahren schon nicht mehr abgelaufen war", wie Christa Ecker erklärt. Oft hatte die Schülerin sich übergeben müssen. Zur Übelkeit kamen die Kopfschmerzen. "In den letzten zwei Jahren war es wirklich heftig," sagt Selina ernst.

SZ-Adventskalender: Ein MRT brachte Anfang 2015 die schreckliche Gewissheit: Das junge Mädchen leidet unter einem Tumor, der fast ein Drittel des Gehirns bedeckt.

Ein MRT brachte Anfang 2015 die schreckliche Gewissheit: Das junge Mädchen leidet unter einem Tumor, der fast ein Drittel des Gehirns bedeckt.

(Foto: Catherina Hess)

Regelmäßig war die 50-Jährige mit ihrer Tochter beim Hausarzt. Auch eine Untersuchung in der Kinderklinik brachte kein Ergebnis. Die Mutter macht sich heute trotzdem Vorwürfe: "Sie hatte eigentlich alle Anzeichen für einen Gehirntumor." Die Ärzte aber konnten zunächst nichts feststellen.

Silvester 2014 merkte Selina, dass ihr rechtes Auge nicht mehr blinzelt. Auch der Mutter fiel auf, dass der rechte Mundwinkel nach unten hing. Im Krankenhaus stellten die Ärzte eine Gesichtsnervenlähmung fest. Ein MRT einige Tage später brachte schließlich die schreckliche Gewissheit: Es war ein Gehirntumor. Trotz des Schocks über die schlimme Erkrankung waren Mutter und Tochter auch erleichtert darüber, dass endlich klar war, was es ist.

Selina leidet unter einem außergewöhnlich großen Tumor. Etwa ein Drittel der Gehirnmasse sei von dem Tumor verdeckt worden, der vom rechten Ohr wie ein Blumenkohl über das ganze Gehirn gewachsen war, erklärt Christa Ecker. Und weil der Tumor direkt am Hirnstamm sitzt, sei er "bösartig, so gutartig er auch sein mag". Um bleibende Schäden zu vermeiden, hätten die Ärzte so schonend wie möglich operiert. An mindestens zehn Stellen habe man den Tumor nicht entfernt. Für Christa Ecker war nach der Operation dennoch klar: "Jetzt geht es bergauf."

Im Oktober kam dann der nächste Schock: Der Tumor ist wieder gewachsen. Und da er sich nicht durch Bestrahlung entfernen lässt, droht Selina nun die nächste Operation. Was dies für Folgen nach sich ziehe, sei nicht abzuschätzen. "Da greift man nach jedem Strohhalm", sagt Christa Ecker. Um die Heilungschancen ihrer Tochter zu erhöhen, ist sie an ihre finanziellen Reserven gegangen. Regelmäßig wird Selina von einem Neurologen in München behandelt und geht zur Akupunktur. Neben den Fahrtkosten gehen auch die homöopathischen Medikamente ins Geld. "Es läppert sich über die Monate zusammen." Bis notwendige Kosten von der Krankenkasse übernommen würden, sei es "eine ganz schöne Bettelei". Manchmal gibt die 50-Jährige auch auf. Dann, wenn sie merkt, dass ihr die Kraft und Nerven fehlen, sich zu der Sorge um ihre Tochter noch mit der zeitintensiven Bürokratie auseinander zu setzen.

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Christa Ecker ist eigentlich ein fröhlicher Mensch, der gerne lacht. Und weil man ihr die Sorge nicht gleich ansieht, nehme ihr Umfeld ihr den Ernst der Lage oft nicht ab. Doch für die Alleinerziehende, die Vollzeit als Lehrerin in der Montessorischule arbeitet, ist Humor auch eine Art, mit der Krankheit klar zu kommen. "Wir hatten auch viel Spaß", erzählt Selina von der gemeinsamen Zeit im Krankenhaus und in der Reha. Nachdem der Druck auf das Gehirn nach der Operation weg war, entwickelte Selina großen Hunger, auch in der Nacht. Im Krankenhaus goss ihr die Mutter Nuddelsuppen auf. Die Nudeln, die bald überall klebten, erinnerten sie an einen Sketch von Loriot, dem bei einem Abendessen eine Nudel abwechselnd überall im Gesicht hing. Und bei dem Gedanken daran fangen beide an zu lachen.

"Der Weg, der noch vor uns liegt, ist lang", sagt Christa Ecker ernst. Zu der Sorge um ihre Tochter, kommt die finanzielle Belastung. Seit der Operation nimmt Selina zu und entwickelt sich zu einer jungen Frau. Für neue Kleidung, die ihr passt, ist jedoch nicht immer das Geld da. Und auch die Kosten für den Unterhalt des Autos sind hoch. Weil die beiden in einem kleinen Weiler auf dem Land leben, sind sie aber dringend auf das Auto angewiesen. Mit Spenden aus dem SZ-Adventskalender für gute Werke könnte die alleinerziehende Mutter diese Kosten und die für Selina notwendigen alternativen Behandlungen finanzieren.

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