SPD-Nachwuchs:Egmatingerin will oberbayerischen Juso-Vorsitz

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Schon als Sechsjährige war Magdalena Wagner bei Wahlkampfauftritten ihres Vaters dabei. Seit 2014 ist sie selbst im Egmatinger Gemeinderat vertreten. Nun will sie an die Spitze der oberbayerischen Jusos. (Foto: OH)

Magdalena Wagner bewirbt sich um den obersten Posten beim SPD-Nachwuchs. Ein Thema liegt ihr dabei besonders am Herzen.

Von Victor Sattler, Egmating

Wann ist die beste Zeit, um sich an eine neue politische Rolle heranzuwagen? Wenn gerade alles wie geschmiert läuft und man sicheren Boden unter den Füßen hat - oder wenn das Land seit Monaten in der Regierungsbildung begriffen ist, wenn das Vertrauen in Koalitionspartner auf Bundes- und Landesebene verloren scheint und neue Pfade beschritten werden müssen?

Für Magdalena Wagner (SPD) steht fest: "Man muss Chancen dann ergreifen, wenn sie sich einem bieten." Deshalb kandidiert die 26-jährige Egmatinger Gemeinderätin, die zu allem Überfluss auch noch mitten im Lehrreferendariat steckt, am 18. Februar für den Vorsitz der Jungsozialisten (Jusos) Oberbayern, die Jugendorganisation der SPD. "Klar, es gäbe deutlich entspanntere Phasen dafür!", ist sich Wagner bewusst und lacht nach einem langen Schultag in einem Gymnasium im Bayerischen Wald. Aber letztlich habe ihre Motivation, die Anliegen der Jugendpartei als Vorsitzende in SPD-Gremien vorbringen und umsetzen zu dürfen, jegliche Zweifel überwogen.

Die Jusos Oberbayern sprechen sich ausdrücklich gegen eine große Koalition im Bund aus, denn die Zusammenarbeit von Union und SPD sei "mit einem riesen Batzen an verlorenen Wählerstimmen" im September abgewählt worden, so Wagner, außerdem seien die Regierungspartner der vergangenen vier Jahre, die CDU und CSU, für das Erstarken der Rechtspopulisten mitverantwortlich. Auch darüber herrsche Konsens bei den Jusos.

Als Nachfolgerin von Josef Parzinger, dem Magdalena Wagner bisher als Stellvertreterin zur Seite stand, würde sie neben Standpunkten zur Bundespolitik aber auch persönliche Akzente in das Amt bringen. Zum Beispiel Verbesserungsvorschläge für das Bildungssystem: Die studierte Mathematiklehrerin und Schulpsychologin kennt die hohen Belastungen des achtjährigen Gymnasiums aus ihrer tagtäglichen Konfrontation damit, der Beratungsbedarf bei Schülern, Eltern und Lehrern sei groß. "Wie alle Lehrer haben auch Schulpsychologen weit mehr Arbeit als Schulstunden zur Verfügung, aber die vier Wochenstunden für die Beratung sind noch mal besonders knapp bemessen", kritisiert Wagner.

Workshops gegen Stammtisch-Parolen

Vor einer Klasse steht Magdalena Wagner aber nicht nur im Gymnasium, sondern auch in den "Aufstand gegen Rassismus"-Workshops, die sie gibt, in denen sie vermitteln will, wie man rechten Stammtisch-Parolen gekonnt Paroli bietet. In dieser Rolle fühlt sie sich gut aufgehoben in der SPD, die 1933 als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz am Anfang der nationalsozialistischen Diktatur stimmte, wie Wagner betont.

Auch 2018 soll ihre Partei sich gegen Faschismus wehren: "Im Alltag ist man erst mal sprachlos bei manchen Sachen, die gesagt werden", seufzt sie, "aber man kann lernen, schneller bessere Gegenargumente zu finden." Diskussionstechniken wie etwa den "Whataboutism" will Wagner so entlarven, bei dem das Gegenüber durch eine wahllose Erwähnung von Missständen ("Und was ist mit...?") eine sachliche Antwort auf die Argumente schuldig bleibt. "Manchmal kann es aber auch Energieverschwendung sein, sich auf eine Diskussion einzulassen", erkennt die junge Gemeinderätin, der Kontext sei stets ausschlaggebend für die Entscheidung zwischen spontaner Courage und abprallen lassen.

Bloß bei Vater Bernhard Wagner (SPD) sei eine Debatte ausnahmslos immer gut investiert. Nachdem die Tochter schon mit sechs Jahren ihren ersten Wahlkampfauftritt bestritt, mit zum Shooting und mit aufs Wahlplakat durfte, hielt 16 Jahre später dasselbe Gesicht dann auch für die eigene Kampagne her - und heute nimmt Wagner an Gemeinderatssitzungen mit ihrem Vater und Dritten Bürgermeister Bernhard teil. "Am Anfang hatte er durch sein Vorwissen noch einen Vorsprung", sagt sie und lacht, "aber mittlerweile sind wir im Gespräch gleichberechtigt. Oft sind wir eh schon einer Meinung, aber einmal stimmt er mich um und einmal ich ihn."

Magdalena Wagners Hauptengagement in ihrer politischen Karriere soll die Chancengleichheit werden. Mit der "Ehe für alle" und dem Hashtag #metoo bekämen die Rechte von gleichgeschlechtlichen Paaren und Frauen im vergangenen Jahr nun endlich die nötige Aufmerksamkeit, findet Wagner, es sei dabei aber "noch lang nicht alles rosig". Anders als eine spezialisierte Arbeitsgruppe befassen sich die Jusos mit dem ganzen Spektrum politischer und gesellschaftlicher Themen, diesen "bunten Blumenstrauß" will Wagner als Vorsitzende dann auch in die Gremien tragen.

Aber man darf sich von der blumigen Formulierung nicht täuschen lassen, denn um Anbiederung geht es ihr dabei nicht: "Wir Jusos verstehen uns als kritisch-konstruktiv und wir wollen mit unserer Kritik wahrgenommen werden. Wir gehören innerhalb der Partei zu den Linken und Sozialisten", betont sie nachdrücklich. Vor allem die Union und die sich langsam abzeichnende Koalitionsregierung mit ihr zusammen kritisiert die Sozialdemokratin Wagner scharf. Mit einer Minderheitsregierung von CDU/CSU wäre es ihrer Meinung nach deutlich leichter, endlich wieder auf "echte Inhalte" zu pochen. Aber: Für solche Inhalte will Wagner, sollte sie als Vorsitzende der Jusos gewählt werden, so oder so sorgen.

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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