Poing:Ideenschmiede

Poinger beraten in einer Bürgerveranstaltung über die Zukunft des Wirtshauses Liebhart. Der Wunsch nach einer Fortführung des Gaststättenbetriebs ist in der Gemeinde groß

Von Nina Kugler, Poing

Vom guten Wetter ließen sie sich nicht abhalten: Gut 60 Bürgerinnen und Bürger kamen am Samstagmorgen in die Mehrzweckhalle an der Karl-Sittler-Straße. Einziger Tagesordnungspunkt der Bürgerveranstaltung: die Zukunft des Gasthofs Liebhart. Das 100-jährige Gebäude prägt das Bild der alten Ortsmitte, Poings erster Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) spricht gar von dem "magischen Dreieck von Kirche, Rathaus und Gasthaus". Allerdings steht das ehemalige Wirtshaus seit 2009 leer und wird zusehends maroder. Nachdem etliche Versuche in den vergangenen Jahren gescheitert sind, das Haus zu renovieren und zu verpachten, wächst der Unmut in der Gemeinde über den Verfall der einst so beliebten Gaststätte. "Ich möchte nicht sagen, dass ich dort meine Jugend verbracht habe, aber ich war schon oft da", sagte Hingerl sichtlich berührt.

Stellvertretend für den Poinger Gemeinderat tat Hingerl den Wunsch kund, dass das Haus in Zukunft eine "kommunale Bedeutung und Nutzung haben soll". Am liebsten sähe man es, wenn wieder ein gastwirtschaftlicher Betrieb in einen Neubau an dieser Stelle einziehen würde. Das jedoch widerspricht den Vorstellungen der Eigentümer, die durch den Architekten Johannes Wollfhardt vertreten werden. Dieser berichtete von den jahrelangen Bemühungen, einen Pächter oder Käufer für einen Gasthof zu finden. Nie sei dies aber von Erfolg gekrönt worden. Daher würden die Hausbesitzer in den oberen Etagen des Gebäudes gerne Wohnungen errichten. "Eine kommunale Nutzung des Erdgeschoss ist aber durchaus denkbar", schob Wollfhardt hinterher. Eine Idee, die im Saal nicht auf Euphorie stieß.

Poing: In einem Workshop machten sich Bürgerinnen und Bürger Gedanken darüber, wie es mit dem Gebäude weitergehen soll.

In einem Workshop machten sich Bürgerinnen und Bürger Gedanken darüber, wie es mit dem Gebäude weitergehen soll.

(Foto: Christian Endt)

Bernhard Finauer, Vorsitzender des Aubergler Trachtenvereins Poing, würde sich das ehemalige Gasthaus als eine vereinsübergreifende Begegnungsstätte wünschen, in der sowohl private wie auch öffentliche Festivitäten stattfinden sollen und gleichzeitig als Vereinsräume genutzt werden können. "So etwas fehlt doch in Poing", sagte Finauer. Die anwesenden Poinger Gemeindemitglieder forderten jedoch vehement, dass es auch künftig wieder ein Wirtshaus an dieser Stelle geben soll. Der Vorschlag, den Gasthof als Genossenschaft zu betreiben, kam von einem Gast aus dem Publikum. "Das Motto könnte heißen: Ein Dorf wird Wirt", führte die Besucherin ihre Idee aus. Weshalb die Gemeinde das Gasthaus nicht zurück kaufe, wollte wiederum ein älterer Herr vom Bürgermeister wissen. Seine Frage wurde von Applaus begleitet, schnell folgte aber Ernüchterung. "Wir haben in den kommenden Jahren Investitionen von circa 50 Millionen Euro zu stemmen. Wenn wir jetzt das Haus für eine Millionen zurück kaufen würden, wäre es aber immer noch in einem schlechten Zustand. Die Renovierung und Instandsetzung würde zwischen sechs und sieben Millionen kosten. Das können wir nicht stemmen", erklärte Hingerl. Er verwies zudem auf die Tatsache, dass in den vergangenen Jahren vergeblich versucht wurde, einen Pächter oder Käufer für das Gasthaus zu finden. Hingerl forderte deshalb einen "Plan B" von seinen Mitbürgern. "Wenn der Besitzer keinen Gasthof haben möchte, dann sollten wir ihm einen anderen Vorschlag machen können."

Nach einigen Ideen der Anwesenden, die architektonisch aber nicht umsetzbar sind, wie Kino, Kletterhalle oder Schwimmbad, fand der Vorschlag eines Besuchers großen Anklang im Saal. Das Erdgeschoss des Gebäudes solle die Gemeinde zurück kaufen und mit einem Café und öffentlichen Räumen ausstatten. In den oberen Etagen könnten Wohnungen entstehen. So würden sich Gemeinde und Hausbesitzer auf halbem Wege treffen. Sowohl Hingerl als auch Wollfhardt fanden diese Idee ansprechend, wie sie sagten. "Ich sehe keinen Grund, weshalb das nicht klappen sollte", sagte der Architekt. Allerdings besteht Hingerl darauf, dass dies nur der Plan B sein dürfte. Die Gemeinde würde weiterhin ein reines Gasthaus in dem Objekt bevorzugen.

Poing: Mehr als 100 Jahre lang war das Wirtshaus Liebhart ein Treffpunkt für alle Poinger.

Mehr als 100 Jahre lang war das Wirtshaus Liebhart ein Treffpunkt für alle Poinger.

(Foto: Peter Hinz-Rosin/Sammlung Peter Dreyer)

"Ich bin sehr zufrieden mit der Veranstaltung heute. Zwar wurden nicht unbedingt viele neue Ideen hervorgebracht. Aber ich denke, so konnten wir Transparenz herstellen für die kommenden Entscheidungen, die nun im Gemeinderat gefällt werden müssen", resümierte Hingerl zum Ende der Veranstaltung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: