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Serie: Der Sport im Ort: Nach einem dreifachen Kreuzbandriss ist Katharina Lang zwar nicht auf den Rollstuhl angewiesen, sie spielt aber inzwischen Rollstuhlbasketball - in der Nationalmannschaft und für ihr College in den USA.

Nach einem dreifachen Kreuzbandriss ist Katharina Lang zwar nicht auf den Rollstuhl angewiesen, sie spielt aber inzwischen Rollstuhlbasketball - in der Nationalmannschaft und für ihr College in den USA.

(Foto: Claus Schunk)

Wegen ihrer schweren Knieverletzungen muss Basketballerin Katharina Lang ihre Körbe inzwischen aus dem Rollstuhl werfen. In der neuen Sportart hat die Kirchseeonerin mittlerweile den Sprung in die USA geschafft

Von Laura Heide

Drei Kreuzbandrisse hintereinander - ist da eine Basketballkarriere überhaupt noch zu retten? "Klar habe ich mich sehr über die Kreuzbandrisse geärgert, doch dann kam mein ehemaliger Trainer mit einem interessanten Angebot auf mich zu", beschreibt Katharina Lang das Ende ihrer alten und den Beginn ihrer neuen Leidenschaft. Mit fünf Jahren begann ihre Karriere im Fußgängerbasketball - so wird die Sportart für Nichtbehinderte genannt -, doch dann die drei Rückschläge und ein Knieschaden, der zunächst die sportliche Karriere beendete. "Mein früherer Trainer trainierte inzwischen die Rollstuhlbasketballmannschaft in München und fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, einzusteigen."

Ein Anruf in Alabama im Südosten der USA. Die Kirchseeonerin Katharina Lang hat gerade das morgendlichen Training hinter sich, durchs Telefon hört man ihre Mitspielerinnen kichern. Die 25-Jährige erzählt, dass es ihr anfangs nicht leicht gefallen ist, da die neue Sportart "wahnsinnig schwer zu lernen war". Anstatt zu stehen und zu laufen, passiert nun alles im Sitzen. Im Rollstuhlbasketball ist man in einem Stuhl festgeschnallt und kann daher weder springen noch Kraft über die Beine aufbauen. Man muss lernen, dass 85 Prozent über die Arme passiert. Für Katharina Lang war das auch deshalb neu, weil sie im Alltag nicht wie andere Mitspieler auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie kann gehen, aber eben keinen Hochleistungssport mehr betreiben.

Dass sie sich schnell an die neuen Umstände gewöhnte, beweist ihr steiler Aufstieg: Obwohl sie erst seit drei Jahren Rollstuhlbasketball spielt, ist sie im Sommer auf Teneriffa Vizeeuropameisterin geworden. Unmittelbar danach kam der nächste große Schritt: Nach einem Probetraining im College-Team der University of Alabama, entschied sich die gebürtige Münchnerin, dem Ruf des dortigen Trainers zu folgen. "Neue Auslandserfahrungen zu machen - das ist immer gut", rechtfertigt sie ihre Entscheidung, Kirchseeon im vergangenen Sommer verlassen zu haben. "Ich bin eigentlich ein sehr heimatverbundener Mensch und vermisse natürlich meine Familie und guten Freunde, mit ihnen durch München zu schlendern. Und natürlich mein altes Team."

Ein bisschen Heimat hat sie jedoch in den Vereinigten Staaten, denn neben ihr stehen zwei Nationalmannschaftskolleginnen im Kader der University of Alabama. "Wir drei Deutschen machen natürlich viel zusammen, unter anderem kochen wir ganz gerne mal gemeinsam, denn das deutsche Essen fehlt uns allen." Es gibt zwar eine deutsche Bäckerei in ihrer Nähe, doch "die haben leider kein gutes deutsches Brot." Auch ein "gemütliches Abendessen" sei aufgrund der Unterschiede in der Essenskultur nicht in der Art und Weise möglich, wie Katharina Lang es aus Deutschland kennt. Insgesamt fühle sie sich aber sehr wohl in der neuen Heimat, erklärt sie fröhlich. "Im Großen und Ganzen ist der Sport sehr ähnlich, bis auf ein paar Unterschiede, was die Regeln betrifft. Beispielsweise hat man für einen Angriff 30 Sekunden Zeit, in Deutschland waren es immer 24, das war natürlich eine Umstellung für mich." Außerdem dürfe man bei einem Einwurf innerhalb der Verteidigungszone stehen, was in Deutschland verboten ist.

"Der Unisport ist hier sehr verbreitet, darum spiele ich hier auch in der Collegemannschaft und in der Collegeliga", erklärt Lang, während im Hintergrund ihre Teamkolleginnen zu hören sind. Die 25-Jährige glaubt, dass das schlichtweg an der Anzahl der Athleten liegt. Das Unisport-System hat ihrer Meinung nach viele Vorteile: Es gibt eine ganze Halle nur für Behindertensport und ein eigenes Gebäude für Rollstuhlbasketball. Selbst der Stundenplan im College sei mit den Trainingszeiten abgestimmt, wobei das tägliche Training in aller Früh von 5.30 bis 7.30 Uhr stattfinde. Dafür gebe es einen angestellten Fitnesstrainer und neben dem Team- und Individualtraining dreimal die Woche extra Krafttraining. "Alles ist hier sehr professionell, generell werden Rollstuhlfahrer anders akzeptiert als in Deutschland und die Leute sind ihnen gegenüber offener", sagt Katharina Lang.

Die Kirchseeonerin räumt aber auch selbst ein, dass sie früher anders mit Rollstuhlfahrern umgegangen ist. "Es ist normal, dass man sie vielleicht ein bisschen anders angeschaut hat. Hier bin ich viel offener geworden." So hätte sie vor ihrem USA-Aufenthalt nicht gedacht, dass Rollstuhlfahrer auch feiern können, erklärt sie und betont, dass sie sehr zufrieden mit ihrem Team sei. "Trotzdem bin ich immer wieder froh, nach dem Training aus dem Stuhl aufzustehen, was viele Mitspielerinnen nicht können."

Obwohl sie viel Zeit mit dem Training verbringt, hat die Basketballerin keine Probleme, Sport und Studium unter einen Hut zu bekommen. "Das Studium hier ist nicht vergleichbar mit dem in Deutschland. In den USA werden Fächer wie Musik oder Geografie erst im College unterrichtet und nicht in der Schule", erklärt sie. Das kommt ihr natürlich zugute, weil sie in diesem Jahr in ihrem Sport noch einiges vorhat: Im März möchte sie mit ihrem Team "National Champion" werden, vom 16. bis 26. August steht dann die Weltmeisterschaft in Hamburg an. Bei der WM im eigenen Land wolle sie auf jeden Fall spielen, sagt sie - und das beste mit der Nationalmannschaft rausholen.

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