Poing:Alles aus einer Hand

Bei Renovierungsarbeiten wird in der Seerosenschule in Poing auf die tatkräftige Unterstützung der Schüler gesetzt, aber auch in Schreinerei, Küche, Radlwerkstatt und Gärtnerei können die Kinder schon einmal Arbeitserfahrung sammeln

Von Klemens Hering, Poing

Egal ob Weißeln, Reparieren oder Kochen. Für fast alle anfallenden Arbeiten hat die Seerosenschule in Poing eine eigene Schülerfirma. Diese Firmen sind ein Konzept, das der Schulleiter Jörn Bülck aus seiner vorangegangenen Arbeit an der Mittelschule in Lenggries mitgenommen hat. "Die Idee ist, dass sich Schüler in betreutem Rahmen, aber größtenteils eigenständig, im beruflichen Alltag ausprobieren, Erfahrungen sammeln und sich eine Struktur aneignen. Schüler, die in den Firmen gearbeitet haben und in berufsvorbereitende Praktika gehen, bekommen ein sehr gutes Feedback. Die Idee der Schülerunternehmen besteht nicht erst seit Kurzem, die Ausprägung an unserer Schule ist aber einzigartig in Südbayern", erklärt Bülck.

Poing: In der Poinger Seerosenschule wird beim Renovieren gleichzeitig gelernt.

In der Poinger Seerosenschule wird beim Renovieren gleichzeitig gelernt.

(Foto: Christian Endt)

Der Pavillon und die Bänke im Pausenhof sind von der Schüler-Schreinerei gebaut. Auch einige andere Bänke und Zäune auf dem Schulgelände kommen aus dieser Firma. Im hinteren Bereich des Schulgeländes gibt es einen Garten, in dem Zutaten für die Schulküche gezogen werden. KFZ-Innenreinigung und Bügeldienst gehören ebenso zu den Firmen, wie die eigene Radlwerkstatt und "Upcycling", ein Unternehmen, das Müll zu Kunst weiterverarbeitet. "Wir haben auch soziale Firmen. Ausgewählte Schüler helfen zum Beispiel im Waldkindergarten als Unterstützung der Betreuer. Es gibt eine Gruppe von Schülern, die regelmäßig ins Seniorenzentrum geht, um Spiele und künstlerische Aktivitäten zu organisieren", so Bülck. Nach Gesprächen mit dem Landratsamt sind seit Kurzem auch Asylbewerber als Helfer in den Unternehmen angestellt. Sechs Flüchtlinge helfen im Gartenbau, in der Schreinerei und in der Radlwerkstatt tatkräftig mit. In dieser werden Fundfahrräder von der Gemeinde angeliefert und dann hergerichtet. Das bringt so manchen Vorteil für beide Seiten. "Wenn Asylbewerber hier lernen, wie man ein Fahrrad repariert, können sie dieses Wissen in der Unterkunft weitergeben. Außerdem macht's echt Spaß!", so Hans Hauptmann, zuständig für die Radlwerkstatt, die sich auch um kaputte Fahrräder von Flüchtlingen kümmert.

Poing: Das meiste, das die jungen Köche in der Schulküche zubereiten, stammt aus der schuleigenen Gärtnerei.

Das meiste, das die jungen Köche in der Schulküche zubereiten, stammt aus der schuleigenen Gärtnerei.

(Foto: Christian Endt)

Alle Firmen werden von Lehrkräften betreut, in manchen Fällen werden Fachkräfte hinzugezogen, zum Beispiel bei größeren Projekten der Schreinerei. Sonst leben die Unternehmen vom Engagement der Schüler. Und das nicht nur schulintern. Die Firma "Innenreinigung KFZ" nimmt Autos von jedem an, der selber keine Zeit oder Lust hat, sein Auto sauber zu machen. Ähnlich funktioniert der Bügelservice "Fix und Freundlich", auch dort setzt man auf Kundschaft von außerhalb der Schule. Weniger praktisch, aber dafür umso schöner sind die Kunstwerke von "Upcycling", dem bereits erwähnten Schülerunternehmen, das Müll zu Kunst verarbeitet. Zum Beispiel sammeln sie die leeren Kaffeehülsen aus dem Lehrerzimmer und schneiden und falten diese zu Blumenblüten. Der Kaffeesatz kommt als Dünger ins Rosenbeet. Die Ergebnisse von "Upcycling" lassen sich erwerben. Doch es gibt noch ein anderes Unternehmen: Kunst auf Bestellung. Und diese Firma trägt ihre Tätigkeit im Namen. Wer ein passendes Bild für die Wohnung sucht, aber noch nicht genau weiß, was, braucht nur eine Farbe vorzugeben und die Schüler kümmern sich um den Rest. Auch Einladungskarten, Mosaike und Tischkarten für Veranstaltungen entstehen auf diese Weise.

Poing: Beim Reinigen von Autos arbeiten Schüler mit Asylbewerbern zusammen.

Beim Reinigen von Autos arbeiten Schüler mit Asylbewerbern zusammen.

(Foto: Christian Endt)

Mit dem aktuellen Arbeitsmarkt als Hintergrund ist besonders eine Firma für die teilnehmenden Schüler von Vorteil. Die "DüF", die digitale Überprüfungsfirma der Seerosenschule kümmert sich um die gesamte EDV. Neue Computer der Schule werden angeschlossen und eingerichtet, alte Computer werden hergerichtet. Unter der Leitung von Manfred Link lernen die Schüler wie man durch Optimierung des Arbeitsspeichers die Leistung des PCs verbessert. Doch nicht nur für den Berufsalltag, sondern auch für daheim können die Schüler etwas aus den Firmen mitnehmen. Bei den "Chilischoten" und den "Naschkatzen" zeigt Alex Schimeczek, wie man gesund und überwiegend biologisch kocht. Die Zutaten kommen, so weit es geht, aus dem Schulgarten, der gibt aber nicht alles her. "Mir ist wichtig, dass die Schüler die komplette Zubereitung mitmachen. Und Einkaufen gehört da nun mal dazu. Also gehen wir gemeinsam in den Supermarkt, und überlegen uns, was wir kochen", meint der gut gelaunte Sonderschullehrer. Auch der helfende Asylbewerber lernt dazu. "That's Radieserl", erklärt Schimeczek.

Durch die Zusammenarbeit bei Projekten entstehe ein super Gruppengefühl", sagt der Direktor. Es gebe dann nicht mehr Siebtklässler oder Achtklässler, sondern es sitzen Schreiner und Köche am Tisch und genießen ein gemeinsames Mittagessen. Neben den jeweiligen Fähigkeiten, die in den Firmen erlernt werden, üben sich die Schüler auch in Teamwork, so Bülck: "Wir haben bis jetzt nur gute Erfahrungen mit den Schülerfirmen gemacht."

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