Poing:Expertin sieht im Poinger Erdbeben keine Gefahr

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Keine Gefahr in Poing? Die Expertin sieht angesichts der Messergebnisse keinen Anlass zur Beunruhigung (Symbolfoto). (Foto: dpa)

Eine Spezialistin vom Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik stuft die Schwingungen als unbedenklich ein. Eine andere wichtige Frage bleibt jedoch offen.

Von Barbara Mooser, Poing

Von den Erdbeben in Poing geht nach Überzeugung einer Expertin am Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover keine Gefahr aus. Die gemessenen Bodenschwinggeschwindigkeiten seien nicht stärker gewesen als wenn beispielsweise ein schwerer Lkw in der Nähe über eine Schwelle rattert, erläutert Inga Moeck, Leiterin der Sektion Geothermik des Instituts.

Sie erstellt auch ein Gutachten zu möglichen Zusammenhängen zwischen der Geothermie und den Erdbeben in Poing. In seiner Gänze wird das Werk erst im Oktober vorliegen, beim Geothermiekongress in München hat Moeck aber bereits angedeutet, dass Zusammenhänge weder belegt noch widerlegt werden können. Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) sieht die wesentliche Frage allerdings nicht geklärt: "Wer sagt mir, was morgen ist?"

Das LIAG war auf Initiative des Bergamts Südbayern, das die Aufsichtsbehörde für Geothermieanlagen ist, im Januar mit dem Gutachten beauftragt worden. Anlass waren zwei kleine, aber deutlich spürbare Erdbeben, die Ende 2016 Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Politik beunruhigt hatten. Seismologen aus Bayern und Österreich hatten den möglichen Zusammenhang zur Poinger Geothermie hergestellt.

Seit 2012 wird die Wärme aus der Erde dort genutzt, die Epizentren der Beben wurden in der Nähe der so genannten Reinjektionsbohrung, wo das abgekühlte Wasser zurück in die Erde geleitet wird, lokalisiert. Seit am Wochenende erneut ein Beben Poing und die Nachbargemeinden erschüttert hat, sieht man den Ergebnissen des Gutachtens noch gespannter entgegen.

Kein Grund zur Beunruhigung

Wie es aber nun aussieht, wird die Datenlage wohl keine klaren Schlussfolgerungen zulassen, ob nun tatsächlich die Geothermie die Erdbeben ausgelöst hat. Nach Einschätzung der Expertin gibt es aber keinen Grund zur Beunruhigung: "Die Geothermieanlage ist nicht gefährlich." Denn gemessen wurde am Wochenende nicht nur die Magnitude, also die Stärke des Erdbebens auf der Richterskala, sondern eben auch die sogenannte Bodenschwinggeschwindigkeit. Hierfür hat das Bayernwerk als Betreiber der Geothermie extra ein neues Messnetz installieren lassen.

Die Bodenschwinggeschwindigkeit misst die Vibrationen, die an der Oberfläche spürbar sind. Wie stark diese Schwingungen ausfallen dürfen, ist in den Deutschen Industrienormen (DIN) genau definiert. In der Norm 4150-3 geht es um "Erschütterungen im Bauwesen" und ihre Einwirkungen auf "bauliche Anlagen".

Erlaubt sind demnach Schwinggeschwindigkeiten von fünf Millimeter pro Sekunde in der Nähe von Wohngebäuden, und drei Millimeter pro Sekunde nahe denkmalgeschützten Gebäuden. In Poing wurden laut Moeck maximale Schwinggeschwindigkeiten von 1,6 Millimeter pro Sekunde gemessen. Moeck plädiert daher dafür, die Geothermieanlage, welche die Bayernwerk AG auf Forderung der Gemeinde hin am Montag abgeschaltet hat, wieder in Betrieb zu nehmen.

Bürgermeister Albert Hingerl gab sich am Mittwoch zurückhaltend, was eine Bewertung der Erkenntnisse des LIAG betrifft. "Verärgert und irritiert" sei er darüber, dass die Informationen nicht zuerst der Gemeinde und dem Betreiber zugänglich gemacht worden seien, so Hingerl; mit einer "gewissen Befriedigung" nehme er zur Kenntnis, dass die vergangenen Erdbeben nach Einschätzung der Expertin ungefährlich gewesen seien.

"Aber kann sie ausschließen, dass es nicht in Zukunft einen Erdstoß gibt, der für Poing gefährlich wird?" Er erhoffe sich durchaus noch Erkenntnisse zur Ursache der Beben und was auf die Poinger weiter zukomme. Auch ein Sprecher der Bayernwerk AG äußerte sich zunächst zum Inhalt des Gutachtens nicht, eine Bewertung werde man abgeben, wenn man es vollständig vorliege, sagte er. Dann wolle man es mit Fachleuten und der Gemeinde diskutieren.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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