Prozess vor dem Amtsgericht:Missbrauch gefördert

Weil er Kinderpornos verbreitet hat, muss ein 49-Jähriger ein Jahr und neun Monate ins Gefängnis

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Ganz am Schluss schien dem Angeklagten ein Licht aufzugehen. In einem teilweise schluchzend vorgebrachten Appell wandte er sich an die Richterin, ihn doch nicht ins Gefängnis zu schicken - indes vergeblich. Ein Jahr und neun Monate Haft ohne Bewährung lautete schließlich das Urteil des Amtsgerichts Ebersberg für den Besitz und die Verbreitung hunderter Kinderpornos.

Dabei handelte es sich, wie der Staatsanwalt ausführte, um besonders extreme Darstellungen. Kinder, teilweise nicht älter als ein Jahr, werden auf den Bildern und Videos von erwachsenen Männern missbraucht. Taten, die der Angeklagte durch sein Verhalten gefördert habe, so der Staatsanwalt. Auf die Spur gekommen sind die Ermittler dem Angeklagten und seinen Tauschpartnern, weil sie die Kinderpornos relativ offen auf der leicht abzuhörenden Kommunikationsplattform Skype verschickt hatten.

2015 wurden Ermittler aus Aachen auf die Pornobörse aufmerksam und damit auch auf den nun in Ebersberg Angeklagten. Das Verfahren gegen diesen zieht sich bereits seit mehr als einem Jahr - was nicht zuletzt an seiner mangelnden Kooperation lag. Der 49-jährige Berufskraftfahrer aus dem westlichen Landkreis war bereits Anfang vorigen Jahres in der gleichen Sache vor dem Amtsgericht gestanden. Dabei verweigerte er jegliche Aussage, die Verhandlung wurde schließlich ausgesetzt, um das Gutachten eines Psychologen einzuholen.

Dies hatte einige Zeit gedauert - und blieb weitgehend ergebnislos. Denn, wie aus der verlesenen Stellungnahme des Gutachters hervorging, hatte der Angeklagte auch ihm gegenüber die Zusammenarbeit weitgehend verweigert. Trotzdem kam der Experte zu dem Ergebnis, dass der 49-Jährige "keine abnorme Persönlichkeitsstörung" aufweise und voll schuldfähig sei. Was ihm aber fehle, so der Psychologe weiter, sei Einsichtsfähigkeit.

Dafür spricht auch, dass der Angeklagte wegen ähnlicher Taten - dem Besitz und der Weitergabe von Kinderpornos - bereits vorbestraft ist. 2006 erhielt er dafür eine sechsmonatige Haftstrafe, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ebenfalls als bedenklich bewertete das Gericht eine weitere Vorstrafe des Angeklagten, die Weitergabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige. Dies alles ergebe ein ungutes Muster, befand die Richterin und fragte den Angeklagten nach seiner Bereitschaft, eine Therapie zu beginnen. Das wäre "schon ok" erwiderte der, konnte aber nicht erklären, warum er nicht von sich aus in den vergangenen zweieinhalb Jahren seit Erhebung der Anklage etwas in die Richtung unternommen hatte.

Zumindest legte der Angeklagte diesmal ein Geständnis ab, im Gegenzug fällt die Strafe nicht höher als ein Jahr und zehn Monate aus. Dies hatten Richterin, Staatsanwalt und Verteidiger in einem Gespräch hinter verschlossenen Türen ausgehandelt. Genau diese Strafhöhe beantragte der Staatsanwalt - und zwar ohne Bewährung, schließlich sei der Angeklagte Wiederholungstäter, habe durch seine fehlende Therapiebereitschaft und Reue keine gute Sozialprognose und außerdem nur das gestanden, was ihm ohnehin zu beweisen war.

Der Verteidiger beantragte dagegen eine Bewährungsstrafe. Die Beweisbarkeit einer Tat entwerte das Geständnis nicht, so der Advokat, außerdem habe sich der 49-Jährige in den vergangenen zweieinhalb Jahren nichts mehr zuschulden kommen lassen. Als Auflage solle dem Angeklagten gemacht werden, endlich eine Therapie zu machen. Der schien erst in diesem Moment den Ernst der Lage zu begreifen, hastig bemühte er sich zu betonen, dass ihm alles "wahnsinnig leid" tue, er so etwas nie wieder tun wolle und sich eigentlich vor Kinderpornos ekle.

Was die Richterin nicht überzeugte, sie schickte den 49-Jährigen ins Gefängnis, wenn auch für etwas kürzere Zeit, als vom Staatsanwalt beantragt. Eine Bewährung sei allerdings nicht möglich, sowohl wegen der einschlägigen Vorstrafe, als auch der offenbar mangelnden Einsicht des Angeklagten, dass er dringend eine Therapie machen sollte.

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