Pliening/Poing:Gut vorbereitet

Café International

Das Café International ist ein Angebot im Poinger Jugendzentrum, das Flüchtlinge gerne nutzen.

(Foto: Kary/oh)

In Pliening und Poing richtet man sich auf neue Flüchtlinge ein

Von A. Leuthner , B. Mooser, Pliening/Poing

Salvador Serra und Konrad Weinstock-Adorno, die neuen Sprecher des Plieninger Asylhelferkreises, haben mit Flüchtlingen schon ihre Erfahrungen gemacht. Zumindest mit den sieben, die im Plieninger Rathaus untergebracht sind. Und die sind offenbar so gut, dass die beiden sehr ungleichen Männer sich auch weiterhin engagieren wollen. Nur dass die Aufgabe, die auf sie zukommt, ungleich größer sein wird, wenn voraussichtlich Ende Februar die ersten von 250 Flüchtlingen in die Plieninger Traglufthalle einziehen werden. Ein bisschen merkt man den beiden Herrn die Spannung an, wenn sie da in einem Poinger Café zusammen sitzen und sich Gedanken machen.

Der eine, Konrad Weinstock, ist gerade dabei, seinen Ruhestand zur Entwicklung einer Reise-App für mittelgroße deutsche Städte zu nutzen. Der andere, Salvador Serra, ist Inhaber einer international agierenden Firma für Sicherheitsberatung. Beide haben also über zu wenig Abwechslung sicher nicht zu klagen, und doch wollen sie mithelfen, dass die Flüchtlinge, die in der Gemeinde landen, keine Fremden bleiben. Integration habe immer etwas Gegenseitiges, sie funktioniere nur, wenn beide Seiten, die der Gäste und die der Gastgeber, in ein System integriert werden, sagt Serra. Eine Erfahrung, die er bei seinen beruflichen Engagements in unterschiedlichen Ländern gemacht habe. Deshalb hat er bereits den sieben Plieninger Flüchtlingen Deutschunterricht gegeben, um ihnen beim Heimischwerden zu helfen. Konrad Weinstock hat das Engagement für den Helferkreis von seiner Tochter übernommen, die sich jetzt um ihr Studium kümmern muss. Über die Herausforderung, die das Versorgen der Flüchtlinge mit sich bringt, sagt er: "Ich glaube, es tut unserer Gesellschaft sehr gut. Wir sind ja doch sehr egoistisch geworden."

Und doch hätten die Zusammenkünfte der Helfer - mehr als 70 haben sich auf die Aufrufe der Gemeinde gemeldet - gezeigt, dass sehr viele Ressourcen bereits da seien, die man nur strukturieren müsse, sagt Serra. Kontakte zu den Sportvereinen gibt es bereits und sollen intensiviert werden. Die Freiwilligen sind in Arbeitskreise eingeteilt, unter anderem für Sprache, Integration, Behördengänge, Vermittlung zu Arbeitgebern, Kleiderspenden und Transportdienste. Weinstock und Serra denken aber schon viel weiter. Sie haben eine Firma aufgetan, die Hotspots für die mobile Internetnutzung einrichtet, beispielsweise in Passau. Die Firma übernimmt dabei die Störerhaftung, eine Voraussetzung, um einen solchen Internetzugang überhaupt anbieten zu können. Im konkreten Fall würde der Zugang pro Nutzer mehrmals am Tag nur für eine begrenzte Zeit von 60 Minuten freigeschaltet, erklärt Weinstock, was die Möglichkeit eines Missbrauchs minimiere.

Ob der Aufbau eines solchen Hotspots möglich ist, soll nun geklärt werden. Eine IT-Arbeitsgruppe soll sich um diese Dinge kümmern, Serra und Weinstock stellen sich auch eine eigene Website als Organisations- und Kommunikationsplattform vor, zu der auch die Flüchtlinge Zugang haben. Auch die Sprachkurse für die Asylsuchenden könnten mithilfe von Online-Angeboten besser gestaltet werden. Für den Fall, dass es mit dem Online-Zugang nicht zügig klappt, sucht der Helferkreis ausgemusterte PCs oder Laptops, um so mit PC-Sprachkursen arbeiten zu können. Außerdem sucht der Helferkreis nach alten Fahrrädern - und Leuten, die sie reparieren können. Brettspiele wie Schach, Backgammon oder andere Gesellschaftsspiele stehen ebenfalls auf der Liste der willkommenen Spenden. Der Helferkreis versucht auch, einen Ärztepool als Ansprechpartner für Helfer und Flüchtlinge aufzubauen.

In Poing bereiten sich Gemeinde und Helferkreis ebenfalls schon seit langem auf die neuen Herausforderungen vor, auch hier soll im März eine Traglufthalle kommen, eine weitere Unterkunft in einem früheren Arbeiterwohnheim soll bereits im Februar eröffnen. Erst am Dienstagabend gab es ein Treffen, bei dem etwa 20 neue Helfer zu den etwa 70, die sich bereits länger engagieren, gestoßen sind. "Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg", sagt Carolina Phillips, die im Familienzentrum für die Koordination der Helfer zuständig ist. Die Stimmung sei sehr positiv, die Helfer voller guter Ideen und Energie. Bereits seit längerem gibt es in Poing Patenschaften, bei denen ein alteingesessener Poinger - oder eine Familie - einen Flüchtling betreut. Dies sei der beste Weg, um Integration zu ermöglichen, sagt Phillips. Bei bis zu 500 Flüchtlingen, die demnächst in Poing leben werden, sei das nur freilich schwieriger, hier könne man vielleicht mit kleinen Gruppen arbeiten.

Die Paten, die oft tagsüber gar keine Zeit haben, um ihre Schützlinge beispielsweise bei Behördengängen zu begleiten, sollen jetzt unterstützt werden durch eine Gruppe, die sich vor allem um diesen Bereich kümmert. Eine andere ist für die Organisation und Vermittlung von Deutschkursen zuständig. Und auch um Freizeit- und Kulturangebote für diejenigen, die in Poing vorübergehend eine neue Heimat finden, wollen sich die Helfer kümmern. Auf der Facebook-Seite "Poing Asylhilfe" gibt es viele Informationen, ebenso auf der Seite der Gemeinde, die die Ehrenamtlichen professionell unterstützt. Unter der Rubrik "Leben und Freizeit" und dem Unterpunkt Asylbewerber sind alle relevanten Informationen zu finden - sogar ein Formular gibt es, mit dem Interessierte ihre Hilfe anbieten können.

Wer an der Übernahme einer Patenschaft für einen Flüchtling in Poing interessiert ist, hat am Donnerstag, 14. Januar, die Möglichkeit, sich zu informieren. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr im Familienzentrum.

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