Poing:Fotografiert wie gemalt

Poing: Malerei? Ja schon, aber nicht nur! Konrad Weinstock beim Hängen der Ausstellung in der Galerie Orth.

Malerei? Ja schon, aber nicht nur! Konrad Weinstock beim Hängen der Ausstellung in der Galerie Orth.

(Foto: Christian Endt)

Konrad Weinstock zeigt in der Galerie Orth seine Arbeiten

Von Rita Baedeker, Poing

Es gab einmal eine Zeit, da war es nicht möglich, Fotos am PC zu bearbeiten, Farben heller leuchten zu lassen, Kontraste zu schärfen oder, ganz im Gegenteil, Unschärfen hineinzuzaubern. Es war die Zeit, in welcher der Ulmer Konrad Weinstock-Adorno groß geworden ist und viele Jahre seines Berufslebens verbracht hat.

Weinstock, der in Pliening wohnt, war im Verlagswesen tätig und ist viel gereist, unter anderem lebte er in Barcelona. "Ich habe mich immer geärgert, wenn ich gute Motive hatte, aber das Bild einen Farbstich aufwies, zu dunkel oder technisch nicht perfekt gelungen war", sagt Weinstock. Und da es eben so etwas wie Fotoshop nicht gab, kam er auf die Idee, die Bilder zu übermalen und den nüchternen Fotos zudem "eine impressionistische Färbung" zu geben, wie er sagt. Bereits bei der Aufnahme schaffe er die Voraussetzungen für die spätere Bearbeitung - mit schlichter Wandfarbe übrigens -, indem er bewusst falsch belichte, verwackle oder unscharf stelle. Die entstandenen Drucke werden übermalt, Farbflächen hervorgehoben, Kontraste verstärkt, gerne arbeitet er auch mit Solarisation und Sandwichtechnik und überlagert dabei verschiedene Motive, Farben und Formen zu einem reizvollen Puzzle.

Seine Werke zeigt Konrad Weinstock von diesem Freitag an in der Galerie Orth in Poing. Man entdeckt Straßenszenen aus südlichen Gefilden, belebte Cafés, die Plaza Mayor in Barcelona, einen knallroten Londoner Doppeldecker, stille Seen, Boote, Landschaften. Manche Bilder sind auf Bütten gedruckt, das macht die Konturen weich. Besonders schätzt Weinstock bewegte Szenen, so wie bei der Frau im roten Mantel, die gerade in einen Bus springt. Oft wirken die Bilder wie reine Malerei, unter der das Foto verschwindet. So auch bei dem Motiv von den Tuilerien in Paris.

Bei einer weiteren Gruppe von Bildern hat sich Weinstock der "alten Meister" bedient, hat Ansichten berühmter Gemälde wie Botticellis "Geburt der Venus", das "Dejeuner sur l'herbe" von Manet oder Vermeers "Mädchen mit dem Perlenohrring" hergenommen und eigene Aktmodelle in die Szene "eingebaut". In Weinstocks Version von Rembrandts "Die Anatomie des Dr. Tulp", bei dem ein Mann obduziert werden soll, liegt nun unter dem forschenden Blick der Ärzte - eine Frau. Konrad Weinstock sieht diese Arbeiten "als Gag". Sehr gelungen und ästhetisch sind hingegen seine Aktbilder in Schwarz-Weiß, sind Szenen urbanen südländischen Lebens in Barcelona, Italien und anderswo.

Vernissage der Ausstellung "Fotografiert?" mit Bildern von Konrad Weinstock in der Galerie Kunst-Form Orth Poing ist an diesem Freitag, 27. November, 19 Uhr. Bis Sonntag, 13. Dezember, Donnerstag bis Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr.

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