Sepp Maier in Hohenlinden:Autogrammstunde mit einer Legende

Rekord-Torwart Sepp Maier ist zu Gast beim Sportfest der Hohenlindener Grundschule.

Von Joseph Hausner, Hohenlinden

Sepp Maier sitzt auf einem gelben Holzstuhl - der ihm viel zu klein ist. Maier sitzt so tief, dass es schon fast komisch aussieht. Eigentlich nehmen Sechs- bis Zehnjährige auf diesen Stühlen Platz, die Kinder der Grundschule Hohenlinden. Jetzt tollen sie in der Turnhalle herum, während Torwartlegende Maier Autogramme schreibt. Es herrscht ein hoher Geräuschpegel, die Kinder sind aufgedreht, spielen miteinander. Schließlich steht kein normaler Unterrichtstag an, sondern das große Sport- und Schulfest mit einem prominenten Ehrengast. Dass dieser Gast ein Prominenter ist, das musste den Schülern jedoch erst einmal erklärt werden.

"Das ist der Sepp Maier. Der im roten T-Shirt", bedeutet Schulleiter Reinhold Sporer seinen Schützlingen, während der mittlerweile 70-Jährige, der in Hohenlinden wohnt, an der Grundschule ankommt. Im Hintergrund laufen Fußballlieder wie "Schwarz und weiß" oder "54, 74, 90, 2006". Diese 74 im Song der Sportfreunde Stiller hat Deutschland unter anderem Sepp Maier zu verdanken. "1974, vor genau 40 Jahren, hat er mit der Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft gewonnen", klärt der Schulleiter auf. 40 Jahre - eine Ewigkeit für einen Grundschüler. Die Fußball-Idole der heutigen Generation heißen Schweinsteiger, Neuer oder Götze, nicht mehr Seeler, Beckenbauer oder Maier.

"Sepp Maier habe ich vorher noch nicht gekannt", erzählt etwa die zehnjährige Anja, die selbst seit Jahren im Fußballverein aktiv ist. "Aber er war ein perfekter Fußballspieler." Das zumindest habe sie in Vorbereitung auf den heutigen Tag im Unterricht gesagt bekommen. "Die meisten Kinder kannten Maier nicht, bevor wir ihnen erklärt haben, wer heute überhaupt zu unserem Fest kommt", bestätigt Patricia Pollak, die stellvertretende Schulleiterin.

Damit die Schüler das auch während der Autogrammstunde nicht vergessen, ist hinter Sepp Maier eine große Stellwand positioniert, die seine größten Erfolge auflistet: Europameister 1972, Weltmeister 1974, Rekord-Torhüter der Nationalmannschaft. Viermal deutscher Meister und DFB-Pokal-Sieger mit dem FC Bayern, mit dem er auch mehrmals den Europapokal der Landesmeister gewann. 2008 hängte Maier seine Tätigkeit als Torwarttrainer beim FC Bayern an den Nagel und zog sich aus dem aktiven Fußball zurück. Da waren die jüngsten Grundschüler gerade einmal geboren - kein Wunder also, dass viele Kinder die Torwartlegende nicht mehr kennen. Auch viele Eltern sind an diesem Tag an die Grundschule gekommen. Zum einen, weil sie ein kaltes Buffet für das Schulfest vorbereitet hatten und den musikalischen Beiträgen lauschen wollten. Zum anderen bestimmt auch, weil Sepp Maier für deren Generation sehr wohl noch ein Idol ist. So stehen viele Eltern während der Autogrammstunde neben dem Rekordtorhüter und fotografieren fleißig.

Sepp Maier in Hohenlinden: Viel zu schreiben hat Sepp Maier beim Schulsportfest in Hohenlinden. Schüler und Eltern wünschen sich Autogramme des Rekord-Torwarts.

Viel zu schreiben hat Sepp Maier beim Schulsportfest in Hohenlinden. Schüler und Eltern wünschen sich Autogramme des Rekord-Torwarts.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Seinen Namen hatte ich schon mal gehört", sagt auch die neunjährige Clara. Wer hinter diesem steckt, habe sie davor aber nicht gewusst. "Auf jeden Fall ist er sehr nett", lächelt sie. Diesen Eindruck gewinnen auch die anderen Schüler. Maier sucht Kontakt, erzählt auch private Geschichten aus seiner Schulzeit. Er kann sichtlich gut mit den Kindern umgehen. Als die Schüler von ihrem Sportfest berichten, fragt der Ex-Torwart mehrmals nach: "Mit dem Heuler musstet ihr werfen, was ist denn das?" Gemeint sind Wurfraketen, die einen heulenden Laut von sich geben. Auch Geländelauf, Mattenweitsprung und Wendesprint waren Teil des alternativen Sportfestes, schildern die Grundschüler. "Also unsere Disziplinen damals waren ganz einfach Weitsprung, Laufen und Schlagballschmeißen" entgegnet Maier augenzwinkernd.

Bereitwillig schreibt er Hunderte Autogramme, gut 20 Meter lang ist die Schlange teilweise. Viele Kinder sind gerade im WM-Fieber und lassen sich ihre Deutschland-Trikots signieren. Auch Fußballschuhe, Autogrammkarten, Torwarthandschuhe und sogar einen eingegipsten Arm unterzeichnet der Rekordtorwart. Ein schwarzes DFB-Trikot stellt ihn jedoch vor größere Herausforderungen: "Schwarzer Stift, schwarzes Trikot, das wird schwierig."

Der zehnjährige Ben gehört zu den Schülern, denen Sepp Maier sehr wohl schon vorher ein Begriff war. "Ich kenne ihn aus diesem Buch", sagt er und hält es in die Höhe. "Die musst du kennen - Die besten Fußballspieler aller Zeiten" lautet der Titel des Buches, das er sich heute signieren lassen will. Sepp Maier ist darin eine extra Seite gewidmet, die er schon eingemerkt hat. "Außerdem sehe ich ihn ab und zu mit dem Hund hier in Hohenlinden spazieren gehen", verrät er.

Ursprünglich war geplant, dass die Grundschüler gemeinsam mit Maier einen Fußball-Parcours durchlaufen. Doch dieser Plan wurde verworfen,. "Die Kinder wollen lieber frei spielen, und das ist auch richtig so", meint Maier dazu. Er selbst spiele kein Fußball mehr, sagt er am Rande. "Irgendwann muss man auch mal aufhören können." Seine Leidenschaft für den Sport hat er natürlich trotzdem nicht verloren, bei der Weltmeisterschaft fiebert er gerade wieder mit. Nach Brasilien fliegt er dafür jedoch nicht. "So viel ist mir der Fußball nicht mehr wert, als dass ich jetzt extra runterfliegen würde", stellt er klar. "Wenn du acht Weltmeisterschaften live miterlebt hast, brauchst du irgendwann nicht mehr dabei sein", sagt Sepp Maier. "Heute reicht mir der Fernseher."

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