Poing:Neuanfang in Eichstätt

Poing: Die Turnhalle der Realschule in Poing ist die letzte, die noch als Flüchtlingsunterkunft dient. Mehr als 200 Menschen leben hier derzeit noch.

Die Turnhalle der Realschule in Poing ist die letzte, die noch als Flüchtlingsunterkunft dient. Mehr als 200 Menschen leben hier derzeit noch.

(Foto: Christian Endt)

Die Flüchtlinge aus der Poinger Schulturnhalle sollen in den nächsten Wochen in kleinere Einrichtungen in Bayern umgesiedelt werden. Einige der Asylbewerber haben aber einen guten Grund, im Landkreis bleiben zu wollen.

Von Barbara Mooser, Poing

Viele Monate in einer engen, lauten, stickigen Halle ohne jegliche Privatsphäre: Mit Sicherheit werden die etwa 200 Asylbewerber, die derzeit noch in der Turnhalle der Poinger Realschule untergebracht sind, das alles nicht vermissen. "Für jeden, der da raus kommt und in eine kleinere Unterkunft ziehen kann, ist das eine Chance", sagt auch Götz Kirchhoff, der Sprecher des Helferkreises.

Doch der anstehende Auszug der Flüchtlinge, der am Donnerstag überraschend angekündigt worden war, bringt neue Herausforderungen mit sich. Denn wesentlich mehr Asylbewerber als vom Landratsamt angenommen, haben guten Grund, im Landkreis bleiben zu wollen: Sprachkurse, Praktika oder die Teilnahme an einer Studie beispielsweise. "Sie haben eine ganz feine Wurzel hier gebildet", beschreibt es Kirchhoff - im Sinne der gelebten Integration dürfe man diese nicht wieder kappen.

Noch vor knapp zwei Wochen hatte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) selbst im Kreistag davon gesprochen, dass es Gerüchte gebe, dass die Traglufthalle in Grub gar nicht mehr bezogen werde - und gleich relativiert, dass er den Wahrheitsgehalt dieses Gerüchts nicht bestätigen könne. Eigentlich war ein Umzug der gut 200 Asylbewerber, die derzeit noch in der Turnhalle der Realschule untergebracht sind, in die neu errichtete Traglufthalle in Grub seit langem erwartet worden.

Eigentlich sollte die Halle bereits im April bezugsfertig sein

Erst sollte die Halle im April bezugsfertig sein, bei einem Tag der offenen Tür im Juni hieß es dann erneut, nun könne es eigentlich jeden Tag so weit sein. Tatsächlich hakte der Umzug daran, dass es keine Klimaanlage gab und damit die Gefahr bestand, dass an heißen Tagen unerträgliche Temperaturen unter dem Zeltdach entstünden - ähnlich war es in der Halle in Pliening gewesen, hier hatte der Landkreis nachrüsten müssen. Ob der Landkreis einen Fehler bei der Ausschreibung gemacht hat oder die Firma, die die Halle errichtet hat, die Ausschreibung falsch interpretiert hat, darüber wird derzeit ein Rechtsstreit ausgefochten.

Fest steht dennoch, dass die Halle in Grub bis auf weiteres leer bleiben wird. Der Großteil der Flüchtlinge in der Poinger Schulturnhalle wird in freie Einrichtungen der Regierung von Oberbayern umziehen - vorwiegend in die Region Eichstätt, wie Götz Kirchhoff inzwischen in Erfahrung gebracht hat. Seitdem hat er schon viele Telefonate geführt und E-Mails geschrieben, mit weitgehend positiven Antworten. "Die Menschen werden nicht erneut in eine Sammelunterkunft umziehen, sondern in kleine Unterkünfte für bis zu 30 Leute.

Es gibt auch im Landkreis Eichstätt einen Helferkreis, einen Caritas-Sozialdienst und einen Helferkümmerer des Landratsamts", sagt Kirchhoff. Zudem handle es sich um eine Region zwischen München, Ingolstadt und Nürnberg, die viele Chancen biete, beispielsweise könnte es Möglichkeiten für die Flüchtlinge geben, bei Audi in Ingolstadt einen Arbeitsplatz zu finden. "Es ist also eine gute Region, wo sie hinkommen", so das erste Urteil des Poinger Helferkreis-Organisators.

Wunsch nach besserem Informationsfluss

Es gibt freilich ein großes Aber: Zwar hat das Landratsamt angekündigt, dass mehr als 50 Menschen, deren Asylantrag bereits bewilligt wurde oder die in Arbeit oder Ausbildung in der Region stehen, im Landkreis bleiben dürfen. Sie ziehen nun vorerst in die Traglufthalle in Pliening um. Doch laut Götz Kirchhoff gibt es noch einen größeren Personenkreis, der nicht unter diese Ausnahme fällt: Menschen, die hier Praktika machen und die Perspektive einer Übernahme haben beispielsweise, oder Menschen, die einen der raren Plätze in den Deutschkurses des Bundesamts für Migration ergattert haben.

Insgesamt könnten das nach einer groben Schätzung Kirchhoffs noch einmal etwa 30 Menschen sein, für die es wichtig wäre, im Landkreis zu bleiben. Er und andere Mitglieder seines Helferkreises haben dem Landratsamt bereits angeboten, bei der Erhebung der notwendigen Daten mitzuarbeiten.

Generell hätte er sich, so Kirchhoff, in den vergangenen Wochen und Monaten einen besseren Informationsfluss gewünscht, der vielleicht auch eine sinnvollere Planung möglich gemacht hätte. "Man hätte uns ja auch mal fragen können, ob wir eine Idee haben, wer am besten verlegt werden könnte", sagt er.

Heinz Drobe, einer der vielen ehrenamtlichen Deutschlehrer in Poing, geht jedenfalls derzeit davon aus, dass alle zwölf Afghanen, die er bisher betreut hat, nun verlegt werden. Auch er würde sich wünschen, dass die Umsiedlung der Flüchtlinge noch einmal genauer geprüft wird. "Aber wir können eh nicht viel ändern", sagt er. Auch wenn es immer wieder Grund zum Ärger gebe, müsse man nun pragmatisch weiter arbeiten und versuchen, das Beste für diejenigen zu erreichen, die hier bleiben. "In der Politik ist ja viel die Rede davon, ob man das schafft - oder auch nicht. Wir machen einfach."

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