Priviligierungs-Problem:Steiniger Weg zur Entscheidung

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Auf diesem Acker am Hohenlindener Ortsrand könnte bald nach Kies gegraben werden - der Gemeinderat ist dagegen, wird aber zustimmen müssen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Hohenlindener Gemeinderat vertagt den Beschluss über eine weitere Kiesgrube - am Ende muss das Gremium wohl zustimmen

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden

Aufgeschoben aber nicht aufgehoben hat der Gemeinderat einen Antrag eines Forstinninger Unternehmers zum brisanten Thema Kiesabbau. Brisant deshalb, weil eigentlich die Mehrheit im Gremium dem Vorhaben skeptisch gegenüber steht, aber keine Möglichkeit hat, das Projekt zu verhindern. Innerhalb der nächsten drei Monate muss der Gemeinderat nun endgültig Stellung nehmen.

Zur Debatte stand ein Antrag auf Abgrabungsgenehmigung von 100 000 Kubikmeter Kies auf einer ein Hektar großen Abbaufläche. Diese liegt an der Ebersberger Straße in Neustockach zwischen dem Ebersberger Forst und der Umgehungsstraße B 12 am Ortsrand von Hohenlinden. Dort sollen innerhalb von zwölf Jahren jährlich je 8500 Kubikmeter mit etwa 850 Kiestransporten abgebaut werden. Nach dem Abbau der 100000 Kubikmeter Kies soll die Kiesgrube innerhalb von drei Jahren wieder befüllt und rekultiviert werden, damit die Flächen 15 Jahre nach Abbaubeginn landwirtschaftlich genutzt werden können. Gemeinderatsmitglied Rudi Woidich (CSU) forderte zusätzliche Informationen dazu, nach seinem Antrag wurde der Tagesordnungspunkt vertagt.

Aktuell gibt es keine Handhabe gegen das Vorhaben

Die Gemeinde hat aber keine andere Wahl, als dem Antrag des Unternehmers zuzustimmen, weil das Vorhaben privilegiert ist. Theoretisch gäbe es auch bei solchen Projekten die Möglichkeit der Ablehnung, dazu wäre aber eine Überarbeitung des Flächennutzungsplanes erforderlich. Dies hatte man in der Gemeinde zwar vor einiger Zeit diskutiert und sich auf die Erstellung eines Konzepts zur Festlegung einer Vorrangfläche für den Kiesabbau geeinigt. Dies ist allerdings ins Stocken geraten, weshalb der Gemeinderat derzeit keine rechtliche Handhabe hat, um Wildwuchs beim Kiesabbau zu beenden und den Kiesabbau auf bestimmte Flächen zu lenken.

"Bei dem Vorhaben handelt es sich um einen Eingriff in die Flure der Gemeinde, unsere Kiesvorratsfläche ist aber noch nicht rechtskräftig", fasste Bürgermeister Ludwig Maurer (CSU) das Problem zusammen. Sein Stellvertreter Thomas Riedl (CSU) vermutete im Zusammenhang mit den geplanten Kiesvorrangflächen nun bei Grundbesitzern "Torschlusspanik". Offenbar werde versucht, die künftigen bindenden Vorgaben der Gemeinde noch auf die Schnelle zu umgehen. Für Riedl unverständlich, es würden gute Flächen für den Kiesabbau auf die Schnelle "geopfert". Riedl teilte mit, dass er den Kiesabbauantrag des Forstinninger Unternehmers wohl ablehnen werde, er bedauere, dass das Verfahren der Gemeinde zu den Vorrangflächen noch nicht weit genug sei, um den Kiesabbau in die richtigen Bahnen zu lenken. Riedl ärgerte sich auch über die Argumentation eines vom Antragsteller beauftragten Landschaftsarchitekten, der schützenswerte Blickbeziehungen von der geplanten Abbaustelle zum Ort anzweifelte: "Es gibt dort durchaus wichtige Blickbeziehungen", sagte der zweite Bürgermeister. Alois Grabl (CSU) forderte vor einem Beschluss eine rechtliche Prüfung des Vorhabens, denn "wir wollen Kieskonzentrationsflächen ausweisen, die obsolet wären, wenn wir das beantragte Abbaugebiet so genehmigen".

Die Gemeinde setzt auf Kompromisse mit dem Antragsteller

Bürgermeister Maurer räumte ein, dass die Gemeinde eigentlich den Kiesabbau auf eine nördlicher gelegenen Vorrangfläche am Forst konzentrieren wolle. Doch da die eigenen Kiesvorrangflächen bisher im Verfahren noch nicht zum Erfolg geführt werden konnten, seien der Gemeinde wegen der Privilegierung des Kiesabbaus im Kontext mit dem Abbauantrag derzeit wohl die Hände gebunden. Der Antrag könne zwar zurückgestellt werden, aber eben nur maximal drei Monate, dann müsse die Gemeinde Stellung nehmen um nicht von der Genehmigungsbehörde im Landratsamt überstimmt zu werden.

Wolfgang Hutterer (ÜWH) brachte es auf den Punkt: "Wir haben schlechte Karten, wir könnten nur versuchen, mit dem Antragsteller vernünftig zu reden." Barbara Meyer (ÜWH) fügte an, dass die Gemeinde das nun für den Abbau beantragte Areal für eine künftige Zufahrt zu den geplanten gemeindlichen Vorrangflächen bräuchte und die Zufahrt durch das beantragte Abbaugebiet beeinträchtigt werden könnte. Der Antragsteller teilte dazu als Besucher im Sitzungssaal mit, dass er zu Gesprächen mit der Gemeinde beim Thema Zu- und Ausfahrt bereit sei. Allerdings wolle er den Kiesabbau "zeitnah" beginnen und keine unnötigen Verzögerungen hinnehmen. Sein Antrag habe gute Erfolgsaussichten, wie ihm vom Landratsamt auf Nachfrage gesagt worden sei: "Es schaut so aus, als wäre der Kiesabbau dort genehmigungsfähig, ich bin aber gerne bereit mit dem Straßenbauamt und der Gemeinde über die Zu- und Abfahrten zu sprechen", so der Antragsteller.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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