Steinhöring:Im Gleichgewicht

Janis McDavid in Steinhöring

Autor Janis Mc David kam ohne Beine und Arme zur Welt. In der Turnhalle des Einrichtungsverbundes Steinhöring wirbt er für Barrierefreiheit

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Janis McDavid meistert sein Leben ohne Arme und Beine

Janis McDavid sollte Gäste und Gastgeber motivieren. Und das hat er geschafft. Für die Auftaktveranstaltung des neuen Programms des Katholischen Kreisbildungswerkes Ebersberg (KBW) saß der Wirtschaftsstudent und Autor McDavid am Freitagabend auf der Bühne in der voll besetzten Turnhalle des Einrichtungsverbundes Steinhöring. Janis McDavid ist ohne Arme und Beine auf die Welt gekommen. Doch er sei "in dem Glauben aufgewachsen, dass sein Körper "vollkommen normal" sei, erklärte McDavid dem Publikum. Seine Eltern hätten seine Behinderung nie überbetont. "Ich war nie Janis ohne Arme und Beine oder Janis mit seinem Rollstuhl. Ich war einfach Janis."

"Furcht.Los" lautet das Motto des KBW für das kommende Jahr. Da passt es, dass das Bildungswerk in Zusammenarbeit mit dem Einrichtungsverbund Steinhöring den Hamburger Wirtschaftsstudenten eingeladen hatte. Denn Furchtlosigkeit ist eines der Attribute, die McDavid wohl am besten beschreiben. "Ich kann viel mehr, wenn ihr mich nicht behindert und selbst wenn ihr mich behindert, finde ich einen Weg." So sieht und sagt das McDavid.

Unbeschwert und humorvoll erzählte der junge Mann in Steinhöring von seiner Kindheit. Erst im Alter von acht Jahren habe er zu spüren bekommen, "dass da bei mir was anders ist". Denn sein Spiegelbild passte nicht mit der Vorstellung, die er von sich selbst hatte, zusammen: "Wir hatten einen neuen Garderobenspiegel im Hausflur, an dem ich vorbeigehüpft bin." In diesem Moment habe er das erste Mal gesehen, wie es aussieht, wenn er sich bewege. "Das fand ich ziemlich befremdlich, merkwürdig und schockierend."

Zuerst habe er das Gesehene verdrängt, er habe versucht, seine Bewegungen anzupassen, um so normal wie irgendwie möglich auszusehen. "Ich wollte in der Öffentlichkeit keine Treppe mehr hochlaufen oder mich ohne Rollstuhl bewegen." In der Pubertät, so der Autor weiter, habe er es dann mal mit Prothesen versucht, aber er habe schnell festgestellt, dass das für ihn nicht die Lösung war. "Ich habe zwar geübt und geübt und habe auch Laufen gelernt. Aber es war einfach zu kompliziert. Ich verstehe bis heute nicht, wie man auf zwei Beinen das Gleichgewicht halten kann", sagt er lachend und beglückwünscht die Zuhörer für diese Leistung.

Was McDavid dabei geholfen hat, durchzuhalten und seinen Weg zu gehen? "Ich habe mir immer eine Liste gemacht, auf der ich aufgeschrieben habe, wo ich dank meiner Behinderung im Vorteil war", erklärteJanis McDavid. "Ich musste kein Geschirr abspülen oder abtrocknen. Ich musste nicht schnell irgendwo etwas für meine Eltern oder Geschwister holen und ich brauchte keine Schuhe." Durch die Liste habe er festgestellt, nicht immer nur benachteiligt zu sein, erinnerte sich der 24-Jährige. Heute studiert er an der Universität Witten und bereitet sich auf seine Abschlussarbeit vor. Die Uni verlange von ihren Studierenden selbständiges Arbeiten und Denken und "ermutigt uns dazu, unser Leben selbst zu organisieren, dies entspricht meinem Denken", sagte McDavid, der ein Buch über seine Erfahrungen geschrieben hat. Es trägt den Titel "Dein Bestes Leben - vom Mut über sich hinauszuwachsen".

Seine Leidenschaft ist da Reisen: Seit vielen Jahren tourt er mit Freuden in seinem Sprinter und mit seinem Hightech-Rollstuhl durch ganz Europa und reist auch in die entferntesten Länder, nach Brasilien, Namibia, Vietnam oder Island. "Ich liebe es, andere Länder und Kulturen kennen zu lernen. Außerdem ist es die beste Möglichkeit, anderen zu zeigen, dass man mit körperlichen Herausforderungen keineswegs ans heimische Sofa gefesselt ist!" Ein Hightech-Rollstuhl und ein speziell umgebautes Auto machen McDavid mobil und lassen ihn spannende Geschichten erleben, die er einfühlsam und mit verschmitztem Humor mit den Zuhörern teilte."Ich denke nicht in Grenzen, sondern in Möglichkeiten. Ich bin zwar noch ein junger Student, aber ich habe Erfahrungen mit vielen unmöglichen Situationen." Zum Schluss gab Janis McDavid seinen Zuhörern noch eine Aufgabe mit auf den Weg: "Überwinden Sie Ihre eigenen Grenzen, sorgen Sie im Sinne der Menschen mit Behinderung für bessere Barrierefreiheit, auch im Kopf. Machen Sie Unmögliches möglich."

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