Schülerlotsen:Schutzengel in Gelb

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Schülerlotsen sichern den Schulweg, doch die Organisatoren tun sich immer schwerer, Freiwillige zu finden

Von Daniela Weichselgartner, Ebersberg

Vor dem Hintergrund des grauen Regentages sticht die neongelbe Warnweste des Lotsen umso klarer hervor. Das ist auch gut so, denn seine Aufgabe ist es, die vorbeifahrenden Autos mit einer Kelle aufzuhalten, um den Schulkindern ein sicheres Queren zu ermöglichen. Und das natürlich auch bei Regen.

Sich bei Wind und Wetter an die Straße zu stellen, ist nicht jedermanns Sache. Die Organisatoren ringen um neue Freiwillige. Während früher bei den Elternabenden "immer noch ein paar Finger nach oben gingen", habe das Interesse, in den letzten Jahren abgenommen, erzählt Doris Rauscher, die seit 18 Jahren verantwortlich für die Ebersberger Schülerlotsen ist. Sie sieht den Grund hierfür unter anderem darin, dass heute mehr Eltern berufstätig sind und für die Lotsentätigkeit häufig kein freies Zeitfenster finden. Andere beenden ihr Engagement wenn die eigenen Kinder dem Grundschulalter entwachsen sind.

Durch den Wegfall etablierter Helfer steht in manchen Gemeinden die Besetzung aller Übergänge auf der Kippe, so zum Beispiel in Anzing. Dort hofft Sabine Belmer, die in der Gemeindeverwaltung zuständig für die Schulweghelfer ist, auf Verstärkung zum nächsten Schuljahr.

Dabei leisten Schulweghelfer eine sehr wichtige Aufgabe, denn Eltern wollen, dass Sicherheit und Selbstständigkeit ihrer Kinder vereinbar sind. Durch die Lotsen können die Jungen und Mädchen allein den Schulweg bestreiten, ohne dass die Eltern vor Sorge krank werden. Die Bedenken sind nicht unberechtigt. Beispielsweise garantiert eine Ampel allein keinen sicheren Überweg, sagt Klaus Lehmann, der sechs Jahre Erfahrung als Schulweghelfer hat. Dass vor dem Übergang noch einmal so richtig Gas gegeben wird, kennt er zur Genüge und auch, dass das rote Licht überfahren wird, musste er in der vergangenen Woche erst dreimal erleben.

Eine Lösungsmöglichkeit ist der Einsatz von Flüchtlingen. Zum einen lässt sich der dringende Bedarf an Schülerlotsen ausgleichen, zum anderen wird Integration gefördert. "Die Akzeptanz der Asylbewerber auf der Straße wird erhöht", erzählt Silke Wübbena-Schiegl, die für die Grundschule Grafing die Lotsen organisiert. Auch Doris Rauscher freut sich über ein "buntes Bild auf der Straße". Dass sich auch die Flüchtlinge über die neue Aufgabe freuen, zeigt sich am Beispiel von Abdou Myassi, der aus dem Senegal kommt. Er wolle sich lieber in die Gesellschaft einbringen, als dass ihm zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, sagt er und erzählt, dass es ihm viel Spaß mache, die Kinder sicher über die Straße zu geleiten.

So schön es klingt, es ist leichter gesagt als getan, Flüchtlinge einzusetzen. Sie werden häufig in andere Gemeinden verlegt. Dadurch entstehen mancherorts kurzfristige Engpässe, weil die Asylbewerber meistens mehrere Schichten übernehmen. So steht beispielsweise Abdou Myassi fünfmal die Woche in Ebersberg mit der Kelle bereit. Dort werde es außerdem durch den Einsatz von Flüchtlingen erst möglich, die besonders gefährlichen Übergänge mit zwei Personen zu besetzen, sagt Doris Rauscher. So leistet der 24-Jährige einen wertvollen Beitrag für die Allgemeinheit, worüber er sich sehr freut.

Wer sich zum kommenden Schuljahr engagieren möchte, kann sich bei den zuständigen Gemeinde melden. Sie sind entweder selbst für die Lotsen verantwortlich oder verweisen an die zuständigen Organisatoren.

© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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