Sicherheit:Man wird sehen

Vaterstettens Gemeinderat will Videoüberwachung an den Bahnhöfen, doch der Schienenkonzern kommt nicht in die Gänge

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Filmproduktion ist mitunter ein mühsames Geschäft - wie nun auch der Vaterstettener Gemeinderat erfahren musste. Im Februar hatte sich das Gremium mehrheitlich für eine Videoüberwachung an den Bahnhöfen ausgesprochen, nun gab es dazu einen ersten Zwischenbericht. Demnach wird es mindestens noch ein Vierteljahr dauern, bis klar ist, ob überhaupt eine solche Überwachungsmaßnahme in Baldham und Vaterstetten möglich ist.

Ob sie nötig ist, darüber gehen die Meinungen auseinander - auch unter Experten. So teilte etwa die Bundespolizei, die für die Sicherheit an Bahnhöfen zuständig ist, der Gemeinde mit, dass weder die Station Baldham noch die in Vaterstetten "polizeilich auffällige Haltestellen" seien. Mit der Folge, dass die Deutsche Bahn als Eigentümerin der Stationen nicht beabsichtigt, "in absehbarer Zeit eine Videoüberwachung an den beiden Haltepunkten zu installieren".

Was man trotzdem unbedingt tun sollte, so zumindest die Stellungnahme der Kollegen der Poinger Inspektion. Dort verweist man auf die präventive Wirkung, laut Statistik sei "an videoüberwachten Örtlichkeiten ein spürbarer Rückgang der Kriminalitätsbelastung zu verzeichnen". Wobei die von der Polizei mitgeschickte Einsatzstatistik hauptsächlich Delikte aus dem Bereich Kleinkriminalität auflistet. So gab es etwa heuer in Vaterstetten 13 Polizeieinsätze, zwölf wegen geklauter Fahrräder und einen wegen Sachbeschädigung. In Baldham waren es fünf geklaute Fahrräder, drei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und immerhin ein Fall von Raub - der einzige in den vergangenen drei Jahren.

Auch im Gemeinderat und durch die Fraktionen ist die Überwachung umstritten. Die CSU sei selbstverständlich sehr für die Videokameras, betonte im Februar Fraktionschef Michael Niebler. Auch Herbert Uhl (FW) ist ein bekennender Fan von Überwachung, wie er in der Sitzung im Februar und nun auch wieder erklärte. Strikt gegen das Beobachten der Bürger ist dagegen sein Fraktionskollege Wolfgang Schermann. Auch die Grünen zeigten sich Anfang des Jahres grundsätzlich skeptisch, man stimme lediglich der Erarbeitung eines Überwachungskonzeptes zu, hieß es damals, wolle das aber nicht als Blankoscheck für das Aufstellen von Kameras verstanden wissen.

Seitens der SPD erinnerte man im Februar an vergangene schlechte Erfahrungen mit Kameraüberwachung. So hatte die Gemeinde 2013 einen Pilotversuch gestartet, um die Vermüllung an den Wertstoffinseln zu verringern. Mit höchst bescheidenem Erfolg: Die Vermüllung ging nicht zurück und auch bei der Ergreifung der Schmutzfinken war die Kameraüberwachung wenig hilfreich. Gerade sieben Müllsünder wurden in einem halben Jahr Überwachung ausfindig gemacht. Der Versuch wurde schließlich auch aus Kostengründen nicht fortgesetzt, dafür hätte die Betreiberfirma 300 Euro pro Monat und Kamera verlangt.

Wie viel die Gemeinde für die Kameras an den Bahnhöfen wird bezahlen müssen, steht noch nicht fest. Laut Ordnungsamtsleiter Andreas Ruoff stehen zwei Varianten zur Auswahl. Entweder die Gemeinde beantragt bei der Bahn, dass sie auf deren Grund selbst Videokameras installieren darf. Oder die Bahn bringt Kameras an und stellt die Kosten dafür der Gemeinde in Rechnung. Diese Lösung hätte den Vorteil, so Ruoff, dass sie mit wesentlich weniger Aufwand für die Verwaltung verbunden sei. Denn würde die Gemeinde selbst die Kameras aufstellen und betreiben, müsste sie etwa die "datenschutzrechtliche Zulässigkeit" prüfen lassen. Auch müsste die Gemeinde selbst eine Betreiberfirma finden, eventuell wäre dazu sogar eine Ausschreibung nötig. All dies würde bei der anderen Variante die Bahn übernehmen.

Deren zuständige Stelle - die Abteilung Station und Service - habe auf Anfrage erklärt, dass die Bahn grundsätzlich bereit sei, selbst Kameras auf Kosten der Gemeinde zu installieren. Aktuell würden beim Schienenkonzern entsprechende Modelle ausgearbeitet. Bis diese vorliegen, könne es aber noch etwas dauern, laut Ruoff wolle die Bahn "bis zum ersten Quartal 2018 konkrete Angebote machen". Dann soll auch feststehen, wie umfangreich die Überwachung ausfallen und vor allem was sie kosten wird.

Ende März will die Verwaltung daher erneut bei der Bahn nachfragen, ob und wie eine Videoüberwachung an den Bahnhöfen umzusetzen ist. Sobald ein konkretes Angebot vorliegt und die Kosten feststehen, soll das Thema erneut im Gemeinderat diskutiert werden. Dass sich durch die Kameras aber künftig jede Form von Kriminalität an den Haltepunkten vermeiden lasse, sei unwahrscheinlich, so Ruoff: "Wegen eines Fahrraddiebstahls werden die Kameras von der Bundespolizei sicher nicht ausgewertet."

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