SZ-Adventskalender:Die Rente reicht nicht mal für das Nötigste

Das Ehepaar Huber kommt finanziell kaum über die Runden. Vor drei Monaten ist der Kühlschrank kaputt gegangen. Einen neuen können sie sich nicht leisten.

Von Christina Seipel, Ebersberg

Annegret Huber (Namen geändert) hat ein großes Herz. "Weil es viele kranke und behinderte Menschen in Not gibt", erklärt sie, ist sie jüngst von Haus zu Haus gegangen, um für die VdK-Aktion "Helft Wunden heilen" Geld zu sammeln. "Sie ist überall sofort dabei und sehr fleißig", lobt die VdK-Vorsitzende aus ihrer Gemeinde.

Dabei können die 66-Jährige und ihr Mann sich den geringen Mitgliedsbeitrag selbst kaum leisten. Ihre Renten sind niedrig. Mit nur zehn Euro liegt das Einkommen von Annegret Huber jedoch über dem Satz, der sie für die Leistungen der Grundsicherung im Alter berechtigen würde. Somit hat sie auch keinen Anspruch auf andere Ermäßigungen, zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr, die ihr das Leben erleichtern würden.

SZ-Adventskalender: Das Einkommen von Annegret Huber liegt nur wenige Euro über dem Satz, der sie für die Grundsicherung im Alter berechtigen würde.

Das Einkommen von Annegret Huber liegt nur wenige Euro über dem Satz, der sie für die Grundsicherung im Alter berechtigen würde.

(Foto: Catherina Hess)

Annegret Huber hat trotz ihres geringen Einkommens immer gern gegeben, auch wenn sie dafür selbst auf etwas verzichten musste. Oft ist sie ihrer selbstlosen und hilfsbereiten Art wegen ausgenutzt worden. Als Mitglied im Trachtenverein ihrer Gemeinde zum Beispiel habe sie beim Weggehen anderen öfter mal etwas spendiert.

Zuletzt hat ein Telefonanbieter sie über den Tisch gezogen, wie die VdK-Vorsitzende anmerkt. Annegret Huber nickt. Sie wollte ihren Vertrag für ein Mobiltelefon ändern. Man habe ihr stattdessen einen DSL-Anschluss aufgeschwatzt. Dabei hat sie kein Gerät, wofür sie den Internetanschluss gebrauchen könnte. "Ich habe tausendmal gesagt, ich brauche das nicht", sagt die sonst so ruhige Frau mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung. Installiert wurde der Anschluss trotzdem. Jeden Anruf rechnet der Anbieter nun einzeln ab. Kosten, die sich summieren.

Das Mobiltelefon hat sie sich anschaffen müssen, damit sie für ihren Mann Gerd erreichbar ist, der Diabetiker ist und schon vier Herzinfarkte überstanden hat. Seit kurzem leidet der 65-Jährige zudem unter Atembeschwerden und einem Zittern, das möglicherweise auf eine beginnende Parkinson-Krankheit hindeutet.

So können Sie helfen

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Als der ehemalige Hausmeister vor zwei Jahren in Rente gegangen ist, ist auch er geprellt worden. Niemand hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass ihm ein Zuschuss zusteht. Da er davon aber nichts wusste, hatte er ihn bei seinem Rentenantrag auch nicht geltend gemacht. Die VdK-Vorsitzende sieht die Rentenstelle in der Pflicht, den älteren Menschen zu helfen. Aus Erfahrung weiß sie, dass viele sich mit dem Ausfüllen der Formulare schwer tun. Durch den fehlenden Zuschuss hat das Ehepaar in den vergangen zwei Jahren knapp 500 Euro verloren. Geld, das sie nun gut gebrauchen könnten: Vor drei Monaten hat der alter Kühlschrank seinen Geist aufgegeben. Seitdem müssen sie ohne auskommen.

Die schlechten Erfahrungen haben das Paar vorsichtig werden lassen. Annegret Huber bezeichnet sich selbst als "gebranntes Kind". Auch deshalb achtet sie heute ganz genau darauf, wem sie was erzählt. Die VdK-Vorsitzende aus ihrer Gemeinde zählt zu ihren Vertrauten. Die resolute Frau unterstützt das Rentnerpaar wo sie nur kann, "damit sie wieder aus dem Schlamassel herauskommen". Kennengelernt haben sich die beiden Frauen über eine Nachbarschaftshilfe. Die Rentnerin ist ihr für die Unterstützung dankbar.

Das Schicksal hatte es auch in der Vergangenheit nicht immer gut mit ihr gemeint. Annegret Huber war gerade 14 Jahre alt, als sie 1963 in München eine Ausbildung zur Bürokauffrau begann. Da passierte beim Verbrennen von Kartons ein Unfall. Die Erinnerung an jene Zeit verfolgt sie noch immer: "Ich hatte schwere Verbrennungen zweiten Grades."

Ein halbes Jahr dauerte es, bis die heute 66-Jährige halbwegs genesen war. Zu lange in den Augen ihres Chefs, der dem jungen Mädchen fristlos kündigte. Später arbeitete Annegret Huber als Verkäuferin und Reinigungskraft.

Knapp vierzig Jahre war sie berufstätig, bis sie im Jahr 2000 vorzeitig in Rente ging. Wieder einmal hatte das Schicksal zugeschlagen. Die Diagnose: Myasthenie, eine Muskelschwäche, die ihr die Kraft in den Händen und Armen nimmt. Man sieht ihr die Autoimmunerkrankung an ihren kleinen Augen und den hängenden Lidern an. Weil sie kein Auto besitzen, muss die Rentnerin sämtliche Besorgungen wie die täglichen Einkäufe zu Fuß erledigen.

Vermögend waren Annegret Huber und ihr Mann nie. "Ich habe früher alles auf Raten bezahlt," wie sie sagt. Durch die Beerdigungen der Eltern haben sich zusätzlich Schulden angesammelt, die noch nicht abbezahlt sind. Die geringen monatlichen Beiträge für eine notwendige Hausrats- und Haftpflichtversicherung kann sich das kinderlose Paar nicht leisten. "Wenn was kaputt geht, dann geht nichts mehr", berichtet die zierliche Frau. Dabei sieht sie zu, wo sie nur sparen kann. Bei der Kaffeemaschine oder Waschmaschine zum Beispiel zieht sie seit Jahren nach Gebrauch den Stecker raus, "und ich mache oft Kerzen an und kaufe günstige Lebensmittel".

Ein Festessen oder Geschenke an Weihnachten können sie sich nicht leisten. "Wir sind füreinander da", sagt Annegret Huber. Am Totensonntag hatte sie beim traditionellen Gans-Paschen um eine Gans gewürfelt - und prompt gewonnen. Wegen des fehlenden Kühlschranks musste sie den erspielten Festbraten gleich machen. "Vier Tage lang gab es jeden Tag Gans zu essen", erzählt sie mit einem Lächeln.

Von den Spenden aus dem SZ-Adventskalender würde sich das Rentnerpaar einen neuen Kühlschrank finanzieren. Es müsse kein Luxusmodell sein, "ein großes Gefrierfach wäre aber schön", sagt Annegret Huber in ihrer bescheidenen Art.

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