Straßenausbau:Gucken, was geht

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Bei einer Tour entlang der Strecke erkunden Politiker und Fachleute, wie ein Radweg zwischen Grafing und Glonn aussehen könnte

Von Thorsten Rienth, Grafing

Keine hundert Meter sind die Fahrradfahrer auf der Staatsstraße 2351 von Grafing-Bahnhof nach Taglaching geradelt, da wird es richtig eng: Von hinten überholt ein kleiner Schulbus, von vorne kommt ein Lieferwagen über eine Kuppe. Dieser entschärft die Situation damit, dass er mit zwei Reifen beherzt aufs Bankett ausweicht. Steinchen fliegen auf die Straße, der Transporter wirbelt eine Staubwolke auf. Treffender hätte die Notwendigkeit dessen, um was es bei dieser Tour gegangen ist, gar nicht demonstriert werden können: Die Verbindungsstraße zwischen Grafing-Bahnhof und Glonn braucht einen Radweg.

Das Landratsamt hatte zu der Tour eingeladen. Und natürlich haben sich Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte aus Grafing, Bruck, Moosach, Glonn sowie Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs nicht lange bitten lassen. Vor einigen Jahren war die Fahrradverbindung von Grafing-Bahnhof über Moosach nach Glonn schon einmal Thema. Das ursprüngliche Ansinnen, den Weg auf dem Damm der seit den 1970er-Jahren stillgelegten Bahnstrecke verlaufen zu lassen, ließ sich jedoch nicht umsetzen. Auf dem alten Schotter sind Biotope mit einer seltenen Vielfalt an Flora und Fauna entstanden.

Fünf Jahre ist es her, da erkundeten einige Kreistagsmitglieder den alten Bahndamm zwischen Grafing und Glonn. Das bleibt ein exklusives Vergnügen, eine im Frühjahr vorgelegte Stellungnahme des Umweltministeriums schließt die Umnutzung zum Radelweg aus. (Foto: Norbert Neugebauer/oh)

Nun, im Zuge des "Workshops Fahrradfreundlicher Landkreis" des Landratsamts steht die Grafing-Glonn-Achse wieder auf der Agenda. "Wir wollen das Thema ernsthaft vorantreiben", erklärt Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Bei der Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) braucht er dafür freilich nicht lange zu werben. "Einmal hat die Gegend echten Naherholungswert", sagt sie. Ein andermal würde ein gut ausgebauter Radlweg womöglich den einen oder anderen Pendler überzeugen können, anstatt im Auto auf dem Fahrrad nach Grafing-Bahnhof zu fahren.

An diesem Nachmittag geht es dennoch eher weniger um Landräte oder Bürgermeisterinnen, sondern vielmehr um Josef Gruber-Buchecker. Vom Kreistag hat der Mann den Auftrag erhalten, die Machbarkeitsstudie einer Radwegverbindung zwischen Grafing und Glonn zu erstellen. "Einfach ist so eine Planung allerdings nie", ordnet Gruber-Buchecker ein. Im Endeffekt sei sie eine große Jongliererei von Naturschutz-, Platz- und Eigentumsfragen.

Auch das zeigt sich schon auf den ersten Metern der Tour. In der Luft über Taglaching kreist mit dem Rotmilan ein Greifvogel, den zum Beispiel die Stiftung Nabu als gefährdet einstuft. "Den Schwarzmilan gibt es in der Gegend schon gar nicht mehr", sagt einer der Fahrradfahrer. Neben der Straße wachsen wilde Erdbeeren. Rotrückenwürger, Goldammer oder Feldsperling werden hier noch gesichtet. Doch Pestizideinsatz und landwirtschaftliche Monokultur setzen der Artenvielfalt zu. Freilich wäre es geradezu grotesk, würde ein Radlweg weiteren Lebensraum nehmen.

Bei einer Radtour vor rund fünf Jahren hatten sich die Mitglieder des Kreistags um Landrat Robert Niedergesäß (rechts) den alten Bahndamm vor Ort angeschaut. (Foto: Norbert Neugebauer/oh)

Manchmal könne auch der Fuß des Bahndamms eine Alternative sein. "Aber das ist halt immer auch eine Frage, ob man an den Grund herankommt", erklärt Gruber-Buchecker. Denn der werde gerade im engen Urteltal meistens landwirtschaftlich genutzt. Andererseits würden gerade durch die Landwirtschaft Optionen für Wegführungen entstehen. "Die Bulldogs brauchen ja Wege - die könnte man zum Beispiel nutzen." Heftig diskutieren die potenziellen Radwegnutzer auf der gemeinsamen Tour Fragen hinsichtlich Untergrund und Verlauf der Strecke. Manchen ist glatter Asphalt am liebsten, andere haben wiederum mit befestigtem Schotter kein Problem - solange die Summe der Höhenmeter möglichst gering ist. Einige sympathisieren mit einem straßenbegleitenden Radlweg, weil dann die Strecke am kürzesten sei. Der Grafinger CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber findet, dass der Radlweg ja durchaus auch den Charakter eines Naturlehrpfads haben könne.

Gut möglich, dass am Ende von allem etwas dabei sein wird. Beim Bau hangele man sich ohnehin von Abschnitt zu Abschnitt voran, erklärt Planer Gruber-Buchecker. "Da wird man jedes Mal schauen müssen, was das Beste ist", sagt er und ergänzt: "Und was machbar ist."

Zumindest, was mögliche Abschnitte entlang der Staatsstraße 2351 angeht, gibt es gute Nachrichten. In absehbarer Zeit werde man wohl die derzeitige Staatsstraße erst zur Kreisstraße und dann zur Ortsverbindungsstraße herabstufen können, sagte Landrat Niedergesäß. Damit dürften zumindest eben diese Abschnitte etwas unkomplizierter umzusetzen sein. Der Rest wäre dann eine politische Frage.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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