Schlechte Chancen:Enttäuscht über Platz 19

Warum Grünen-Kreisrätin Waltraud Gruber bei der Landtagswahl weit hinten auf der Liste kandidieren muss

Georg Reinthaler

Schlechte Chancen: Waltraud Gruber ist Direktkandidatin der Grünen im Landkreis für den bayerischen Landtag. Ob sie dort aber einen Sitz erringen wird, ist fraglich, denn bei der Wahl um die guten Listenplätze war die Aßlingerin nicht erfolgreich.

Waltraud Gruber ist Direktkandidatin der Grünen im Landkreis für den bayerischen Landtag. Ob sie dort aber einen Sitz erringen wird, ist fraglich, denn bei der Wahl um die guten Listenplätze war die Aßlingerin nicht erfolgreich.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Die Enttäuschung bei Waltraud Gruber über ihr schlechtes Abschneiden bei der Aufstellung der Kandidatenliste der oberbayerischen Grünen für die Landtagswahl ist groß: "Ich war wohl von Beginn an chancenlos." Um zu verstehen, wie das Ergebnis für die Ebersberger Direktkandidatin am Wochenende in Rosenheim letztlich zustande gekommen ist, muss man mehrere Einflussfaktoren beachten. Da geht es längst nicht nur um taktische Spiele der prominenten Mitbewerber, sondern auch um das Wahlsystem im Allgemeinen sowie die ganz speziellen parteiinternen Eigenheiten bei den Grünen im Regierungsbezirk.

Die Aßlinger Umweltingenieurin Waltraud Gruber tritt am Sonntag selbstbewusst ans Rednerpult und hat ab diesem Moment maximal sieben Minuten Zeit, um die mehr als 140, von den oberbayerischen Grünen-Kreisverbänden entsendeten, Delegierten in der Halle von sich und ihren politischen Inhalten zu überzeugen. Es geht um nicht weniger als den siebten Listenplatz auf der Kandidatenliste für die Landtagswahl im September. Wer diesen inne hat, darf sich berechtige Hoffnungen auf den Einzug ins Maximilianeum machen, auch wenn das Direktmandat nicht gewonnen wird. Trotz konstant verbesserten Wahlergebnissen sind die Kandidaten der Grünen bislang immer an dieser Hürde gescheitert und müssen auf viele Zweitstimmen hoffen. Nur in Kombination mit einem vorderen Listenplatz ist dann auch für Bewerber aus den kleineren bayerischen Parteien tatsächlich ein Landtagsmandat möglich.

Waltraud Gruber berichtet über Erfolge und Erfahrungen aus ihrer langjährigen ehrenamtlichen Amtszeit als Bezirks- und Kreisrätin. Die Kandidatin verzichtet bewusst darauf, wie mehrere Redner vor ihr, verbal auf die schwarz-gelbe Landesregierung einzuschlagen, und bietet einen trotz des engen Zeitrahmens inhaltlich umfassende und stimmige Vorstellungsrede. Am Ende wird sie mit intensivem Applaus bedacht.

Aber Waltraud Gruber muss gegen prominente Mitbewerberinnen antreten. Unter ihnen befindet sich etwa Helga Stieglmeier, die Vorsitzende des benachbarten Erdinger Kreisverbands. Überraschend im Kampf um Platz drei gegen die Rosenheimer Kandidatin Claudia Stamm gescheitert, hofft die Mitinitiatorin des Bürgerentscheids gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen nun ebenfalls auf den siebten Listenplatz. Die Landtagsabgeordnete Susanna Tausendfreund spricht über prügelnde Polizisten und ihre markigen Worte wirken an diesem Nachmittag offenbar besser auf die Delegierten. So unterliegt Waltraud Gruber bereits im ersten Wahlgang deutlich.

In diesem Moment beginnt ein spezieller Mechanismus zu greifen. Dieser hängt eng zusammen mit dem Delegiertenschlüssel, nach welchem den einzelnen Kreisverbänden ihre zu vergebenden Stimmen je nach Mitgliederzahl zugeteilt werden. Hier haben alle Regionen außerhalb der Landeshauptstadt als Hochburg der oberbayerischen Grünen traditionell einen Nachteil. Und so ist ohne die Delegierten aus Stadt und Kreis München kaum eine eigene Mehrheit möglich. Diese setzen sich wenig überraschend für ihre Wunschkandidaten ein. Auf der anderen Seite fördert die in den grünen Parteistatuten festgelegte Quotierung der Listenplätze indirekt einen Absturz. Weil für alle ungeraden Plätze nämlich ausschließlich Frauen kandidieren dürfen, fechten die Männer die geraden unter sich aus. Verliert man als Kandidatin also eine Abstimmung, fällt man daher automatisch gleich um zwei Plätze zurück. Waltraud Gruber unterliegt noch in fünf weiteren, frustrierenden Wahlgängen, ehe sie schließlich auf Platz 19 gewählt wird.

"Ich muss zugeben, dass ich sehr enttäuscht bin und mir natürlich ein besseres Ergebnis gewünscht hätte", erklärt Waltraud Gruber. Sie habe mit ihrer Kandidatur für Platz sieben ein Zeichen setzen und ihr ernsthaftes Streben nach einem Landtagsmandat unterstreichen wollen. "Im Wahlkampf wird eben nicht gekuschelt, aber ich lasse mich nicht entmutigen". Sie setzt auf den Rückhalt durch den Ebersberger Kreisverband und hofft: "Die Reihenfolge der Liste wird schließlich ja durch die Wähler verändert und bei der letzten Bezirkstagswahl bin ich deshalb auch nach vorne gekommen."

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