Privilegiertes Bauen:Güllegrube neben Gotteshaus

Kriche Kronacker wg. neuer Güllegrube

Ländliche Idylle: Neben der Kirche Sankt Johannes in Kronacker laufen die Hühner im Freien. Doch die Nähe zum Bauernhof bringt auch Probleme mit sich. Der Landwirt wird jetzt neben dem Gotteshaus eine Güllegrube bauen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Filialkirche in Kronacker steht direkt neben einem Bauernhof. Das stellt den Hohenlindener Gemeinderat immer wieder vor pikante Entscheidungen

Von FRanziska Langhammer, Hohenlinden

Manche Bauten lassen schon aus Prinzip schwerlich ein Nebeneinander zu: Kinderspielplatz neben Autobahn, Schule neben Swingerclub - oder Güllegrube neben Kirche. Eben jene Nachbarschaft stand jedoch kürzlich auf der Tagesordnung des Hohenlindener Gemeinderates. Weil der Antrag des bauenden Landwirts alle rechtlichen Kriterien erfüllte, musste der Güllegrube zugestimmt werden - auch wenn nicht jeder den Beschluss aus voller Überzeugung mittragen konnte. Bei dem Gotteshaus handelt es sich um die Filialkirche Sankt Johannes in Kronacker, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bauernhof von Leonhard Pointner steht, einem ehemaligen Hohenlindener Gemeinderatsmitglied (CSU). Westlich der Kirche wurde bereits vor 38 Jahren eine Güllegrube gebaut; nun soll auch auf der östlichen Seite ein Jauchebehälter errichtet werden.

"Wir haben uns schon gefragt, ob sich das verträgt, weil dort auch der einzige Zugang zur Kirche ist", sagt Hohenlindens Bürgermeister Ludwig Maurer (ÜWH). So wäre es schade, wenn sich etwa der Besuch eines Abendgottesdienstes in der ehemaligen Pfarrkirche mit Jauchegeruch verquicken würde. Der Landwirt habe jedoch zugesichert, dass die Güllegrube mit einem Betondeckel geschlossen würde, so Maurer: "Wir hoffen, dass es so zu möglichst wenig Emissionen kommt." Maurer sagte, er sei selbst Landwirt und wisse daher: Privilegierung muss sein, um die Landwirtschaft weiterzuentwickeln. Privilegierung bedeutet, dass Landwirte auf ihrem Grund, wenn er denn außerhalb des Ortsgebietes liegt, landwirtschaftliche Vorhaben ohne große Genehmigungsverfahren vorantreiben dürfen. Bürgermeister Maurer wandte jedoch auch ein: "Ich kann mir vorstellen, dass es auch andere Alternativen für den Standort gegeben hätte." Vielleicht wäre es beispielsweise sinnvoller gewesen, die Güllegrube 20, 30 Meter weiter östlich zu bauen.

Auch CSU-Gemeinderat Alois Grabl gibt zu, dass es nicht die ideale Lösung ist, eine Güllegrube vor der Kirche zu haben. "Aber die Güllegrube muss so nah wie möglich am Stallbereich sein", sagt er, "man kann sie nicht verhindern." Er rechne mit wenig Geruchsbelästigung, da die Grube komplett zugedeckelt würde und zudem mit Erde überdeckt; außer dem Deckel würde man also nichts davon zu sehen bekommen. Grabl betonte: "Wir sind landwirtschaftlich geprägt, und wir sind froh, dass es noch Landwirte gibt."

Ebenso sieht es die fraktionslose Gemeinderätin Johanna Seitz: "Ich denke, wir sollten froh sein, noch Landwirte in unserer Gemeinde zu haben, die stets bemüht sind, die neuen Verordnungen und Auflagen zu erfüllen."Die bereits bestehende Güllegrube sei nur 20 Meter von der Kirche entfernt, und bisher seien keinerlei Beschwerden darüber bekannt. Außerdem würde auch die Sicht auf die Kirche durch die neue Güllegrube nicht beeinträchtigt werden, "weil sie bündig mit dem Gelände verläuft", so Seitz.

"Da gibt es nichts zu diskutieren, er darf das machen", findet Hildegard Fröhlich, ÜWH-Gemeinderätin. Natürlich hätte auch sie die Jauchegrube lieber an anderer Stelle gesehen, aber wenn es nicht anders gehe, dann eben so. Außerdem sei es wichtig, dass Landwirte nicht an den Rand gedrängt würden, so Fröhlich: "Und Herr Pointner ist einer der letzten Landwirte in unserer Gemeinde." Sie hoffe, dass Kirche und Bauernhof weiterhin in guter Nachbarschaft leben: Immerhin existiere die Kirche schon seit 1250 Jahren, und der landwirtschaftliche Betrieb auch schon mehrere Jahrhunderte.

"Wo soll ich sie denn sonst hinbauen?", entgegnet Leonhard Pointner, um dessen Antrag es geht, auf Anfrage der SZ: "Es gibt keine andere sinnvolle Möglichkeit." Die neue Gülleverordnung zwinge ihn dazu. Laut dieser dürfen Landwirte weniger Jauche als bisher auf ihren Äckern ausbringen; daher brauchen sie nun mehr Lagerplatz für die Ausscheidungen ihrer Nutztiere. "Ich habe keine Alternative", so Pointner.

Die Vertreter der Kirche wollen sich zu diesem Thema nicht äußern - was wohl mit der anstehenden 1250-Jahr-Feier der Kirche im September zusammenhängt, vermutet Bürgermeister Maurer. Zu diesem Anlass, zu dem auch der Weihbischof anwesend sein wird, werden derzeit aufwendige Sanierungsarbeiten an dem in die Jahre gekommenen Gotteshaus durchgeführt; die Anfahrt zu den Bauarbeiten erfolgt eben über das Grundstück des benachbarten Bauern Pointner. Diese Harmonie wolle man wohl so kurz vor dem großen Jubiläum nicht stören, so Maurer.

Eine Verschandelung des pittoresken Kirchleins wurde in den vergangenen Jahren schon des Öfteren gefürchtet. 2006 etwa wollte Pointner einen 60 Meter langen Rinderstall am Hang direkt neben der Kirche errichten. Unter anderem weil dadurch das Ortsbild an dieser Stelle unzumutbar beeinträchtig würde, verweigerte damals der Gemeinderat sein Einverständnis. Auch die Erweiterung des Zuchtbetriebs mit intensiver Tierhaltung sowie der Bau einer Hackschnitzel-Heizanlage im Jahr 2010 wurde kontrovers diskutiert, schließlich jedoch von der Gemeinde genehmigt.

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