Schüler demonstrieren gegen Neonazis:Spontandemo gegen braune Parolen

Große Bestürzung in Grafing: Neonazis beschmierten in der Nacht zwei Schulen mit Hakenkreuzen, SS-Symbolen und Nazi-Parolen. 1400 Schüler starteten daraufhin sofort einen Protestmarsch durch die Stadt.

Thorsten Rienth

Entsetzen in Grafing bei München: In der Nacht zum Mittwoch haben Unbekannte das Gymnasium und eine Wand gegenüber der Mittelschule mit zahlreichen Hakenkreuzen, SS-Symbolen und Nazi-Parolen beschmiert. Das Gymnasium stoppte am Mittwochmorgen gleich in der ersten Stunde den Unterricht und startete wenig später einen Protestmarsch durch die Stadt.

"Dem Deutschen Volke - vergast alle Juden", "Heil dem Führer" und "Sieg Heil" sprayten die Täter an eine Wand am Pausenhof der Mittelschule. Am Gymnasium lasen Schüler und Lehrer "Tod den Moslems", "Sterbt ihr Ausländer" oder "Ich hasse euch" - mit der Rechtschreibung nahmen sie es nicht allzu genau.

Die Schüler des Gymnasiums reagierten prompt. Per Durchsage rief die Schülermitverwaltung auf, sofort Plakate und Transparente zu basteln. "Engagieren statt Beschmieren" schrieben die Schüler, "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" oder "Rechtsabbieger fahren falsch!" Mit dem Pausenbeginn um 10 Uhr startete beinahe die gesamte Schüler- und Lehrerschaft zum Protestmarsch um den Marktplatz. An ein Durchkommen für Autos war für knapp eine halbe Stunde nicht mehr zu denken.

"Großartig, wie ihr damit so eindrucksvoll zeigt, dass ihr euch mit diesem Dreck nicht identifiziert", rief Rektor Harald Parigger seinen Schülern bei der anschließenden Kundgebung im Pausenhof zu. "Die, die das geschrieben haben, verdienen nicht nur unsere Strafe, sondern auch unser Mitleid!" Der Rest seiner Rede ging im tosenden Beifall unter.

Beeindruckt von der spontanen Reaktion seiner Mitschüler war auch der erst 15-jährige Schülersprecher des Gymnasiums, Grischa Eder. "Ich bin stolz, an einer Schule zu sein, die mit so einem Dreck nichts zu tun hat", brüllte er mit heiserer Stimme.

Auch in der Grafinger Mittelschule waren die Schmierereien sofort Thema. "Die Schüler haben die ersten Stunden dafür genutzt, ihre Gefühle auf Plakaten auszudrücken", sagte die Rektorin Susanne Böhm. Daraus wolle man nun eine Ausstellung konzipieren.

Das Kommissariat Staatsschutz der Kripo Erding geht von mehreren Tätern aus. Es ermittelt wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole - und Sachbeschädigung.

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