Poing:Seit Jahrhunderten beliebt

Poing - neue Ausgrabungsfunde römisch

Auf dieser Fläche soll einmal ein neues Wohngebiet entstehen. Bevor es aber soweit ist, durchsuchen Archäologen den Boden nach den Resten eines Wohngebietes aus dem Mittelalter.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Poing werden auf der Baustelle eines neuen Wohngebietes Reste von dessen Vorgänger ausgegraben. Die Häuser, von denen nur noch Fundamentteile erhalten sind, entstanden vermutlich im frühen Mittelalter

Von Anselm Schindler, Poing

Als Wohnort ist Poing sehr beliebt, und das gilt bereits seit Jahrhunderten. Das belegen erneut die jüngst nordöstlich des Bergfeldsees ausgegrabenen archäologischen Funde. Schon seit längerem ist bekannt, dass das Poinger Gemeindegebiet ein historischer "Siedlungsschwerpunkt" ist, wie es Archäologe und Grabungsleiter Ulrich Schlitzer ausdrückt. Schlitzer und seine Kollegen vom Münchner Planateam forschen seit einigen Wochen wieder in Poing, im vergangenen Jahr förderten sie bereits wertvolle Überbleibsel der mittelalterlichen Besiedelung Poings zutage, darunter eine Gürtelschnalle aus Bronze, einige Tierknochen und Keramikscherben.

An der Bergfeldstraße, wo Poings neue Wohngebiete sprießen, steht ein blauer Container, es ist das Wohnzimmer des Planateams. Warm ist es auch hier nicht, aber wenigsten ist man vor dem kalten Herbstwind geschützt, der übers Grabungsfeld pfeift. Im Container stehen Schaufeln, Eimer und Spitzhacken herum, an der Wand hängen Pläne. Sie zeigen, was die Archäologen in den vergangenen Tagen herausgefunden haben. Die Pläne zeigen die Umrisse und Rückstände von zwölf Häusern, sie stammen, das könne man jetzt schon sagen, aus dem Mittelalter, eine genauere Datierung folge noch, erklärt Schlitzer. Vor einem Jahr fanden die Wissenschaftler am Grundstück nebenan 17 Haus-Umrisse, schon damals gingen sie deshalb von einer größeren Siedlung aus, die Funde belegen die Vermutung nun. Grund für die starke frühzeitliche Besiedelung des heutigen Poing ist vor allem der recht hohe Grundwasser-Pegel: Die auf den umliegenden Grundstücken gefundenen Brunnen-Anlagen waren teils nur drei Meter tief.

Das Areal, an dem gerade gegraben wird, umfasst 1,5 Hektar. Hier entsteht das Wohngebiet W 8, erklärt Helmut Sloim, Sprecher der Bauträgergemeinschaft Arge. Doch davor müssen die Archäologen erst ihre Arbeiten abschließen. Weil auf den angrenzenden Grundstücken bereits in den vergangenen Jahren archäologisch wertvolle Artefakte gefunden wurden, unterliegen die Bauarbeiten Auflagen durch die Ebersberger Denkmalschutzbehörde. "Da braucht man schon geduldige Bagger- und Lastwagenfahrer", erklärt Ulrich Schlitzer. Denn alles, was mit dem Bagger abgetragen wird, muss auf archäologische Fundstücke untersucht werden.

Schlitzer deutet auf ein Grabungsloch, auch das ungeübte Auge erkennt, dass sich im kiesigen Grund eine dunkle Verfärbung nach unten zieht. Die Verfärbung entstehe dadurch, sagt Schlitzer, dass die Erde an diesen Stellen humushaltiger und daher dunkler sei. Und der Humus stamme von zersetzten Holzpfosten die hier vor langer Zeit in die Erde gerammt wurden. Jeweils vier Pfosten, zwischen denen größere Abstände liegen, deuten eines der Wohnhäuser an, die teils rund 100 Quadratmeter groß waren. Dort lebten Großfamilien zusammen, teilweise lebten auch die Tiere in den Gebäuden.

Um die großen quadratischen Wohnhäuser herum lassen sich kleinere Gebäude erahnen, in denen Vorräte wie Getreide gelagert wurden. Die Speicher waren erhöht über dem Erdboden errichtet, als Schutz vor Ungeziefer wie etwa Nagetieren. Die kleinen Speicherhütten waren luftig gebaut, um Selbstentzündungen vorzubeugen. Doch Brände kamen trotzdem vor, was damals sicher ärgerlich war, heutigen Archäologen allerdings die Arbeit erleichtert. Denn der Hüttenlehm, er diente der Isolierung, wurde durch die Hitze des Feuers so hart, dass Teile davon bis heute erhalten sind.

Was Schlitzer und seine Kollegen auf dem Grund des künftigen Wohngebietes W8 in den kommenden Tagen und Wochen noch zutage fördern ist unklar, zu erwarten ist aber, dass auch künftig weitere Siedlungsspuren auftauchen werden. Es sind weitere Mosaiksteinchen, die Ausgrabung für Ausgrabung ein Gesamtbild entstehen lassen. Es lässt erahnen, was sich auf dem Gebiet in den vergangenen Jahrtausenden abgespielt hat.

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