Scheren gegen die Hitze:Von Schafskälte keine Spur

Der Sommer ist endlich da - die Schafe leiden unter den aktuellen Temperaturen. Doch Robert Hagenreiner hat ein Gegenmittel.

Florian Haller

Das Thermometer zeigt 20 Grad, es ist schwül und Gewitter liegt in der Luft. Wetter, das Schafe überhaupt nicht mögen. Etwa 2500 solcher Tiere gibt es laut Veterinäramt im Landkreis Ebersberg. "Schafe fühlen sich am wohlsten, wenn wir uns am unwohlsten fühlen, also bei Kälte", erklärt Rainer Mehringer, Bio-Landwirt und Schafhalter. "Stellen Sie sich vor, Sie haben im Sommer drei Pelzmäntel an und überall fliegen Insekten herum. Genau so fühlen sich die Schafe derzeit. Deshalb und um Verfilzungen in der Wolle zu vermeiden, wollen wir sie heute erleichtern." Wie man Schafe - nach dem Hund die älteste Haustiere der Welt - von ihrer Wolle befreit, führte Mehringer am Montagabend vor dem Waldmuseum in Ebersberg interessierten Zuschauern vor.

Scheren gegen die Hitze: Der Sommer ist endlich da - nur Schafe leiden in ihrem Wollkleid unter den aktuellen Temperaturen. Doch Robert Hagenreiner hat ein Gegenmittel.

Der Sommer ist endlich da - nur Schafe leiden in ihrem Wollkleid unter den aktuellen Temperaturen. Doch Robert Hagenreiner hat ein Gegenmittel.

(Foto: Christian Endt)

Drei Euro kostet das Scheren in etwa pro Tier, drei Kilo Wolle trägt ein Schaf auf seinen Schultern. Verkaufen kann der Besitzer die Wolle anschließend für gerade einmal einen Euro oder sogar noch weniger - ein großes Verlustgeschäft. "Darum ist Wolle für Schafhalter eher ein Hindernis und nichts, woran wir verdienen können", klärt Mehringer das Missverständnis auf, wonach Schafe vor allem wegen der Wolle gehalten werden. Bis in die sechziger Jahre war die Wolle noch die Hauptertragsquelle. Aber die Zeiten sind schon lange vorbei. Seit der Preis für Wolle ins Bodenlose gefallen ist, dienen Zuchtschafe nur noch zur Fleisch- und Milchproduktion und Landschaftspflege.

Nebenan steht Robert Hagenrainer. Er ist seit knapp 20 Jahren Schafscherer und rasiert mehrere tausend Tiere im Jahr. Sein mobiler Arbeitsplatz erinnert an einen Galgen, der auf einem Holzbrett steht. Von oben herab hängt das Kabel mit der elektrischen Schere. "Am wichtigsten ist, dass man beim Scheren auf die Haut des Schafes achtet", sagt Hagenrainer und beginnt zügig, aber vorsichtig den Pelz abzuschneiden. "Es dürfen sich keine Falten bilden, sonst verletzt man das Tier. Die Haut ist extrem dünn." Nach der Rasur bekommen die Schafe von Mehringers Frau Michaela noch ein Entwurmungsmittel verabreicht und die Klauen geschnitten.

An den robusten, schneckenförmigen Hörnern packt Mehringer den nächsten Bock, zieht ihn aus dem Gehege und legt das Tier mit dem Rücken auf die Arbeitsfläche. Das Tier verfällt in eine Sitzstarre und kann sich nicht mehr aufrichten. Wieder ertönt das Surren der Schere. Gespannt schaut das Dutzend Anwesende zu, wie sich der Mantel langsam vom Körper löst. Als die Schafe wieder zurück auf die Weide kehren, sehen sie so aus, wie sie sich vermutlich fühlen: um ein paar Kilo erleichtert.

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