Polizei:Toter bei Messerattacke in Grafing Bahnhof - Täter hatte offenbar psychische Probleme

  • Ein 27-jähriger Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit ist am Regional- und S-Bahnhof im oberbayerischen Grafing bei München unvermittelt mit einem Messer auf mehrere Männer losgegangen.
  • Ein 56-Jähriger kam bei der Attacke ums Leben, drei weitere Männer wurden verletzt.
  • Nach ersten Ermittlungen hatte der 27-Jährige aus Hessen offenbar psychische und auch Drogenprobleme. Das LKA hat eine Soko "Messerattacke Grafing Bahnhof" eingerichtet, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes und Mordversuchs. Das teilte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann mit.
  • Zunächst hatten Hinweise auf eine politische Motivation schließen lassen.

Von Anja Blum, Katharina Blum, Thorsten Rienth und Susi Wimmer

Fast die komplette Haltestelle in Grafing Bahnhof scheint Tatort zu sein, nur noch über einen schmalen Zugang kommen die Menschen zu den Zügen. Die S-Bahn, in der der Täter auf einen 56-Jährigen aus Wasserburg einstach, steht auf Gleis 1. Wer nun zu den anderen Bahnsteigen will, muss direkt vorbei an einem Ort des Grauens. Überall klebt Blut. Daneben rote Fußspuren. Jemand - wohl der Täter - ist barfuß durch das Blut gelaufen. Daneben liegen zerknüllte, blutige Einmalhandschuhe von Helfern.

Bei der Messerattacke im Ortsteil Grafing Bahnhof der Stadt Grafing bei München ist ein Mann ums Leben gekommen. Der 56-Jährige wurde von dem Angreifer so schwer verletzt, dass er wenig später im Krankenhaus starb.

Nach bisherigen Ermittlungen stach ein 27-Jähriger aus Hessen gegen 4:50 Uhr am Bahnsteig, in einer S-Bahn sowie am Bahnhofsvorplatz unvermittelt auf mehrere Männer ein. Neben dem getöteten Opfer erlitt ein weiterer Mann schwerste Verletzungen und schwebt in Lebensgefahr. Zwei weitere Opfer wurden leichter verletzt. Es handelt sich um drei Männer im Alter von 58, 43 und 55 Jahren.

Der 27-Jährige deutscher Staatsangehörigkeit hatte nach ersten Ermittlungen offenbar psychische und auch Drogenprobleme. Das teilte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nach einer Kabinettssitzung in München mit. Der Mann, der kurz nach der Attacke festgenommen wurde, habe seine Tat eingeräumt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Mordes und Mordversuchs, das Landeskriminalamt hat eine Soko "Messerattacke Grafing Bahnhof" eingerichtet. Spuren von Rauschgift wurden an einem Behältnis gefunden, das am Tatort sichergestellt wurde.

Keine Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund

Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund haben die Ermittler nach Angaben Herrmanns bisher nicht. Der Staatsschutz habe bislang keine Erkenntnisse über den 27-Jährigen. Es werde aber geprüft, ob ein politischer Hintergrund vorliege. Auf der anderen Seite berichtete Herrmann aber, dass der Mann zuletzt wegen psychischer Auffälligkeiten und wegen Drogenkonsums in Erscheinung getreten sei. Herrmann sagte weiter, dass der Mann vor zwei oder drei Tagen der Polizei in einem anderen Bundesland aufgefallen sei, weil er sich "ungewöhnlich" aufgeführt habe. Weitere Details nannte er nicht. Dies habe aber "zu keinen weiteren polizeilichen Maßnahmen geführt".

Zunächst hatten Ermittler bestätigt, dass der Täter während des Angriffs "Allahu akbar" ("Allah ist der Größte") gerufen haben könnte. "Der Täter hat Äußerungen am Tatort getätigt, die auf eine politische Motivation schließen lassen", erklärte auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft München II, Ken Heidenreich. Diese Äußerungen seien "wohl mit islamistischem Hintergrund".

Niemand spricht, alle starren schockiert in die Luft

Den Passanten in Grafing Bahnhof ist am Morgen das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Niemand spricht, lacht oder schaut auf sein Handy, alle starren schockiert in die Luft. "Ich stech' euch alle ab", soll der Täter geschrien haben, erzählt einer, der mit Augenzeugen gesprochen hat. Der Lokführer habe versucht, den Angreifer mit dem Feuerlöscher abzuwehren. Nun stehe er unter Schock. "Ich selbst habe nur noch gesehen, wie sie einen völlig blutüberströmten Mann aus der Bahn getragen haben", sagt der Passant.

"Die Vorstellung, dass Menschen an einem wunderschönen Morgen in die S-Bahn einsteigen oder Zeitungen austragen und dann Opfer eines Wahnsinnigen werden, ist schrecklich", sagte die Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr. "Ich bedanke mich ganz herzlich bei Polizei, Ärzten, Sanitätern und unserer Feuerwehr, die schnell vor Ort waren."

Tatwaffe war ein Küchenmesser

Gegenüber dem Bahnhof, vor einer griechischen Taverne, liegen zwei Räder auf dem Boden. Das eine gehört einem Zeitungsausträger, seine papierne Fracht ist über den Boden verteilt. Inmitten der Absperrbänder steht eine Menschentraube: Lagebesprechung der Einsatzkräfte. Inzwischen wurde auch die Tatwaffe sichergestellt, ein Küchenmesser mit zehn Zentimeter langer Klinge.

Wegen des Polizeieinsatzes auf dem Bahnhofsgelände gab es teils erhebliche Auswirkungen auf den S-Bahnverkehr. Die Polizei sperrte den Tatort, Züge mussten umgeleitet werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: