Probemessungen:Auf der Suche nach den Geheimnissen des Untergrunds

Lesezeit: 2 min

Noch immer ist die Ursache der Erdbeben in Poing unklar. Forscher aus Hannover wollen nun prüfen, ob eine 3D-Seismik Aufklärung bringen könnte

Von Barbara Mooser, Pliening/Poing

Das Gerät sieht aus wie ein Schubkarren mit etwas unförmiger Beladung. Tatsächlich aber bringt der sogenannte Schwingungsanreger das Erdreich minimal zum Vibrieren - und soll so den Erdbebenforschern vom Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik helfen, den Vorgängen im Boden unter Pliening und Poing genauer auf den Grund zu gehen. Geplant sind vom 20. bis zum 23. März Probemessungen auf einer Trasse auf Plieninger Gemeindegebiet. Diese seismische Erkundung soll zeigen, ob eine groß angelegte Studie, die die Ursachen der Erdbeben der jüngsten Zeit erhellen soll, überhaupt realisierbar ist.

Das wäre nämlich der Plan von Inga Moeck. Die Leiterin der Sektion Geothermik und Informationssysteme des Leibniz-Instituts in Hannover ist schon länger mit den Poinger Erdbeben befasst, sie hat im Auftrag des Bayernwerks, dem Betreiber der Poinger Geothermie, auch bereits ein erstes Gutachten dazu erstellt. Weil allerdings die vorhandene Datengrundlage zu schlecht war, konnte sie darin nicht eindeutig feststellen, ob tatsächlich die Geothermie - wie von vielen vermutet - die leichten Erdbeben im Poinger und Plieninger Raum in den vergangenen zwei Jahren ausgelöst hat. Aufschluss bringen könnte aber eine umfassende 3D-Seismik, mit der sich genau untersuchen lässt, wie der Untergrund beschaffen ist. Dass eine solche 3D-Seismik sinnvoll wäre, hatte Moeck auch schon bei einer Informationsveranstaltung zu den Erdbeben und zur Geothermie erklärt, die im November in Poing stattfand.

Die Probemessungen im März sollen zweierlei Erkenntnisse bringen: ob die Methode rund um Poing und Pliening überhaupt funktioniert und ob die tektonischen Störungen oberflächennah abgebildet werden können. Eine Erforschung des Epizentrums, das in mehreren Kilometern Tiefe liegt, ist damit nämlich nicht möglich. Wie Moeck erläutert, werden durch den Schwingungsanreger seismische Wellen ausgesandt. Die Art und Weise wie diese Signale reflektiert werden, lässt Schlüsse auf den Aufbau des Untergrunds zu. Das ist vergleichbar mit der Echolotung, wie sie auf Schiffen zur Messung der Meerestiefe verwendet wird - nur dass es sich eben nicht um Schall sondern um seismische Wellen handelt. "In der Regel funktioniert so etwas in der Münchner Schotterebene sehr gut", erläutert Moeck. "Besteht die oberste Schicht aber beispielsweise aus Seesedimenten oder Tonen, kann es passieren, dass alle Signale geschluckt werden."

Drei Tage lang wollen die Forscher im März mit ihren Geräten nach Poing kommen. Neben dem schubkarrenähnlichen Schwingungsanreger werden sie einen Kleinbus mitbringen, der eine etwa 120 Meter lange Sensormesskette hinter sich herzieht. In der Messkette befinden sich Schwingungsempfänger, die die Bewegungssignale aus dem Untergrund in schwache elektrische Impulse umwandeln und zum Messfahrzeug übertragen.

Gemessen werden soll auf der Tratmoosstraße, ein paar hundert Meter vom westlichen Ortsrand Plienings entfernt. Denn obwohl das Erdbeben in Poing am stärksten bemerkt wurde, wird davon ausgegangen, dass die Störung im Untergrund auf Plieninger Flur liegt. Laut Moeck sind von der Messung keinerlei Beeinträchtigungen zu erwarten - weder Erschütterungen, noch Lärm. Interessierte sind aber willkommen, sich an Ort und Stelle selbst ein Bild von den Erkundungen zu machen. Auch darüber hinaus ist es Moecks Ziel, die Forschungen in Poing und Umgebung transparent zu machen.

Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden befürworten die Untersuchungen: "Ich kann das nur unterstützen", sagt Poings Bürgermeister Albert Hingerl. "Wir sollten alles tun, um so schnell wie möglich die Ursache für die Beben herauszufinden." Ähnlich sieht das sein Kollege im Plieninger Rathaus, Roland Frick: "Ich bin froh, dass man das jetzt macht." Das Wasser aus der Poinger Geothermiebohrung werde schließlich auf Plieninger Flur zurück in den Boden geleitet, auch von den Erdbeben sei Pliening ebenfalls betroffen gewesen. Die Untersuchungen sollten daher nun unbedingt zur Aufklärung der Bevölkerung beitragen.

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: