Solidariät mit Pfarrer Ndjimbi-Tshiende:Zorneding leuchtet

Mit einer Kundgebung und einer Lichterkette zeigten sich rund 3000 Menschen solidarisch mit dem zurückgetretenen Pfarrer Ndjimbi-Tshiende. Doch nur ein Grünen-Gemeinderat sprach an, dass die CSU daran nicht ganz unschuldig ist

Von Karin Kampwerth, Zorneding

Am Ende versagt Bianka Poschenrieder die Stimme. Sie verlas einen bewegenden Brief einer Gruppe polnischer und deutscher Jugendlicher, die sich gerade in Auschwitz aufhalten. Die Auszubildenden hatten von den Ereignissen in Zorneding gehört, auch davon, dass ein anonymer Briefeschreiber Pfarrer Olivier Ndjimbie Tschiende an den Ort wünschte, der zum der Sinnbild der menschenverachtenden Schreckensherrschaft der Nazis im Zweiten Weltkrieg wurde. "Man kann so einen Drecks-Satz heute nicht mehr sagen, ohne dass einem laut und deutlich von vielen, vielen Menschen widersprochen wird", zitierte Poschenrieder die jungen Leute. Und weiter: "Deswegen stehen wir alle heute Abend zusammen. Auch wir werden in der Gedenkstätte in Auschwitz-Birkenau mit unseren Kerzen ein Teil Eures Widerspruchs und Eurer Hoffnung sein, dass Menschen nie wieder andere Menschen nach Auschwitz schaffen, dass nie wieder Antisemitismus und Rassismus Deutschland beherrschen."

Für einen kurzen Moment war es mucksmäuschenstill im Zornedinger Rathauspark, nur ein Flugzeug fliegt über den Ort und blinkt mit den Landungsscheinwerfern, als wolle es grüßen. "Wir senden ein Signal in die ganze Welt hinaus, dass wir Rassismus entgegentreten und gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit sind", rief Poschenrieder den rund 3000 Menschen zu, darunter viele Bürgermeister, Landrat Robert Niedergesäß (CSU), die Landtagsabgeordneten Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD), der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz, die bayerische SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen und Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause. Sie alle zeigten sich solidarisch mit dem Pfarrer, der nach fünf Morddrohungen am vergangenen Sonntag seinen Rücktritt erklärt und am Montag noch die Gemeinde verlassen hatte - wohl auch deshalb so schnell, wie Gottfried Holzmann vom Pfarrgemeinderat St. Martin sagte, weil ihn das darauf folgende Medieninteresse überrannt habe. Nun verliere man einen Pfarrer, der als Seelsorger im Einsatz für die Menschen geschätzt wurde. Auch Manfred Groß, Pfarrer der evangelischen Philippuskirche, ergriff das Wort. Er sei "zutiefst beschämt", dass Ndjimbi-Tshiende nur aufgrund seiner Hautfarbe beleidigt und geschmäht worden sei. "Vor Gott sind alle Menschen gleich", sagte Groß unter dem Applaus der Besucher, von denen viele Plakate mitgebracht hatten. "Olivier, wir stehen hinter dir" oder "Mein Zorneding ist bunt", war darauf zu lesen.

Mit Spannung erwartet wurde der Redebeitrag von Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU). "Hoffentlich findet er die richtigen Worte", sagte eine Kundgebungsteilnehmerin und meinte eine klare Aufforderung an die ehemalige CSU-Ortsvorsitzenden Sylvia Boher, auch ihr Gemeinderatsmandat niederzulegen. Stattdessen verlas Mayr eine Solidaritätsadresse, die der Gemeinderat geschlossen an Pfarrer Ndjimbie-Tshiende geschickt habe und in der es heißt, dass "wir uns schämen für das unwürdige und inakzeptable Verhalten einiger Menschen".

Umso mehr Applaus erhielt der Grünen-Gemeinderat Moritz Dietz. Als einziger stellte er den Zusammenhang mit den hetzerischen Kommentaren von Sylvia Boher im Parteiblatt Zorneding Report und den Drohungen gegen den Pfarrer her. "Solche Äußerungen von gewählten Vertretern, die ein politisches Ehrenamt bekleiden, führen dazu, dass Stimmungen angeheizt und Unkultur Tür und Tor geöffnet wird", sagte Dietz an einem Abend, der versöhnlich mit einer Lichterkette endete, die zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche gespannt wurde.

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