Reden wir über:Fluchtrouten und Schleusernetze

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Carolina Phillips aus Poing hat ein Buch über Asylhilfe geschrieben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Carolina Phillips aus Poing hat im Selbstverlag ein Buch über Asylhilfe geschrieben. Mit der SZ spricht sie über ihre Erfahrungen.

Interview von Anja Blum

Carolina Phillips ist viel herumgekommen. Geboren wurde sie in Portugal, ihr Vater stammt aus Finnland, die Mutter aus Frankreich. Dort verbrachte Phillips nach der Trennung der Eltern ihre Jugend. Später lebte sie in den USA und in England. Seit 2009 wohnt die 41-Jährige mit ihrem Mann, einem Australier, und ihren zwei Söhnen in Deutschland. Vor drei Jahren initiierte sie den Helferkreis in Poing. Die Erfahrungen dieses Engagements beschreibt Phillips nun in ihrem Buch "Haltestelle Poing, die Asylbewerber und ich - eine Leidenschaft".

Frau Phillips, überall haben sich Helferkreise gebildet. Wieso war es Ihnen ein Anliegen, darüber zu schreiben?

Weil man so viele negative Geschichten hört. Da wollte ich zeigen, dass die Leute keine Angst haben müssen vor dem Unbekannten, vor fremden Kulturen. Flüchtlinge sind Menschen wie wir. Sie streben nach Sicherheit und Freiheit, fragen um Hilfe. Und wir sollten da sein.

Warum haben Sie beschlossen, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren?

Ganz einfach: Ich wollte helfen. Außerdem ist es mir wichtig, verschiedene Kulturen zusammenzubringen, denn Mischung bedeutet immer eine Bereicherung. Das habe ich durch meine Familie schon früh erlebt.

Die aktuelle Veröffentlichung ist bereits ihr zweites Buch?

Ja, das erste heißt "Minztee bis Maori Tattoo!" und ist ein Bericht von einer Weltreise. Damals habe ich alles hinter mir gelassen und bin alleine mit dem Rucksack durch den Nahen Osten, durch Afrika, Neuseeland und noch mehr Länder gereist. Das war ein so tolles Erlebnis, dass ich es unbedingt mit anderen teilen wollte.

Wie würden Sie ihr neues Werk, erschienen im Selbstverlag, denn beschreiben?

Es ist ein Erfahrungsbericht, der die ganze Wahrheit über die Flüchtlingsarbeit zeigt. Ich erzähle also nicht nur von schönen, beglückenden Momenten, sondern auch von negativen, von den Problemen, die es gibt.

Ist das Buch rein autobiografisch oder hat es auch fiktionale Züge?

Nein, daran ist nichts fiktional. Es beinhaltet meine eigenen Erfahrungen, aber auch Flüchtlinge aus Poing kommen zu Wort, erzählen ihre persönlichen Geschichten. Anonymisiert, versteht sich, alles andere wäre zu gefährlich. Dazu gibt es Hintergrundinfos, zum Beispiel über die Herkunftsländer, über Fluchtrouten und Schleusernetzwerke, aber auch über die Hürden der deutschen Bürokratie.

Haben Sie das Schreiben gelernt?

Nein, ich habe eigentlich Biologie studiert (lacht). Aber ich habe in meinem Leben gelernt, dass wir eigentlich alles tun können, wenn wir nur wollen. Und ich suche beim Schreiben nicht nach Perfektion: Ich habe einfach versucht, aus meinen Notizen ein Buch zu machen - und es ist gelungen.

Haben die Erfahrungen in der Flüchtlingshilfe Sie persönlich verändert?

Ich bin noch offener geworden. Außerdem fühle ich mich stärker. Man trifft dabei so viele tolle Leute, Helfer und Flüchtlinge mit großem Herzen - das gibt einfach Hoffnung. Dies ist kein verlorener Kampf.

"Haltestelle Poing, die Asylbewerber und ich - eine Leidenschaft": Die Buchpräsentation mit Carolina Phillips findet am Samstag, 16. Juli, um 15 Uhr im Familienzentrum Poing (Bürgerstraße 1) statt. Verfügbar ist es unter ISBN 9783741210341.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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