Poing:Notprogramm im Jugendzentrum

Weil zwei Mitarbeiter innerhalb kurzer Zeit gekündigt haben, gerät Poing in Schwierigkeiten. Der Mangel an Sozialpädagogen betrifft aber nicht nur die Gemeinde

Von Barbara Mooser, Poing

Wenn der Poinger Jugendreferent Michael Krach nächste Woche aus dem Urlaub zurückkommt, dürfte seine Erholung schnell wieder dahin sein: Denn nun hat auch noch der zweite Mitarbeiter im Jugendzentrum gekündigt, nachdem seine Kollegin bereits vor einigen Wochen Poing verlassen hatte. Ohne Personal müsste die Einrichtung geschlossen werden, Bürgermeister Albert Hingerl hofft aber, dass ein Notbetrieb aufrecht erhalten werden kann. Der Mangel an Sozialpädagogen trifft aber nicht nur Gemeinden, auch soziale Einrichtungen wissen bisweilen nicht, wie sie Stellen besetzen sollen. "Es ist extrem schwierig", sagt etwa Peter Selensky von der Diakonie Rosenheim, die auch im Landkreis tätig ist.

Poing: Wenn die Gemeinde keinen Sozialpädagogen findet, könnten geschlossene Türen bald zum Dauerzustand im Poinger Jugendzentrum werden.

Wenn die Gemeinde keinen Sozialpädagogen findet, könnten geschlossene Türen bald zum Dauerzustand im Poinger Jugendzentrum werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Allein Poing hat derzeit drei Jobs für Sozialpädagogen zu bieten. Da ist zum einen die seit Langem vakante Stelle des Streetworkers, für die sich partout niemand findet - nur einmal dachte die Gemeinde, eine Nachfolgerin für die früher tätige Streetworkerin Melanie Michalski aufgetan zu haben, doch die sprang dann kurzfristig ab. Anfang des Jahres folgte die Kündigung von Judith Gitay, sie wechselte ins Landratsamt, wo sie jetzt für die Betreuung der Kinder von Flüchtlingen zuständig ist. Und nun verlässt auch noch Florian Carlsberg das Jugendzentrum nach nicht einmal einem Jahr. Der junge Mann habe eine gute neue Stelle gefunden, er verlasse Poing nicht im Bösen, das sei ihm wichtig, sagt der Bürgermeister. Der Weggang wird es aber nötig machen, das Programm im Jugendzentrum von nächster Woche an mindestens extrem einzuschränken - wenn nicht ganz lahmzulegen. Man werde zwar versuchen, ehemalige ehrenamtliche Jugendbetreuer zu aktivieren, um immerhin ein Notprogramm anbieten zu können. Einschränkungen werde es aber auf jeden Fall geben, sagt der Bürgermeister. Derzeit ist das Jugendzentrum dienstags bis samstags täglich geöffnet. Dienstag, Mittwoch und Donnerstag können sich Jugendliche hier von 15 bis 21 Uhr aufhalten, freitags sind von 14 bis 17 Uhr die Teenies dran, von 17 bis 22 Uhr die älteren Jugendlichen. Auch samstags können sich junge Leute hier von 14 bis 22 Uhr treffen. Daneben haben die Jugendzentrums-Mitarbeiter aber in der Vergangenheit noch viel mehr geboten, Hip-Hop- oder Kunstworkshops beispielsweise, aber auch Ferienaktionen. Gerade für junge Leute, die mit dem Engagement in Vereinen eher weniger am Hut haben, ist das Jugendzentrum in Poing einer der wenigen Treffpunkte. Ausgeschrieben sind die beiden Stellen im Jugendzentrum bereits, ebenso wie die Streetwork-Stelle. Wie lange es dauern wird, hier jemanden zu finden, darüber wagt Hingerl keine Prognose.

Poing: Geschlossene Türen im Poinger Jugendzentrum.

Geschlossene Türen im Poinger Jugendzentrum.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Poing steht allerdings bei Weitem nicht allein da mit seinem Problem. "Mit Sozialpädagogen, das ist ganz schwierig, der Markt ist leer", sagt etwa Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales und Bildung im Landratsamt. Gerade für die Betreuung von Flüchtlingen sei es eine Herausforderung, Bewerber zu finden, hier müsse man eine Stelle oft drei- oder viermal ausschreiben. Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Peter Selensky von der Diakonie Rosenheim, die unter anderem die Sozialpädagogen an den weiterführenden Schulen im Landkreis stellt. Am Ende eines Semesters, wenn wieder junge Leute mit ihrem Studium fertig geworden seien, funktioniere es ja noch einigermaßen. "Aber unterm Jahr findet man kaum Fachkräfte", sagt er. Gerade, wenn es um die Besetzung einer Teilzeitstelle gehe, müsse man Glück haben, wenn sich jemand finde, der zufällig in der Nähe wohne und beispielsweise nach einer Familienpause wieder in den Job einsteigen wolle. "Einzelkämpferjobs" mit vielen Außendienstterminen, die vor allem für gestandene Sozialpädagogen geeignet seien, seien besonders schwer zu besetzten. "In der Sozialarbeit kann man sich wirklich aussuchen, wo man hingeht", sagt Selensky. Dadurch würden natürlich auch die Bindungen an den Arbeitgeber schwächer - und Phasen der Unzufriedenheit der Beschäftigten führten schneller zum Jobwechsel.

Poing: Durchblick im Poinger Jugendzentrum

Durchblick im Poinger Jugendzentrum

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vor allem unregelmäßige Arbeitszeiten und Nacht- und Wochenendschichten sind für viele Fachkräfte nicht attraktiv. Etwas einfacher seien hingegen Mitarbeiter zu finden, wenn es beispielsweise um die Betreuung von Kleinkindern geht, sagt Stefanie Geisler vom Landratsamt. Freie Stellen in der Koordinierungsstelle Frühe Hilfen etwa oder im Pflegekinderdienst seien noch vergleichsweise einfach zu besetzen. Auch in anderen Bereichen des Landratsamts, etwa der Schwangeren- oder Suchtberatung, gibt es laut Pressesprecherin Evelyn Schwaiger keine Probleme, Bewerber zu finden. Zwischen drei und 13 Bewerbungen auf eine Stelle kämen hier regelmäßig herein. Dass es beim Landratsamt viele Entwicklungsmöglichkeiten gebe, sei einer der Gründe dafür.

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