Poing:Betteln nach Vorschrift

Die Gemeinde erlässt eine Satzung, die genau beschreibt, in welchen Fällen Menschen andere um Geld bitten dürfen. Nur so hat die Polizei eine Möglichkeit, gegebenenfalls einzugreifen.

Von Karin Kampwerth, Poing

Die Poinger Polizei hat es in Zukunft leichter, gegen gewerbsmäßiges Betteln im Ort vorzugehen. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Donnerstagabend eine Satzung verabschiedet, die regelt, in welcher Form Bettler Poinger noch um Geld bitten dürfen: Ruhig und in jedem Fall ohne den Bürgern in irgendeiner Art und Weise zu nahe zu treten.

Dass die Satzung kommen wird, ist nicht neu, ihr Inhalt allerdings schon. Anfang Mai hatte sich der Haupt- und Finanzausschuss bereits dafür ausgesprochen, rechtliche Grundlagen zu schaffen, um Bettelbanden das Handwerk zu legen und mit dem Verbot von aggressivem Betteln die Poinger vor Belästigungen zu schützen. In der Gemeinderatssitzung folgte nun die Definition dafür, was darunter zu verstehen ist.

In einer vom Poinger Ordnungsamt ausgearbeiteten Formulierung heißt es, dass aggressives Betteln vorliegt, "wenn dem Bittgesuch durch hartnäckiges Ansprechen, Beleidigen, Verfolgen, Berühren, In-den-Weg-stellen oder sonstige Formen der Belästigung von Passanten Nachdruck verliehen wird". Beim stillen und weiterhin erlaubten Betteln verzichte der Bettler hingegen darauf, auf die Bürger zuzugehen, er verhalte sich passiv.

Auch das bandenmäßige und organisierte Betteln erfasst die Satzung. Darunter fällt alles, was der Logistik dient, um an das Geld der Poinger zu kommen - etwa das Bereitstellen von Fahrzeugen, mit denen die Bettler gruppenweise an die Orte chauffiert werden, wo sie ihrem "Handwerk" nachgehen. Verboten ist in Poing auch ein "identisches Equipment" der Bettler, etwa Zettel, auf denen steht, wie groß die Not angeblich ist. Ebenso untersagt ist es, Rosen zu verschenken oder Scheiben von Autos unaufgefordert zu putzen, um danach Geld zu verlangen.

Damit die Verbote juristisch nicht anfechtbar sind, werden sie in die Satzung "über die Sondernutzungen an öffentlichem Verkehrsgrund der Gemeinde Poing" gegossen. Das Betteln ist damit als Verhalten gekennzeichnet, das nicht mehr dem Gemeingebrauch von öffentlichen Flächen dient - also auf Straßen dem Verkehr, auf Wegen dem ungehinderte Passieren von Fußgängern. Damit hat die Polizei eine Handhabe, gegen Bettler vorzugehen, wie SPD-Fraktionssprecher Peter Maier, von Beruf Polizist, erklärte.

Darauf hatte Helmut Hintereder von der Poinger Polizeiinspektion bereits bei der Präsentation der Poinger Sicherheitslage vor drei Jahren hingewiesen. Demnach seien ohne eine Satzung die Möglichkeiten für die Polizei beim Antreffen von Bettlern begrenzt. Nach der Personenkontrolle und einer Fahndungsabfrage könne man einen Platzverweis aussprechen, mehr aber auch nicht.

Denn das Betteln falle grundsätzlich unter den Gemeingebrauch und ist nicht strafbar. Was heißt, dass öffentliche Plätze, Wege und Straßen üblicherweise auch dazu geeignet sind, durch Betteln seine Notlage zu lindern. Bandenmäßiges Betteln sei dagegen auf die Erzielung eines finanziellen Gewinnes ausgerichtet und damit als Sondernutzung der gemeindlichen Flächen anzusehen. Wer in Poing künftig dabei erwischt wird, muss ein Bußgeld, in der Regel in Höhe des erbettelten Betrages, bezahlen. Davon erhoffen sich Polizei und Gemeinderat eine abschreckende Wirkung. Ansonsten empfahl Peter Maier, bei Bettlern und Hausierern die Tür nicht zu öffnen und die Polizei zu rufen. "Wir sind froh, wenn wir solche Hinweise bekommen."

Den Akkordeonspieler an der S-Bahn betreffen auf Nachfrage von Sieglinde Pehl (Grüne) die neuen Regeln allerdings nicht. Er darf sich mit seinem Spiel, auch wenn dieses nicht still ist, weiter Geld verdienen. "Dem gebe ich auch was", sagte Bürgermeister Albert Hingerl (SPD).

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: